Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)
Holzfessel umschloss den Hals und die Handgelenke, wobei die Hände hintereinander vor dem Körper fixiert waren. Die Fessel hatte im Nacken ein Scharnier, mit der sie geöffnet werden konnte. Am anderen Ende der zugeklappten Halsgeige befand sich ein Verschluss. Um die Pein ihres Gefangenen zu erhöhen, hatten die Wächter zusätzlich die Fußgelenke des Orffyreus mit Ketten an dessen Handgelenke gefesselt. Nachdem Orffyreus in dieser Position einige Stunden in der kalten Kammer gelegen hatte, erschien der Bürgermeister. Diesmal wurde er von sechs schwer bewaffneten Schergen begleitet, wovon zwei ihn stützten. Ein Verband verdeckte einen Großteil seines Kopfes. Auf ein Zeichen des Bürgermeisters wurden Orffyreus die Fußfesseln gelöst. Dem Bürgermeister fehlte bei der erneuten Begegnung jegliche Neigung zur Konversation.
»Erfinder, es ist beschlossen worden, dass er heute dem Schöpfer gegenübertritt«, verkündete Wallner mit düsterer Stimme. »Er hat die Wahl, ob dies mit Schmerzen oder ohne geschieht.«
Orffyreus antwortete nicht, sondern starrte mit leerem Blick vor sich hin und murmelte dabei Gebete.
»Da er dort, wo er heute hingeht, seine Ohren nicht brauchen wird, hat er wohl nichts dagegen, wenn wir damit beginnen, sie ihm abzuschneiden!«, rief der Bürgermeister mit hasserfüllter Stimme und gab dem Kerkermeister ein Zeichen.
Der Mann ergriff ein langes Messer. Demonstrativ schärfte er es noch einmal an einem schweren Schleifstein, der in einer Ecke des Raumes stand, und kam dann herüber zu dem Gefangenen.
»Ich möchte, dass er mich dabei anschaut!«, befahl der Bürgermeister.
Zwei Wächter traten heran. Während der eine den Gefangenen an der hölzernen Halskrause packte, riss der andere seinen Kopf an den Haaren empor, sodass der Bürgermeister freien Blick auf die Ohren hatte.
»Möchte er mir das Geheimnis seines Perpetuum mobile vorher verraten oder nachher?«, fragte Wallner, ohne damit zu rechnen, dass Orffyreus einlenken würde.
Der Gefangene schloss die Augen, schüttelte kaum merklich den Kopf und sprach weiter Psalme vor sich hin.
»Na schön. Kerkermeister, schreitet zur Tat!«, rief der Bürgermeister.
Der Kerkermeister trat zu Orffyreus, griff nach dessen rechtem Ohr und setzte die scharfe Klinge hinter der Ohrmuschel an.
In diesem Augenblick wurde die schwere Eingangstür zur Folterkammer geöffnet. Sogleich füllte sich der Raum mit einem halben Dutzend schwer bewaffneter Männer. Ihre hellbraunen Uniformen schmückte keinerlei Wappen. Ein Mann trat vor, der als Einziger goldene Ornamente auf seiner Brust trug und offenbar der Anführer der kleinen Truppe war. Besonders auffällig war sein schweres Rapier, das an der linken Seite in einer Scheide steckte. Mit finsterem Blick baute er sich vor dem Bürgermeister auf.
»Wer wagt es?«, fragte Wallner wütend, während die Wächter die Hände an ihre Degen legten.
»Freiherr von Wolff«, antwortete der Anführer der Soldaten mit tiefer Stimme. »Der Herzog schickt mich!«
Der Bürgermeister wurde durch diese Antwort sichtlich verunsichert.
»Der Herzog ist sehr besorgt darüber, was Ihr hier mit dem Sachsen treibt!«, fuhr der Freiherr fort.
»Ich wollte … wollte den Herzog nicht mit einer solchen … Lappalie belästigen … Ich hätte ihn … gleich morgen unterrichtet!«, stammelte der Bürgermeister.
»Dies wird nun nicht mehr nötig sein. Der Herzog ist bereits im Bilde. Und er ist sehr enttäuscht von Eurem Verhalten!«
»Das ist ein Missverständnis! Gerade bin ich dabei, diesem Abschaum sein Geheimnis zu entlocken … Es sollte … eine Art Überraschung für den Herzog sein …«
»Ihr wisst, dass der Herzog sehr jung ist und aufgrund seiner Jugend die letzten Jahre sehr um seine Reputation zu kämpfen hatte. Dass Ihr nun hinter seinem Rücken Personen solcher Wichtigkeit in Haft nehmt und verhört, erweckt bei dem Herzog den Verdacht, Ihr würdet ihn wegen der geringen Anzahl seiner Lebensjahre nicht angemessen respektieren.«
»Um Gottes willen, nein!«, rief Wallner aus. »Für sein Alter ist der Herzog mit großer Weisheit gesegnet, und sein Geigenspiel ist wahrlich unvergleichlich!«
»Ihr macht Euch über den Herzog lustig!«, antwortete von Wolff und legte die Hand an den Griff seines Rapiers, als wollte er es ziehen.
»Nein, nein!«, schrie der Bürgermeister hysterisch. »Ich meine es ernst!«
Von Wolff fixierte ihn eine Weile, dann ließ er sein Rapier wieder los. »Ich will Euch
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