Das Rad der Zeit 10. Das Original: Zwielichtige Pfade (German Edition)
brüsk hinzu. In letzter Zeit behauptete der Mann, Masema Dagar sei tatsächlich gestorben und als Prophet des Wiedergeborenen Drachen aus dem Grabe auferstanden, und er war empfindlicher als je zuvor, was die Erwähnung seines früheren Namens anging. »Geht am falschen Ort sorglos mit Eurer Zunge um, und Ihr könnt Euch glücklich schätzen, wenn er Euch das nächste Mal, wenn seine Schläger Euch allein erwischen, nur von ihnen auspeitschen lässt.« Selande nickte wieder ernst, und diesmal ohne Angstgeruch. Beim Licht, Failes Narren hatten nicht einmal genug Verstand, um zu erkennen, wovor sie sich fürchten sollten.
»Der Morgen dämmert bereits«, murmelte Balwer und zog den Umhang enger. »Alle werden gleich erwachen, und einige Dinge bespricht man am besten ungesehen. Wenn die Lady fortfahren würde?« Wieder war es mehr als ein Vorschlag. Selande und der Rest von Failes Narrenbande hatten bis jetzt nur Ärger gemacht, das war jedenfalls Perrins Meinung, und Balwer schien aus irgendeinem Grund zu versuchen, sie zu provozieren, aber sie zuckte bloß verlegen zusammen und murmelte eine Entschuldigung.
Die Dunkelheit nahm tatsächlich ab, jedenfalls für Perrins Augen. Der Himmel über ihnen sah noch immer schwarz und mit hellen Sternen bestäubt aus, aber er konnte schon die Farben von sechs der schmalen Streifen ausmachen, die sich auf der Vorderseite von Selandes Mantel kreuzten. Zumindest konnte er einen von dem anderen unterscheiden. Die Erkenntnis, dass er länger geschlafen hatte als gewöhnlich, ließ ihn ein Knurren ausstoßen. Er konnte es sich nicht leisten, der Erschöpfung nachzugeben, ganz egal, wie müde er auch war! Er musste Selandes Bericht hören – sie würde sich keine Sorgen machen, nur weil Masema Reiter losschickte; das machte der Mann fast jeden Tag –, und doch hielt er nervös nach Aram und Traber Ausschau. Seine Ohren nahmen die Laute von Aktivitäten bei den Pferdeseilen wahr, aber noch war von seinem Pferd keine Spur zu entdecken.
»Die zweite Sache besteht darin, mein Lord«, fuhr Selande fort, »dass Haviar Fässer mit gesalzenem Fisch und gepökeltem Rindfleisch gesehen hat, die altaranische Markierungen tragen, und zwar viele davon. Er sagt auch, dass sich unter Ma… unter den Leuten des Propheten Altaraner befinden. Einige scheinen Handwerker zu sein, und einer oder zwei könnten Kaufleute oder städtische Amtsträger sein. Auf jeden Fall angesehene Männer und Frauen, anständige Leute, und einige scheinen sich nicht sicher zu sein, ob sie die richtige Entscheidung getroffen haben. Ein paar Fragen könnten enthüllen, wo der Fisch und das Fleisch hergekommen sind. Und vielleicht weitere Augen-und-Ohren für Euch gewinnen.«
»Ich weiß, wo der Fisch und das Fleisch herkommen, und Ihr wisst es auch«, sagte Perrin gereizt. Hinter seinem Rücken ballten sich die Hände zu Fäusten. Er hatte gehofft, dass die Schnelligkeit seines Marsches Masema davon abhalten würde, Plünderer auszuschicken. Das war es, was sie waren, und genauso schlimm wie die Shaido, wenn nicht sogar noch schlimmer. Sie gaben den Leuten eine Chance, einen Treueid auf den Wiedergeborenen Drachen zu schwören, und jene, die sich weigerten, starben durch Feuer und Stahl – manchmal auch jene, die einfach nur zu lange zögerten. Ob jene, die den Eid abgelegt hatten, sich nun Masema auf seinem Marsch anschlossen oder nicht, man erwartete von ihnen, dass sie der Sache des Propheten eine großzügige Spende zukommen ließen, während jene, die starben, offensichtlich Schattenfreunde waren, deren Besitz man konfiszierte. Masemas Gesetzen zufolge verloren Diebe eine Hand, aber das, was seine Plünderer da taten, war seiner Meinung nach kein Diebstahl. Seinen Gesetzen zufolge verdienten Mord und eine ganze Reihe anderer Verbrechen den Strang, aber eine große Anzahl seiner Anhänger schienen lieber töten zu wollen, als neue Eide zu erzwingen. So gab es mehr Beute, und für einige von ihnen war Mord ein hübsches Spiel, mit dem man sich vor dem Essen die Zeit vertreiben konnte.
»Sagt ihnen, sie sollen sich von diesen Altaranern fernhalten«, fuhr Perrin fort. »Alle möglichen Leute schließen sich Masema an, und selbst wenn sie Bedenken haben, wird es nicht lange dauern, bis sie wie der Rest nach Hingabe stinken. Dann würden sie nicht zögern, einem Nachbarn den Bauch aufzuschlitzen, ganz zu schweigen von jemandem, der die falschen Fragen stellt. Ich will wissen, was Masema vorhat.«
Dass der Mann einen
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