Das Prometheus Projekt
seufzte. „Du solltest dir die Hände waschen.“ Sie war tatsächlich wie ein Säugling. Man musste ihr alles erst beibringen.
Adrian nahm sie mit ins Bad und drehte den Wasserhahn auf. Fasziniert betrachtete sie den Wasserstrahl und begann damit zu spielen. Adrian begriff in diesem Moment, worauf er sich einließ. Vielleicht war sie in der Lage zu lernen, aber der Prozess würde unendlich viel Geduld und Liebe erfordern.
„Ich bin im Behandlungszimmer. Wenn du fertig bist, kannst du mir zeigen, wie du den Computer eingeschaltet hast.“
Er ließ sie alleine und ging hinüber in die Praxis. Dort ließ er sich in den Ledersessel hinter dem Schreibtisch fallen und blickte zornig auf den dunklen Bildschirm. Sein Ärger galt ihm selbst.
Er musste sie in die Klinik bringen oder bei der Polizei abliefern, gleichgültig welche Konsequenzen das hatte. Doch Adrian wollte sie aus einem einzigen Grund behalten: Weil sie aussah wie Christina.
Wenn er sie hier versteckte, machte er sich schuldig; nicht nur vor dem Gesetz, sondern auch vor seinem eigenen Gewissen. Er hatte kein Recht, diese Frau wie eine Sklavin oder ein Haustier zu halten. Sie hatte ein Anrecht darauf, dass diejenigen, die sie als Versuchskaninchen missbraucht hatten, zur Rechenschaft gezogen wurden.
Adrian fasste einen Entschluss. Es war kurz vor zweiundzwanzig Uhr. Er würde Eve über Nacht hier behalten undam Morgen zu Dr. Janson in die Klinik bringen. Ihn konnte er ins Vertrauen ziehen. Was immer daraus werden würde, es war die richtige Entscheidung.
Eve riss ihn aus seiner Grübelei. Sie stand in der Tür, ihr grünes T-Shirt war durchnäßt und mit Ketchup- und Schokocremeflecken übersät. Adrian stockte erneut der Atem. Die Ähnlichkeit mit Christina war unheimlich.
„Zeig es mir“, sagte Adrian und klappte den Laptop auf. „Was hast du mit dem Computer gemacht?“
Der PC war der einzige Anhaltspunkt, der einzige Gegenstand, an dem Eve für längere Zeit Interesse gehabt hatte.
Sie trat vor den Laptop. Erst geschah nichts. Nach einer Weile flackerte der Bildschirm auf. Das Betriebssystem fuhr viel schneller hoch, als Adrian es von dem betagten Computer kannte.
„Wie hast du das gemacht?“, fragte er fasziniert.
Eve schaute ihn fragend an.
Adrian hatte eine Idee. Er startete den Internetbrowser und suchte nach einer Website, auf der man deutsch lernen konnte. Er schob ihr den Laptop hin und beobachtete neugierig, was geschah.
Eve betrachtete die Seite kurz, aber sie schien sehr schnell das Interesse zu verlieren. Plötzlich rauschten die Seiten und Bilder so schnell über den Monitor, dass Adrian kaum Einzelheiten erkennen konnte.
„Wie machst du das?“, murmelte er. Diesmal unterbrach er sie nicht.
Jack rieb seine Schnauze an seinem Bein und jaulte.
„Ich komme gleich wieder“, sagte Adrian. „Ich bringe nur ebenJack hinaus.“
Er ging durch den Flur zur Hintertür und überlegte angestrengt. Es war nicht mehr als ein Versuch. Vielleicht war das Ding in ihrem Kopf ja auch zu gar nichts gut; ein fehlgeschlagenes Experiment, oder irgendwo hing eine versteckte Kamera. Morgen würde sich ein Millionenpublikum wegen seiner Blödheit vor Lachen biegen.
Vielleicht auch waren sie ihrer überdrüssig geworden und hatten sie ausgesetzt wie ein Labortier, mit dem sie nichts mehr anfangen konnten.
Er ließ Jack hinaus und starrte in die Dunkelheit. Eins wusste er sicher: Man brauchte keine kleinen grauhäutigen Außerirdischen zu erfinden, die mit unschuldigen Menschen herumexperimentierten. Der Teufel saß mitten unter den Menschen. Und wahrscheinlich war der Teufel Amerikaner. Ein derartiges Experiment traute Adrian nur seinen Landsleuten zu.
Er kehrte ins Haus zurück. Der Computerbildschirm war dunkel, Eve kauerte mit geschlossenen Augen im Ledersessel hinter dem Schreibtisch. Adrian schluckte hart. Sie hatte sich zusammengerollt wie ein Igel, um zu schlafen. Wenn Christina müde gewesen war, hatte sie das Gleiche getan.
Adrian betrachtete ihr entspanntes Gesicht. Ob sie die Beschäftigung mit dem Computer so erschöpft hatte? Eben war sie noch ganz munter gewesen.
Vorsichtig hob er sie hoch. Sie rührte sich leicht im Schlaf und murmelte etwas unverständliches, wachte aber nicht auf. Er trug sie die Treppe hinauf und legte sie im unbenutzten Gästezimmer auf das Bett. Zunächst hatte er vorgehabt, ihr das nasse T-Shirt und die Jeans auszuziehen, aberdann breitete er nur eine Decke über ihr aus. Es wäre ihm wie eine
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