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Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)

Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)

Titel: Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tibor Rode
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wusste, ob sie Angst oder Wut verriet.
    »Das ist kein Hammer, sondern eine Mühlenbille zum Nachschärfen der Rillen in einem Mühlstein«, sagte er, bemüht, seinen Zorn zu unterdrücken. »Gib ihn mir – und den Spiegel auch, oder ich schwöre dir, ich schieß dir deinen Kopf weg!« Er hielt das Gewehr nur noch mit der rechten Hand fest und streckte mir die Linke entgegen.
    Der Hammer rutschte mir aus den schweißnassen Fingern, fiel polternd die Stufen hinab und blieb schließlich mit einem metallischen Klingen unten auf dem Steinboden liegen. Ich presste meine Lippen zusammen.
    Der Antiquitätenhändler schaute erbost an mir vorbei. »Wo ist der Spiegel?«
    »Ich fürchte, den hat meine Freundin noch«, antworte ich.
    »Sehr clever. Wo ist sie?«
    Auf keinen Fall wollte ich zulassen, dass er mich einfach wieder einsperrte. Da er das Gewehr auf mich gerichtet hielt, musste ich versuchen, ihn mit mir in den Keller zu locken. Ich zuckte mit den Schultern und antwortete: »Das letzte Mal, als ich sie gesehen habe, hat sie sich in den Raum unten um Ihre Bücher und Briefe gekümmert. Man kann sagen, sie hat sie im wahrsten Sinne des Wortes verschlungen.«
    Scheffler schob seine Unterlippe vor, sodass ich seine untere Zahnreihe sehen konnte. Er trat einen Schritt auf mich zu und befahl in harschem Ton: »Geh vor! Und zwar schnell!«
    Die Spitze des Gewehrlaufes berührte mich nun fast. Ich drehte mich um und ging langsam vor ihm die Stufen hinunter. Scheffler folgte mir und drückte mir dabei den Gewehrlauf in den Rücken.
    »Was soll das? Warum machen Sie das?«, fragte ich.
    »Halt den Mund!«, herrschte er mich an.
    Am Fuße der Treppe angekommen, knirschte unter meinen Schuhen das zerborstene Glas der Vitrinen, das überall auf dem Steinboden verstreut lag. Ich hatte Mühe, über die Trümmer des zerstörten Schreibtisches hinwegzusteigen.
    »Oh Gott!«, stieß der Antiquitätenhändler hinter mir aus, als er die vielen Trümmerteile in Augenschein nahm. »Was hast du nur getan?«
    »Ich denke, es ist schlimmer, Menschen einzusperren und mit Waffen zu bedrohen, als alte Möbel zu zerschlagen!«, entgegnete ich trotzig und drehte meinen Kopf, um einen wütenden Blick auf meinen Hintermann zu werfen.
    Scheffler hatte sich gebückt, um einen Gegenstand zu seinen Füßen aufzuheben, hielt das Gewehr jedoch mit einer Hand weiter in meine Richtung. »Ich … ich … Ihr …«, stammelte er und betrachtete die alte Uhr in seinen Händen.
    Er bemerkte, dass ich ihn anschaute, verstaute die Uhr in seiner Hosentasche und rammte mir das Gewehr von hinten in den Nacken. »Ruf deine Freundin, oder ich schwör dir, ich werde dich gleich hier erschießen.«
    Mein Mund wurde trocken, und in meinem Hals bildete sich ein Kloß. »Julia!«, rief ich ein wenig krächzend.
    Der Antiquitätenhändler und ich starrten den Gang hinunter, aber nichts geschah. Alles war ruhig. Am Ende des Korridors stand die Tür zu dem Raum mit der Orffyreus-Sammlung halb offen. Ein Lichtschein fiel hinaus in den Gang.
    »Komm her, oder ich erschieße deinen Freund!«, rief Scheffler nach einer kurzen Pause.
    Es regte sich weiterhin nichts. Plötzlich nahm ich eine Art Lichtspiegelung wahr. Ich blinzelte mit den Augen. Dann war ich sicher: Aus dem Raum drang ein feiner Nebel in den Gang. Einige Augenblicke später roch es nach verbranntem Papier.
    »Riechen Sie das auch?«, fragte ich ehrlich erstaunt und wollte mich umdrehen.
    Im selben Augenblick stürmte Scheffler bereits an mir vorbei und lief auf die Tür am Ende des Ganges zu. Ich folgte ihm sogleich, doch aufgrund seines Vorsprungs erreichte er den Raum kurz vor mir. Er riss die Tür ganz auf. Aus der Mitte des Raumes drang ein heller Feuerschein zu uns hinüber. Ich erkannte sofort, dass dort ein Stapel aus Büchern, Briefen und Papier lichterloh brannte. Als Scheffler auf das Feuer zutrat, sprang Julia plötzlich hinter der Tür hervor und schleuderte ihm etwas ins Gesicht. Ich hatte mir wegen des hellen Feuerlichts die Hände schützend vor die Augen gehalten und konnte nicht erkennen, was sie geworfen hatte. Scheffler fasste sich mit einer Hand ins Gesicht und schrie laut auf. Julia ergriff ein altes Ölgemälde, das neben ihr bereitstand, und schlug es Scheffler seitlich gegen den Kopf. Der Antiquitätenhändler wurde von dem schweren Rahmen an der Schläfe getroffen und taumelte zur Seite. Das Gewehr fiel zu Boden, geistesgegenwärtig schnappte ich es mir. Julia sprang zu mir herüber und

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