Das Rad der Zeit 10. Das Original: Zwielichtige Pfade (German Edition)
Vordergrund, einen großen, attraktiven Mann, der sie in die Arme nahm und mit ihr tanzte und sie liebte. Einst war sie vor dem Gedanken zurückgeschreckt, mit ihm zu schlafen, selbst in ihren Träumen. Wenn sie nach dem Aufwachen darüber nachgedacht hatte, war sie immer knallrot geworden. Aber das erschien jetzt so albern, so kindisch. Sie würde eines Tages den Behüterbund mit ihm eingehen, irgendwie, und sie würde ihn heiraten und lieben, bis er um Gnade bettelte. Selbst im Schlaf ließ sie das kichern. Andere Träume waren nicht so angenehm. Durch hüfthohen Schnee zu waten, umgeben von stämmigen Bäumen, von dem Wissen erfüllt, dass sie den Waldrand erreichen musste. Aber wenn sie das Ende der Bäume sah, genügte ein Blinzeln, und es verschwand in der Ferne und ließ sie weiterlaufen. Oder sie rollte einen großen Mühlstein einen steilen Hügel hinauf, aber jedes Mal, wenn sie die Hügelkuppe fast erreicht hatte, stolperte sie und fiel und musste zusehen, wie der große Stein bis zum Fuß des Hügels zurückrollte, also musste sie wieder heruntergehen und von vorn anfangen, aber jedes Mal war der Hügel höher als zuvor. Sie wusste genug über Träume, um zu wissen, wo diese Träume herkamen und dass sie keine spezielle Bedeutung hatten. Abgesehen von der Tatsache, dass sie müde war und eine scheinbar endlose Aufgabe vor ihr lag. Aber daran war nichts zu ändern. Sie fühlte, wie ihr Körper bei den mühsamen Träumen zuckte, und versuchte, ihre Muskeln zu entspannen. Diese Art Halbschlaf war kaum besser als gar keiner, und völlig sinnlos, wenn sie sich die ganze Nacht auf ihrer Pritsche herumwälzte. Ihre Bemühungen waren erfolgreich, jedenfalls teilweise. Wenigstens zuckte sie nur selten während eines Traums, in dem sie gezwungen wurde, einen Karren voller Aes Sedai eine schlammige Straße entlangzuziehen.
Andere Träume kamen.
Mat stand auf einer Dorfwiese und spielte Kegeln. Die mit Stroh gedeckten Häuser blieben vage, wie es in Träumen üblich war – manchmal waren die Dächer aus Schiefer; manchmal schienen die Häuser aus Stein erbaut zu sein, dann wiederum aus Holz –, aber er war scharf und klar, mit einem prächtigen grünen Mantel bekleidet und diesem schwarzen Hut mit der breiten Krempe, genau wie an dem Tag, an dem er nach Salidar geritten kam. Es war kein anderes menschliches Wesen in Sicht. Er rieb die Kugel zwischen den Händen, nahm kurz Anlauf und rollte sie lässig über das niedrige Gras. Alle neun Kegel fielen, stoben auseinander, als hätte man ihnen einen Tritt verpasst. Mat drehte sich um und ergriff die nächste Kugel, und die Kegel standen wieder aufrecht. Nein, es war ein neuer Satz Kegel. Die alten lagen immer noch da, wie sie umgestürzt waren. Er warf die Kugel erneut, ein gemächlicher Unterhandwurf. Und Egwene wollte schreien. Die Kegel bestanden nicht aus Holz. Sie waren Männer, die dort standen und die Kugel auf sich zukommen sahen. Keiner bewegte sich, bis die Kugel sie in alle Richtungen schleuderte. Mat drehte sich um, um noch eine Kugel zu nehmen, und da waren mehr Kegel, neue Männer, die in ordentlicher Formation zwischen den Männern standen, die wie tot am Boden lagen. Nein, sie waren tot. Ungerührt kegelte Mat weiter.
Es war ein Wahrtraum; Egwene wusste das, lange bevor er verblich. Der kurze Blick in eine Zukunft, die möglicherweise eintraf, eine Warnung, worauf man aufpassen sollte. Wahrträume waren immer Möglichkeiten, keine Gewissheiten – das musste sie sich oft ins Gedächtnis zurückrufen; Wahrträumen war nicht das Gleiche wie Vorhersehen –, aber das hier war eine schreckliche Möglichkeit. Jeder der menschlichen Kegel hatte für Tausende von Männern gestanden. Das wusste sie mit Sicherheit. Und eine Feuerwerkerin war ein Teil davon. Mat war einmal einer Feuerwerkerin begegnet, aber das war vor langer Zeit gewesen. Das hier hatte mit etwas zu tun, das kürzlich geschehen war. Die Feuerwerker waren in alle Winde verstreut, ihre Gildenhäuser gab es nicht mehr. Eine von ihnen übte ihr Handwerk bei dem Wanderzirkus aus, mit dem Elayne und Nynaeve einige Zeit lang gereist waren. Mat konnte überall Feuerwerkern begegnen. Aber es war nur eine mögliche Zukunft. Düster und blutig, aber nur eine Möglichkeit von vielen. Doch sie hatte mindestens zweimal davon geträumt. Nicht genau denselben Traum, aber er hatte immer die gleiche Bedeutung gehabt. Machte es das wahrscheinlicher, dass es Realität wurde? Sie würde eine Weise Frau fragen
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