Das Rad der Zeit 10. Das Original: Zwielichtige Pfade (German Edition)
und durch den gefrorenen Matsch auf dem Pflaster schritt, hörte genauso auf Daved Hanlon wie auf Doilin Mellar; ein Name war nichts anderes als ein Mantel, und ein Mann wechselte den Mantel, wann immer es nötig war. Im Verlauf der Jahre hatte er viele getragen. Wäre es nach seinen Wünschen gegangen, hätte er im Königlichen Palast die Füße vor einem prasselnden Kaminfeuer hochgelegt, einen Krug in der Hand, ein Glas Branntwein neben ihm und ein williges Mädchen auf den Knien, aber er musste die Wünsche anderer erfüllen. Wenigstens waren hier in der Neustadt die Straßen sicherer. Nicht ungefährlich, mit diesem gefrorenen Matsch unter den Sohlen, der ein Ausrutschen in einen Sturz verwandeln konnte, aber hier war es zumindest unwahrscheinlicher als in der Innenstadt, dass einem die Stiefel unter dem Körper fortgerissen wurden. Außerdem passte die nächtliche Dunkelheit zu seiner Stimmung.
Es waren nur wenige Leute in den Straßen unterwegs gewesen, als er aufgebrochen war, und die Zahl hatte sich verringert, als die Dunkelheit immer tiefer geworden war. Kluge Leute blieben nach Einbruch der Nacht im Haus. Gelegentlich bewegten sich undeutliche Umrisse in den tieferen Schatten, aber nach einem kurzen Blick auf Hanlon schossen sie vor ihm um die nächste Ecke, zogen sich in Gassen zurück und versuchten ihre Flüche zu dämpfen, während sie in Schnee traten, der aller Wahrscheinlichkeit nach nicht von der Sonne berührt worden war. Er war nicht massig und nur wenig größer als die meisten Männer, Schwert und Brustpanzer wurden vom Umhang verborgen, aber Straßenräuber hielten nach Schwächen und Zögern Ausschau, und er bewegte sich mit Entschlossenheit und deutlicher Furchtlosigkeit. Ein Verhalten, das noch von dem langen Dolch verstärkt wurde, den er verborgen in der von einem Panzerhandschuh verhüllten rechten Hand hielt.
Er hielt unterwegs Ausschau nach Patrouillen der Garde, aber er rechnete nicht damit, welchen zu begegnen. Die Straßenräuber und Beutelschneider hätten sich andere Jagdgründe gesucht, wären Gardisten in der Nähe gewesen. Natürlich konnte er neugierige Gardisten mit einem Wort fortschicken, aber er wollte weder Beobachter noch Fragen, was er so weit vom Palast entfernt tat. Sein Schritt geriet ins Stocken, als auf einer vorausliegenden Kreuzung zwei in dicke Umhänge gehüllte Frauen erschienen, aber sie gingen weiter, ohne auch nur einen Blick in seine Richtung zu werfen, und er atmete erleichtert auf. Zu dieser Nachtzeit wagten sich nur sehr wenige Frauen ohne einen Mann mit einem Schwert oder einer Keule auf die Straße, und selbst ohne ihre Gesichter gesehen zu haben, hätte er eine Handvoll Gold gegen einen Pferdeapfel gewettet, dass es sich bei den beiden um Aes Sedai handelte. Oder um andere der seltsamen Frauen, die die meisten Betten im Palast in Beschlag nahmen.
Der Gedanke an den Haufen ließ ihn die Stirn runzeln und ein Jucken zwischen seinen Schulterblättern entstehen, das wie ein Nesselbusch war. Was auch immer da im Palast vor sich ging, es verursachte ihm Magendrücken. Die Frauen vom Meervolk waren schon schlimm genug, und nicht nur, weil sie auf diese verführerische Weise durch die Gänge wiegten und dann einen Mann mit dem Messer bedrohten. Er hatte nicht einmal daran gedacht, einer einen Klaps auf den Hintern zu geben, nachdem ihm klar geworden war, dass sie und die Aes Sedai sich anstarrten wie zwei Katzen, die man in einen Kasten gesetzt hatte. Und offensichtlich – so unmöglich das auch erschien – waren die Frauen vom Meervolk die größeren Katzen. Aber auf gewisse Weise waren die anderen schlimmer. Ganz egal, was man sich auch erzählte, er wusste, wie Aes Sedai aussahen, und sie hatten keine Falten. Trotzdem konnten ein paar von ihnen die Macht lenken, und er hatte den beunruhigenden Eindruck, dass sie es alle konnten. Was aber keinen Sinn ergab. Vielleicht hatte das Meervolk eine besondere Gabe, aber was die Kusinen anging, wie Falion sie nannte, wusste er eines mit Sicherheit: Sollten sich drei Frauen, die die Macht lenken konnten und keine Aes Sedai waren, an denselben Tisch setzen, würden Aes Sedai auftauchen, bevor sie ein Glas Wein trinken konnten, und ihnen den Befehl geben, sofort weiterzuziehen und nie wieder miteinander zu sprechen. Und sie würden dafür sorgen, dass es auch so geschah. Das war eine Tatsache. Aber hier hockten diese Frauen im Palast, über hundert von ihnen, hielten ihre privaten Zusammenkünfte ab und gingen
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