Das Rad der Zeit 10. Das Original: Zwielichtige Pfade (German Edition)
ausgesprochen. »Mit Euch in der Nähe«, murmelte sie, »ist er sich meiner Anwesenheit kaum bewusst. Ihr habt ihn zu Eurem Gefangenen gemacht, Schwester.«
Ertappt wurde Gabrelle knallrot im Gesicht. Toveine betrieb niemals Konversation, und zu behaupten, dass sie Gabrelles Verhältnis mit Logain missbilligte, wäre eine drastische Untertreibung gewesen. Ihn zu verführen war als so offensichtliche Möglichkeit erschienen, um nahe an ihn heranzukommen und auf diese Weise seine Pläne und seine Schwächen in Erfahrung zu bringen. Selbst wenn er ein Asha’man war, sie war schon lange vor seiner Geburt Aes Sedai gewesen, und sie war kaum ein unbeschriebenes Blatt, was Männer betraf. Er war so überrascht gewesen, als er begriffen hatte, was sie da tat, dass sie ihn beinahe für noch unschuldig gehalten hatte. Was nur wieder zeigte, was für eine Närrin sie gewesen war. Eine Domani zu spielen verbarg, wie sich herausstellte, viele Überraschungen und ein paar Stolpergruben. Und, was am Schlimmsten von allem war, eine Falle, die sie niemals jemandem enthüllen durfte. Sie befürchtete sehr, dass Toveine es wusste, zumindest einen Teil davon. Andererseits musste jede Schwester, die ihrem Beispiel gefolgt war, es ebenfalls wissen, und sie glaubte, dass einige von ihnen es tatsächlich taten. Keine hatte dies zur Sprache gebracht, und natürlich würde das auch keine tun. Logain konnte den Bund auf eine unbeholfene Weise maskieren – sie war überzeugt, ihn trotzdem aufspüren zu können, ganz egal, wie gut dies seine Empfindungen verbarg –, aber manchmal, wenn sie das Kopfkissen teilten, ließ er die Maske verrutschen. Die Resultate waren … verheerend, um es höflich auszudrücken. Da war dann keine Spur mehr von ruhiger Zurückhaltung oder kühlem Interesse. Da gab es so gut wie keine Vernunft mehr.
Schnell beschwerte sie wieder das Bild der verschneiten Landschaft herauf und hielt es in Gedanken fest. Bäume und Felsen und unberührter weißer Schnee. Glatter, kalter Schnee.
Logain blickte nicht zurück, aber der Bund verriet ihr, dass er über ihren momentanen Kontrollverlust Bescheid wusste. Der Mann barst förmlich vor Selbstgefälligkeit! Und Zufriedenheit! Es kostete sie ihre ganze Beherrschung, nicht vor Wut zu kochen. Aber er würde erwarten, dass sie wütend wurde, sollte er doch zu Asche verbrennen! Er musste wissen, welche Gefühle sie von ihm empfing. Aber ihre Wut erfüllte den Kerl nur mit Heiterkeit . Und er unternahm nicht einmal den Versuch, es zu verbergen!
Toveine trug ein kleines, zufriedenes Lächeln, was Gabrelle keinesfalls entging, aber ihr blieb nur ein Augenblick, in dem sie sich nach dem Grund dafür fragen konnte.
Sie hatten den Morgen für sich gehabt, aber jetzt kam ein anderer Reiter zwischen den Bäumen hervor, ein Mann in Schwarz ohne Umhang, der sein Pferd in ihre Richtung lenkte, als er sie sah. Trotz des Schnees trieb er seine Absätze in die Flanken des Tieres. Logain zügelte sein Pferd, um auf ihn zu warten, ein Bild der Ruhe, und Gabrelle erstarrte, als sie neben ihm anhielt. Die durch den Bund übertragenen Gefühle hatten sich verändert. Jetzt waren sie die Anspannung eines Wolfes, der auf seinen Sprung wartete. Sie rechnete damit, seine mit Panzerhandschuhen versehenen Hände auf dem Schwertgriff zu sehen, statt ruhig auf dem hohen Knauf seines Sattels zu liegen.
Der Neuankömmling war fast so groß wie Logain, sein goldenes Haar fiel in Wellen auf seine breiten Schultern, und er hatte ein gewinnendes Lächeln. Gabrelle vermutete, dass er genau wusste, dass es ein gewinnendes Lächeln war. Er war zu hübsch, um es nicht zu wissen, viel attraktiver als Logain. Die Schmieden des Lebens hatten Logains Gesicht gehärtet und Kanten hinterlassen. Dieser junge Mann war noch glatt und unversehrt. Aber an seinem Kragenmantel steckten Schwert und Drache. Er musterte die beiden Schwestern mit hellblauen Augen. »Teilt Ihr mit beiden das Lager, Logain?«, sagte er mit tiefer Stimme. »Die Pummelige erscheint mir kaltäugig, aber die andere wird warm genug sein.«
Toveine zischte wütend, und Gabrelle biss die Zähne zusammen. Sie hatte kein großes Geheimnis daraus gemacht, was sie da tat – sie war keine Cairhienerin, die ihre Zweisamkeit schamhaft in den Mantel des Privaten hüllen musste –, aber das hieß nicht, dass sie damit gerechnet hatte, zum Tagesgespräch zu werden. Schlimmer noch, der Mann sprach, als wäre sie ein leichtes Schenkmädchen.
»Lasst mich das
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