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Das Prachtstück

Das Prachtstück

Titel: Das Prachtstück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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stimmten sich die Gastgeber bereits musikalisch mit ein paar alten Schmachtfetzen ein. »Ich bin’s, Sofie. Klar komme ich. Aber es wird ein bisschen später.« Sie schnitt ihrem Spiegelbild eine Grimasse und spielte mit der überlangen, bereits wieder einmal rettungslos verzurrten Telefonschnur. Unpraktisch, natürlich, aber Hannes hatte nun einmal etwas gegen die ganzen modernen schnurlosen Teufelsgeräte, und wie sie mit all dem alten Zeug zurechtkam, war ihm ziemlich egal. »Und der Herr?« – »Was willst du damit sagen? Natürlich ohne Hannes, was denkst du denn! Unabkömmlich, wie immer. Tschüss, ihr Lieben, bis später dann!«
    Hohe Hacken. Schwarze, knöchellange Etuihose. Ein tief dekolletierter Samtbody, der wie eine zweite Haut saß. Dazu das smaragdgrüne Paillettenbolero aus dem Secondhand-Designershop, das ihre zur Mähne gefönten Haare kupferner denn je wirken ließ. Ein paar ordentliche Spritzer Escape, platziert an strategisch entscheidenden Stellen.
    Großer Auftritt also – und kein Schwein schaute richtig hin!
    Und die, die doch schauten, waren zum Vergessen. Ein ältlicher Toni-Sailer-Verschnitt mit erloschenen Augen wollte sie in ein Gespräch über Managerfrust verwickeln. Einen weiteren aufgeblasenen Kerl, der selber einen verkniffenen Mund hatte, aber ständig von frischen Hasen schwafelte und behauptete, er sei nun mal der Typ mit ungeheuer viel Anima, würgte sie schließlich höflich, aber entschlossen ab. Frustriert stöckelte Sofie weiter in die Küche, falls man diesen perfekt durchgestylten Raum von der Größe eines durchschnittlichen Wohnzimmers überhaupt so bezeichnen konnte; Kochstudio oder besser noch Kreationswerkstatt für vergängliche Genüsse wären vermutlich weitaus passendere Bezeichnungen gewesen. Seit Franca im vergangenen Jahr ihre Großmutter beerbt hatte, schien es für das Ehepaar Littmann keine Limits mehr zu geben.
    Selbstredend war auch das Buffet mächtig und vom Allerfeinsten. Und doch wollte keine rechte Stimmung aufkommen. Ein einsamer Esser hatte sich direkt vor die Süßspeisen platziert, als befürchte er, zu kurz zu kommen; drüben, an dem großen, rustikalen Tisch, der vermutlich aus Java oder einem anderen exotischen Fleck dieser Erde stammte, ödete sich ein junges Pärchen an.
    Schon seltsam, dachte Sofie, während sie sich Entenparfait, Shrimpssalat auf Ruccola und Zuckerbohnen in Walnussöldressing auflud, früher gab es bei unseren Festen Nudelsalat, Wein vom Fass und Schmalzbrote, und alle waren ausgelassen und zufrieden! Warum war sie nicht auf die Idee gekommen, Lumpi Wagner mitzubringen? Dann hätte sie zumindest den passenden Partner gehabt, um die fade Truppe hier ausgiebig durchzuhecheln! Ob sie ihn noch anrufen sollte?
    Kurz vor zehn. Er lag jetzt vermutlich schon wieder mit seinen beiden dicken Katzen und einer Familienpackung Smarties im Bett, zog sich Cool-Jazz oder ein Science-Fiction-Video nach dem anderen rein. Außerdem hasste er es, wenn ihn Frauen als Lückenbüßer missbrauchten. Erst recht sie. Nein, Lumpi wäre nicht die richtige Lösung! Sofie hatte keine Lust, ihre zarte Wiederannäherung erneut zu belasten.
    Sie würde noch ein Glas trinken, ein nettes, unverbindliches Gesicht aufsetzen und sich dann in aller Stille verabschieden. Vermutlich würde es ohnehin niemandem auffallen. Sie entschied sich für einen samtigen Bordeaux, lehnte sich mit dem Rücken gegen die Tür, kostete den Wein genüsslich. Vielleicht hatte sie sogar für einen Moment die Augen ganz geschlossen. Trotzdem fühlte sie, dass jemand sie anschaute. Lange. Ganz und gar ungeniert. Natürlich musste sie wissen, wer.
    Ein dunkelhaariger Mann mit einem frechen Grinsen. Gutaussehend. Verdammt attraktiv sogar.
    Unwillkürlich errötete sie leicht. Was ihr schon seit Urzeiten nicht mehr passiert war.
    Â»Schlafen Sie schon mal ein bisschen vor, Sofie? Und das auch noch im Stehen? So gelangweilt?« Seine Stimme war tief und sympathisch. »Kann ich allerdings gut verstehen bei dem famosen Auftrieb hier.«
    Â»Sozusagen«, erwiderte sie spitzer als beabsichtigt, und sei es nur wegen seiner hellen Augen, die sie irgendwie aus der Fassung brachten. Den Mann sah sie garantiert zum ersten mal in ihrem Leben. Aber wer um alles in der Welt hatte ihm ihren Namen verraten?
    Â»Das sollten wir ändern.

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