Das Rachespiel: Psychothriller (German Edition)
Schleusentür war, sah er zur Seite auf die beiden dicken Rohre, auf denen der tote Kater lag.
»Ein Streuner«, sagte Manuela hinter ihm. »Zlatko hatte ihn von der Straße.«
»Du hattest nie eine Katze, oder?«
»Nein.«
»Und was ist mit deinem Sohn?«
»Kein Mann, keine Kinder.«
Frank blieb stehen, wagte es aber nicht, sich zu ihr umzudrehen. Manuela hatte zwei Menschen umgebracht. Sie hatte Torsten ohne zu zögern den Schädel zertrümmert, sie würde ihn beim geringsten Anlass erschießen. Wobei sich nach ihrer Androhung die Frage stellte, ob das für Frank nicht die bessere Alternative darstellte. Aber noch hatte er die Hoffnung, doch noch irgendwie aus der Situation herauszukommen.
»Ist überhaupt irgendwas wahr von dem, was du erzählt hast? Dein Beruf? Architektin?«
»Seit ich dreizehn Jahre alt bin, ist mein Leben eine einzige Lüge. Und du trägst die Verantwortung dafür. Geh weiter.«
Frank passierte die erste Schleusentür, blieb wieder kurz stehen und sah auf das Durcheinander aus Schutzanzügen und Gummimasken.
»Du hast die Fahne damals vom Dach geholt?«, fragte er in den gekachelten Raum hinein.
»Ja, und ich habe gehofft, das restliche Dach würde auch noch einstürzen und mich unter sich begraben, als ich da oben stand. Geh jetzt.«
Auch die äußere Tür stand nun offen. Als Frank am oberen Ende der Treppe angekommen war, fiel ihm sofort auf, wie warm die Luft von draußen sich anfühlte, obwohl es noch früh am Morgen war.
Während sie Stufe um Stufe nach unten gingen, sprachen sie kein Wort. Erst als Frank die Doppelgarage verlassen hatte und die frische Luft auf dem Vorplatz einsog, blieb er stehen. Die Morgensonne tauchte den Wald gleich hinter der Garage in eigenwilliges Licht. Manche Bäume darin sahen aus, als würden sie jeden Moment zum Leben erwachen.
»Was war denn in deinem Leben so anders als bei uns? Was macht dich so sicher, dass du deine Schuld bezahlt hast und wir nicht?«
Er musste versuchen, Zeit zu gewinnen. Zeit, um darüber nachzudenken, wie er Manuela überwältigen konnte.
Aber Manuela ging nicht darauf ein. »Geh weiter«, sagte sie stattdessen dicht hinter ihm und drückte ihm die Waffe in den Rücken. Für einen Moment dachte Frank daran, sich blitzschnell umzudrehen und ihr die Pistole aus der Hand zu schlagen, verwarf den Gedanken aber gleich wieder. Er war so müde und durch seine Verletzungen so geschwächt, dass Manuela schon abgedrückt hätte, bevor er sich nur halb umgedreht haben würde.
»Wohin?«, fragte er.
»Nach rechts, da hoch, in den Wald. Geh einfach, ich sage dir schon, wo es langgeht.«
Manuela dirigierte ihn an der Garage vorbei in den Wald hinein. Es ging steil nach oben, und es gab keinen Weg. Frank musste sich immer wieder an tiefhängenden Ästen oder an Wurzeln auf dem Boden festhalten und höher ziehen.
Nach etwa zwanzig Metern wurde das Gelände flacher. Sie erreichten eine breite Terrasse, die mit abgebrochenen Ästen und Gestrüpp übersät war.
»Nach links«, befahl Manuela, und Frank gehorchte. Er musste über den dicken Stamm eines umgestürzten Baumes klettern, der quer vor ihnen auf dem Boden lag. Auf der anderen Seite blieb er stehen und starrte vor sich auf den Waldboden. Wenige Augenblicke später begriff er, wie er sterben sollte, und erstarrte.
41
– 07 : 58 Uhr
Die Grube war etwa eineinhalb Meter lang und so tief, dass Frank den Boden nicht sehen konnte. An den Seitenwänden standen hier und da die Stümpfe von abgeschnittenen Wurzeln aus der dunklen Erde heraus. Der frische Erdhaufen gleich dahinter deutete darauf hin, dass sie erst vor kurzem ausgehoben worden war.
Vom Boden der Grube drangen Geräusche zu ihm hoch. Fiepen, Rascheln … Ratten.
Frank sah sich zu Manuela um. Sie war etwa drei Meter neben ihm über den Baumstamm geklettert und hielt noch immer die Waffe auf ihn gerichtet. »Ratten?«, fragte er. »Du willst mich in dieses Loch zusammen mit Ratten stecken? Denkst du, davon wird Festus wieder lebendig? Was hat das mit seinem Tod zu tun?«
Sie nickte langsam. »Ja, du hast recht, noch verstehst du es nicht, aber ich erkläre es dir. Festus hatte sich bei dem Sturz vom Dach damals den Oberschenkel oder das Becken gebrochen. Er muss wahnsinnige Schmerzen gehabt haben und konnte sich wohl kaum bewegen, als die Ratten über ihn hergefallen sind. Ich kann dir nicht das Becken brechen, dir dafür aber Schmerzen zufügen. Und bewegen wirst du dich auch nicht mehr können.«
Ohne
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