Das Rad der Zeit 10. Das Original: Zwielichtige Pfade (German Edition)
sie eine Gelegenheit verstreichen lassen, als dabei ertappt zu werden. An einem Baum aufgeknüpft nutzen sie niemandem.« Perrin wusste, dass er grob klang, und versuchte seine Stimme zu mäßigen. Seit Failes Entführung schien das schwieriger geworden zu sein. »Das war gute Arbeit, Selande.« Wenigstens klang er nicht so, als würde er sie anbrüllen. »Von Euch und Haviar und Nerion. Faile wäre stolz auf Euch, wenn sie es wusste.«
Ein Lächeln erhellte ihr Gesicht, und sie stand etwas aufrechter da, falls das überhaupt möglich war. Reiner Stolz, der Stolz einer vollbrachten Leistung, überwältigte beinahe jeden anderen Geruch, der von ihr ausging! »Danke, mein Lord. Danke!« Man hätte glauben können, er hätte ihr einen Preis überreicht. Vielleicht hatte er das sogar, wenn man es näher bedachte. Obwohl – wenn man darüber nachdachte, konnte es durchaus sein, dass Faile nicht besonders darüber erfreut sein würde, dass er ihre Augen-und-Ohren benutzte oder überhaupt von ihnen wusste. Früher hätte der Gedanke an eine verärgerte Faile ihm Unbehagen bereitet, aber das war gewesen, bevor er von ihren Spionen erfahren hatte. Und diese kleine Sache mit der zerbrochenen Krone, die Elyas versehentlich herausgerutscht war. Alle behaupteten immer, Ehefrauen würden ihre Geheimnisse für sich behalten, aber es gab Grenzen!
Balwer richtete mit einer Hand seinen Umhang auf den schmalen Schultern und hustete in die andere hinein. »Gut gesagt, mein Lord. Sehr gut gesagt. Meine Lady, Ihr wollt gewiss Lord Perrins Anweisungen so schnell wie möglich weitergeben. Es wäre nicht gut, wenn es da Missverständnisse gäbe.«
Selande nickte, ohne den Blick von Perrin zu wenden. Ihr Mund öffnete sich, und Perrin war davon überzeugt, dass sie ihrer Hoffnung Ausdruck verleihen wollte, dass er Wasser und Schatten fand. Beim Licht, Wasser war das eine, was sie im Überfluss hatten. Selbst wenn es hauptsächlich gefroren war, und zu dieser Jahreszeit brauchte man nicht einmal am Mittag Schatten! Vermutlich hatte sie es vorgehabt, denn sie zögerte, bevor sie schließlich sagte: »Die Gnade sei Euch gewogen, mein Lord. Wenn ich so offen sein darf, die Gnade ist Lady Faile gewogen gewesen, da sie Euch gefunden hat.«
Perrin nickte ruckartig zum Dank. In seinem Mund lag der Geschmack von Asche. Die Gnade hatte eine merkwürdige Art gehabt, Faile gewogen zu sein, indem sie ihr einen Gemahl beschert hatte, der sie nach zwei Wochen der Suche noch immer nicht gefunden hatte. Die Töchter hatten behauptet, dass man sie zur Gai’shain gemacht hatte und sie nicht schlecht behandeln würde, aber sie hatten auch zugeben müssen, dass diese Shaido ihre Bräuche bereits auf hundert verschiedene Arten gebrochen hatten. Seiner Meinung nach reichte Entführung aus, um als schlechte Behandlung zu gelten. Bittere Asche.
»Die Lady wird ihre Sache gut machen, mein Lord«, sagte Balwer leise und sah zu, wie Selande zwischen den Wagen in der Dunkelheit verschwand. Seine Zustimmung war eine Überraschung; er hatte versucht, Perrin den Einsatz von Selande und ihren Freunden auszureden, weil sie hitzköpfig und unzuverlässig waren. »Sie hat die nötigen Instinkte. Das haben Cairhiener für gewöhnlich, und Tairener bis zu einem gewissen Grade auch, zumindest die Adligen, vor allem, sobald …« Er verstummte abrupt und musterte Perrin vorsichtig. Bei jedem anderen Mann wäre Perrin zu dem Schluss gekommen, dass er mehr als beabsichtigt gesagt hatte, aber er bezweifelte, dass Balwer sich auf diese Art versprach. Der Geruch des Mannes veränderte sich nicht, schwankte nicht auf die Weise, wie er es bei einem unsicheren Mann tun würde. »Darf ich auf einen oder zwei Punkte ihres Berichts näher eingehen, mein Lord?«
Das Knirschen von Hufen im Schnee verkündete Arams Näherkommen, der Perrins Hengst und seinen grauen Wallach brachte. Die beiden Tiere versuchten, nacheinander zu schnappen, und Aram hielt sie auseinander, wenn auch mit einiger Mühe. Balwer seufzte.
»Ihr könnt vor Aram sprechen, Meister Balwer«, sagte Perrin. Der kleine Mann neigte zustimmend den Kopf, aber er seufzte erneut. Im Lager wusste jeder, dass Balwer die Fähigkeit hatte, Gerüchte, zufällig aufgeschnappte Kommentare und Beobachtungen zu einem Bild dessen zusammenzusetzen, was wirklich passiert war oder möglicherweise geschehen würde, und Balwer selbst betrachtete das als Teil seiner Aufgabe als Sekretär, aber aus irgendeinem Grund tat er gern so, als
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