Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Rad der Zeit 10. Das Original: Zwielichtige Pfade (German Edition)

Das Rad der Zeit 10. Das Original: Zwielichtige Pfade (German Edition)

Titel: Das Rad der Zeit 10. Das Original: Zwielichtige Pfade (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
Vom Netzwerk:
die Stadt verlassen hatten, obwohl sie schon längst wieder in Tar Valon hätten sein müssen. Und als wäre das noch nicht genug, war al’Thor mal wieder wie eine Seifenblase vom Erdboden verschwunden. Konnten die Geschichten, dass er den halben Sonnenpalast zerstört hatte, möglicherweise der Wahrheit entsprechen? Beim Licht, der Mann durfte noch nicht dem Wahnsinn verfallen! Oder hatte Elaidas törichtes Angebot, ihm »Schutz« zu gewähren, ihn furchterfüllt in den Untergrund getrieben? Gab es überhaupt etwas, das ihm Angst einjagte? Er jagte ihr Angst ein. Er jagte auch dem Rest des Saals Angst ein, ganz egal, wie sie es auch darstellen mochten.
    Das Einzige, was wirklich sicher war, war die Tatsache, dass nichts von alldem so viel bedeutete wie ein Ausspucken in einen Regenschauer. Dieses Wissen hob ihre Laune nicht im Mindesten. Sich darüber zu sorgen, in einem Rosenbusch festzustecken, selbst wenn einen die Dornen später umbringen konnten, war ein Luxus, wenn einem ein Messer in die Rippen gedrückt wurde.
    »Jedes Mal, wenn sie in den vergangenen zehn Jahren die Burg verlassen hat, ging es um ihre Privatangelegenheiten, also gibt es keine neueren Aufzeichnungen, die man überprüfen kann«, murmelte ihre Begleiterin. »Es lässt sich nur schwer feststellen, wann genau sie die Burg verließ … also in aller Diskretion.« Elfenbeinkämme hielten Meidanis dunkelblondes Haar; sie war so hochgewachsen und gertenschlank, dass ihre gewaltigen Brüste sie nach vorn zu ziehen schienen, ein Eindruck, der sowohl von ihrem silbern bestickten Oberteil als auch von der Art und Weise verstärkt wurde, wie sie gebeugt daherging, damit ihr Mund auf der Höhe von Yukiris Ohr war. Ihre Stola lag über ihren Handgelenken, die langen grauen Fransen strichen über die Bodenfliesen.
    »Geht gerade«, knurrte Yukiri. »Meine Ohren sind nicht mit Dreck verstopft.«
    Meidani schoss mit leicht geröteten Wangen ruckartig in die Höhe. Sie richtete die Stola und warf einen halbherzigen Blick über die Schulter zu ihrem Behüter Leonin, der in gebotenem Abstand folgte. Aber wenn sie das leise Klirren der Silberglöckchen in den schwarzen Zöpfen des schlanken Mannes kaum wahrnehmen konnten, konnte er auch nicht verstehen, was in halblautem Tonfall gesagt wurde. Der Mann wusste nicht mehr als nötig – tatsächlich wusste er sogar ziemlich wenig, eben nur, dass seine Aes Sedai gewisse Dinge von ihm verlangte; das reichte einem guten Behüter –, und er konnte zu einem Problem werden, wenn er zu viel erfuhr, aber es war nicht nötig zu flüstern. Leute, die andere flüstern sahen, wollten wissen, was sie zu verbergen hatten.
    Die andere Graue war jedoch genauso wenig der Anlass ihrer Gereiztheit wie die Außenwelt, selbst wenn die Frau eine Dohle in Schwanfedern war. Jedenfalls nicht der Hauptgrund. Sie war widerwärtig, eine Rebellin, die Loyalität vorgab, aber Yukiri war sogar froh, dass Saerin und Pevara sie davon überzeugt hatten, Meidani und ihre Dohlenschwestern nicht dem Burggesetz zu übergeben. Ihre Flügel waren jetzt gestutzt, und sie waren nützlich. Möglicherweise ließ man sogar Gnade walten, wenn sie vor Gericht standen. Zugegeben, wenn man den Eid entdeckte, mit dem sie Meidanis Flügel gestutzt hatten, konnte es ganz schnell geschehen, dass Yukiri selbst um Gnade bat. Ob Rebellen oder nicht, was sie und die anderen mit Meidani und ihren Verbündeten gemacht hatten, stand genauso weit außerhalb des Gesetzes wie Mord. Oder Verrat. Ein Gehorsamseid – ein Eid, der auf den Eidstab abgelegt wurde, ein mit Gewalt erzwungener Eid – kam Zwangsbeeinflussung mit der Einen Macht zu nahe, was eindeutig verboten, wenn auch nicht genau definiert war. Aber manchmal musste man den Verputz beschädigen, um Hornissen auszuräuchern, und die Schwarzen Ajah waren Hornissen mit giftigen Stacheln. Das Gesetz würde seinen Verlauf nehmen – ohne das Gesetz waren sie nichts –, aber sie durfte sich nicht darum sorgen, welche Strafen sie erwarteten, sondern musste darüber nachdenken, wie sie das Ausräuchern überleben wollte. Leichen mussten sich keine Sorgen mehr wegen Strafen machen.
    Sie beschied Meidani knapp weiterzumachen, aber die andere Frau hatte den Mund noch nicht geöffnet, als drei Braune, die ihre Stolen wie Grüne zur Schau trugen, direkt vor ihnen aus einem angrenzenden Korridor traten. Yukiri kannte Marris Thornhill und Doraise Mesianos flüchtig, so wie die Sitzenden die Schwestern anderer Ajahs, die viel

Weitere Kostenlose Bücher