24 weihnachtliche Geschichten - ein Adventskalenderbuch
Der Morgen, an dem Benni
den Bart vom Weihnachtsmann fand, war ein Wintermorgen wie jeder andere – dunkel, kalt und ungemütlich. Benni war auf dem Weg zur Schule, als er den Bart entdeckte. Wie eine kleine Wolke hing er in den Zweigen eines Busches am Straßenrand.
Als Benni ihn vorsichtig hervorgezogen hatte, wusste er sofort, dass es der Bart vom Weihnachtsmann war. So fein, so weich, so geheimnisvoll glitzernd konnte nichts anderes sein. Mann, das war ja was! Wie konnte der Weihnachtsmann denn seinen Bart verlieren? Und dann noch gerade hier, mitten auf Bennis Schulweg? Was hatte er hier gemacht? Es war doch noch gar nicht Weihnachten, sondern erst der 1. Dezember! Hatte der Weihnachtsmann da nicht etwas anderes zu tun, als spazieren zu gehen? Sollte er sich nicht viel lieber darum kümmern, dass er alle Geschenke für die Kinder zusammenbekam? Die elektrische Eisenbahn für Benni zum Beispiel und das Snowboard und den neuen MP3-Player.
Oder – auwei! – hatte der Weihnachtsmann seinen Bart etwa verloren, als er vorbeigekommen war, um Bennis Wunschzettel einzusammeln? Das wäre ja ganz schrecklich, dann wäre es ja sozusagen Bennis Schuld, dass das passiert war! Dann musste er das aber ganz schnell wieder in Ordnung bringen, denn ein Weihnachtsmann ohne Bart konnte sich nun wirklich nicht auf der Erde blicken lassen.
Hastig stopfte Benni den Bart zu seinen Schulsachen in den Rucksack. Über alles Weitere würde er sich später Gedanken machen, jetzt musste er erst einmal sehen, dass er schleunigst in die Schule kam, es war schon spät!
Erst nach der ersten Stunde kam Benni dazu, seinem besten Freund Bob den Fund zu zeigen. Verstohlen öffnete er die Lasche seines Rucksacks und flüsterte: „Guck mal!“
Bob kicherte. „Was soll das denn sein? Hast du deiner kleinen Schwester eine Puppenperücke geklaut?“
„Quatsch!“ Benni war empört. „Das ist der Bart vom Weihnachtsmann!“
„Haha, vom Weihnachtsmann!“, lachte Bob. „Du meinst, von irgend so einem Studenten, der jetzt auf dem Weihnachtsmarkt jobbt. Der ist doch selber schuld, wenn er seinen Bart verbusselt, muss er sich halt einen neuen besorgen.“
„Nein!“, sagte Benni. „Das ist der Bart von dem richtigen Weihnachtsmann, ganz sicher! Fühl mal, wie weich er ist! Und guck ihn dir mal ganz genau an, er glitzert sogar ein bisschen, der ist garantiert echt, da bin ich ganz sicher!“
Bob guckte genau hin und befühlte den Bart. „Hm“, machte er dann, „das glaube ich nicht. Der echte Weihnachtsmann verliert doch nicht seinen Bart, du spinnst doch!“
„Ich spinne nicht!“, rief Benni, aber da kam die Lehrerin wieder herein, und der Unterricht ging weiter.
Am Nachmittag wollte Benni unbedingt zum Fundbüro gehen und den Bart dort abgeben. Bob kam mit.
Das Fundbüro war im Rathaus. Im Keller. Und es wurde bewacht von einem alten Mann, der so aussah, als hätte er sein ganzes Leben in diesem Keller verbracht. Ganz blass und angestaubt sah er aus.
„Was?“, rief er aufgebracht, als Benni ihm den Bart hinhielt. „Was soll ich denn damit?“
Benni sah ihn verwundert an. „Na, aufbewahren. Bis sein Besitzer ihn wieder abholt.“
Der alte Mann schüttelte den Kopf. „Das olle Ding? Weihnachtsmannbärte gibt’s für ein paar Euro in jedem Warenhaus zu kaufen, glaubst du, da kommt jemand auf die Idee, dass so ein verlorener Bart hier abgegeben wird? Nie im Leben!“
„Aber …“, begann Benni, doch der Mann unterbrach ihn sofort.
„Wenn ich jeden wertlosen Plunder aufbewahren würde, den die Leute so verlieren, dann könnte ich mich hier gar nicht mehr rühren! Nee, nee, wirf das Ding mal in die Tonne, danach fragt kein Mensch mehr.“
Benni drückte den Weihnachtsmannbart fest an seine Brust und sah den alten Mann böse an. „Sie sind ja ein schöner Fundbürodirektor!“ Dann packte er Bob am Ärmel und machte kehrt. „Komm, wir gehen!“
„Und was willst du nun machen?“, fragte Bob, als sie wieder auf der Straße standen.
„Ein Schild!“, sagte Benni. „Ich male ein Schild, und das hänge ich an die Straßenlaterne, da wo ich den Bart gefunden habe. Das sieht der Weihnachtsmann bestimmt, wenn er heute Nacht zurückkommt.“
„Na ja, wenn du meinst …“, sagte Bob. Er klang alles andere als überzeugt.
Langsam hatte Benni die Nase voll. „Ja, meine ich!“, erwiderte er aufgebracht. „Du brauchst mir ja nicht zu glauben! Von mir aus kannst du der nächste Fundbürodirektor werden, du … du
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