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Das Prachtstück

Das Prachtstück

Titel: Das Prachtstück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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paar Metern waren ihre Füße durchnässt und das richtige Café noch immer nicht in Sicht. Linda hatte keine Lust auf eine dieser Müslihochburgen, wo schon die Bestellung von Bohnenkaffee Bedienungen im Hanf-Look dazu brachte, vorwurfsvoll die Stirn zu runzeln. Mist – und die Eisdiele an der Ecke hatte auch noch zu!
    Linda blieb nichts anderes übrig, als die widerstrebende Feli die ganze Straße entlang zu schleifen, bis zum Kulturzentrum, wo sie gegenüber ein paar freundliche Lichter blinken sah. Atlas, so nannte sich das Etablissement, und ganz ähnlich jenem griechischen Riesen, der das Himmelsgewölbe zu tragen hatte, fühlte sie sich im Augenblick auch.
    Innen im Lokal war alles hypermodern, mit teuren Holztischen und dicken Polsterbänken in Knallrot. Aber die Karte weckte ihr Vertrauen, und als Feli endlich ihre Riesenschoko mit Sahne und sie ihren Milchkaffee bekommen hatte, sah der Morgen schon viel besser aus. Sie aßen sich beide satt an einem schier unerschöpflichen amerikanischen Frühstück. Linda bekam sogar die Chance, einen Blick in verschiedene Zeitungen zu werfen, und dass ein netter kleiner Junge lautstark Fangen mit Feli spielte, schien niemand im Atlas so richtig zu stören.
    Günstige Gelegenheit für Linda, die Leute ringsumher zu beobachten. Viel junges Volk, mit glatten, nichtssagenden Gesichtern, modisch aufgemacht und damit in ihrer Uniformität fast schon wieder so bieder wie im heimischen Bad Homburg. Aber es gab auch interessante optische Ausrutscher: die hochdramatisch geschminkte Alte zum Beispiel, mit dem Fliederhut, groß wie ein Wagenrad, die an einem Pikkolo nippte und ab und zu lächelnd einen Satz zu ihrem unsichtbaren Tischnachbarn sagte. Oder die junge türkische Familie mit schreiendem Kleinkind, er im eisblauen Zweireiher, sie mit Kopftuch und langem Mantel, die sich offenbar hierher verirrt hatte und ein bisschen verschreckt in einer Ecke Limonade trank.
    Lindas Blick wanderte ungeniert weiter. War das ihre neue Welt? Würde sie sich hier wohl fühlen können – zum ersten mal in ihrem Leben ganz auf sich allein gestellt?
    Die Tür ging auf. Mit einem kühlen Windstoß, gefolgt von ein paar Regentropfen, betrat ein großer, schlanker Mann das Café: Robert Häusler. Er blinzelte ein bisschen kurzsichtig, dann steuerte er geradewegs auf den freien Tisch an der gegenüberliegenden Wand zu. Ausgiebig studierte er die Karte, bis er schließlich die Bedienung heranwinkte, um etwas zu bestellen. Anschließend hatte er nur Augen für sein mitgebrachtes Taschenbuch, das schon reichlich zerfleddert aussah.
    Schwarze, verstrubbelte Haare. Er war unrasiert und sah aus, als habe er bereits die halbe Nacht gelesen. Oder bis zum Morgengrauen durchgemacht. Dunkelblauer Pulli, Jeans, abgewetzte Lederjacke. Keine Spur von dem schnieken Anzugstyp, als den sie ihn bislang kennengelernt hatte. Zwischendrin zog er ein großes Taschentuch hervor und schneuzte sich ausgiebig.
    Sie musste einfach hinschauen. Beziehungsweise zur Tür. Wen erwartete er? Wie würde sie aussehen? Keine Frage, dass es sich nur um eine Sie handeln konnte!
    Zwei bildhübsche junge Mädchen kamen hereingetänzelt und genossen das Aufsehen, das sie erregten. Hellblond, im scharfen Tigermini die eine, mit hüftlangem, schwarzem Lockenhaar die andere. Er jedoch würdigte die beiden keines Blickes, und Linda freute sich unwillkürlich darüber.
    Oder war es die hochtoupierte Brünette mit dem hechelnden Retriever, der trotz all ihrer Überredungskünste doch draußen warten musste?
    Abermals Fehlanzeige.
    Er las seelenruhig weiter, löffelte seine Eier im Glas, trank seinen Tee. Schien ordentlich hungrig zu sein, weil er frische Croissants nachbestellte. Kein neuer Gast erschien; niemand verließ das Lokal. Erstaunlicherweise war er offensichtlich allein zum Frühstücken gekommen.
    Weshalb dann noch länger warten? Linda setzte sich in Positur und räusperte sich. Bevor sie jedoch endlich den Mund aufmachen konnte, nahm Feli ihr das Heft aus der Hand.
    Â»Da ist ja Robbie! Robbie, Mami, schau, dort drüben!« Schon war sie an seinem Tisch und setzte sich ohne Umstände auf den freien Stuhl neben ihm. Sie plapperte drauflos. Er antwortete mit ernstem Gesicht, freundlich und aufmerksam, als ob er sich mit einer Erwachsenen unterhalte – was Feli über alles liebte.
    Robert

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