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Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)

Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)

Titel: Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tibor Rode
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griff er nach einem leeren Blatt Papier. Er hielt es in die Flamme der Kerze, die auf dem Schreibtisch brannte und die er normalerweise zum Erhitzen des Siegellacks verwandte. Das Papier fing sofort Feuer, und er ließ es rasch in die Schüssel fallen. Dort entzündete es den Umschlag mit der Bewerbung. Mit den konzentrierten Augen eines Wissenschaftlers beobachtete Newton, wie die Papiere in der Flamme miteinander verschmolzen, sich unter der Hitze zusammenbogen und dann zuerst zu schwarzer und schließlich zu grauer Asche zerfielen.
    Newton begann, laut zu summen. Er prüfte vorsichtig mit beiden Händen, ob sich der Topf zu sehr erhitzt hatte, und als er merkte, dass dies nicht der Fall war, hob er das Gefäß vom Tisch. Mit einer umständlichen Bewegung, die seinem steifen Rücken geschuldet war, stellte er das rauchende Gefäß neben sich auf den Boden. Während er immer lauter summte, griff er sich an die Hose und öffnete den durch Knöpfe verschlossenen Schlitz.
    »Bewerbung abgelehnt!«, knurrte er und stöhnte im nächsten Moment vor Schmerzen auf, als er begann, in den Topf zu urinieren.
    Aus dem pot de chambre oval war ein lautes Zischen zu vernehmen.

49
Bad Karlshafen
    Der kleine Spitzhammer aus der Glasvitrine erfüllte seine Aufgabe. Mit jedem Hammerschlag hinterließ ich eine kleine Delle in der Tür.
    »Hören Sie, Herr Scheffler!«, rief ich. »Ich weiß, dass Sie dort sind. Ich habe keine Ahnung, warum Sie uns hier eingesperrt haben, aber ich denke, es war ein Fehler!«
    Ich lauschte angestrengt. Keinerlei Geräusche drangen durch die Tür. Ich musste ihn reizen. »Es ist nämlich so, dass wir hier unten nicht allein sind …« Immer noch keine Reaktion. Es war ganz still. »Hier unten sind noch ein paar alte Sachen, die Orffyreus gehörten!«
    Dann lief ich die Stufen hinunter. Beim Gehen holte ich bereits aus, und als ich unten angekommen war, schlug ich den Hammerkopf mit aller Kraft gegen die erste Glasvitrine. Während ich meine Augen mit dem Arm schützte, zersprang das Glas mit einem lauten Splittern. Ich holte erneut aus, und auch die zweite Scheibe der Vitrine zersprang in viele kleine Glasstücke. Ich ergriff den antiken Sekretär und trug ihn laut ächzend hinauf zur Tür. Dort setzte ich ihn mit zwei Beinen auf der ersten Stufe ab und drückte ihn mit dem Knie gegen die nackte Betonwand, um ihn oben zu halten, während ich mit dem Hammer wieder gegen die Tür schlug.
    »Sehr schade um die Vitrine!«, schrie ich, so laut ich konnte.
    Immer noch war alles ruhig.
    »Machen Sie bitte auf! Ich habe hier oben einen sehr schönen antiken Schreibtisch, und ich kann ihn nicht mehr lange festhalten!« Ich horchte. Aus dem Raum am Ende des Kellers vernahm ich ein Geräusch. Julia war dort mit irgendetwas beschäftigt. »Ich zähle bis drei!«, schrie ich. »Eins, zwei … drei!«
    Bei drei zog ich mein Knie zurück, und der Sekretär fiel die steile Treppe hinunter. Dabei überschlug er sich. Als die Beine zerbarsten, krachte es, als würde man trockene Baumäste zerbrechen. Sehr viel lauter, als ich es erwartet hatte, zersprang das Möbelstück bereits auf der Treppe in viele Teile, von denen etliche in die Reste der Glasvitrine stürzten. Diese wankte und kippte schließlich mit einem Höllenkrach um. Ich jubelte übertrieben laut und fröhlich und klatschte in die Hände. Mein Ziel war es, den erhofften Zuhörer auf der anderen Seite der Tür zu provozieren.
    »Wow, das hätten Sie sehen müssen!«, brüllte ich und jauchzte.
    Abrupt brach ich ab und lauschte angestrengt. Ich hielt meinen Atem an, um keinen Laut zu verpassen. Immer noch rührte sich nichts. Was, wenn der Alte doch nicht zuhörte? Was, wenn er gar nicht in seinem Laden war oder tatsächlich aus Versehen abgeschlossen hatte und danach einem Herzinfarkt erlegen war? Ich wischte diese Gedanken beiseite. Einen Trumpf hatte ich noch.
    »Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist der Schönste im ganzen Land?«, krakeelte ich wie von Sinnen mit schon heiserer Stimme. »Bringt es wirklich sieben Jahre Pech, wenn man einen Spiegel zerbricht? Ich habe hier einen Hammer, und ich fürchte, in wenigen Momenten werde ich mein Glück opfern …«
    Urplötzlich wurde die Tür aufgerissen. Vor Schreck geriet ich kurz aus dem Gleichgewicht und hatte Mühe, mich an der Betonwand abzufangen. Vor mir stand Scheffler und richtete einen Gewehrlauf auf mich. Das vorhin noch so freundliche Gesicht war nun zu einer Maske verzerrt, von der ich nicht

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