Das Rad der Zeit 10. Das Original: Zwielichtige Pfade (German Edition)
Lächeln; aus irgendeinem Grund erschien sie erleichtert. Aber ihre Stimme klang ernst. »Ihr Aes Sedai haltet Männer immer für Narren. Sie sind es oft aber nicht. Sogar öfters, als ihr glaubt. Sei bei diesen Asha’man auf der Hut. Mazrim Taim ist alles andere als ein Dummkopf, ich halte ihn für einen sehr gefährlichen Mann.«
»Dessen ist sich der Saal bewusst«, sagte Egwene trocken. Dass er gefährlich war, mit Sicherheit. Das andere war es wert, einmal darauf hinzuweisen. »Ich weiß gar nicht, warum wir darüber diskutieren. Die Sache liegt nicht in meiner Hand. Wichtig ist hier nur, dass die Schwestern irgendwann die Entscheidung treffen werden, dass die Schwarze Burg kein Grund mehr ist, sich von Caemlyn fernzuhalten, wenn wir sowieso Verhandlungen aufnehmen werden. Nächste Woche oder morgen werden Schwestern bei euch auftauchen, bloß um Elayne zu besuchen und zu sehen, was die Belagerung macht. Wir müssen entscheiden, wie wir das, was wir geheim halten wollten, weiterhin geheim halten. Ich habe da ein paar Vorschläge, und ich hoffe, du hast noch weitere.«
Die Vorstellung, dass fremde Aes Sedai im Königlichen Palast erscheinen konnten, regte Aviendha so sehr auf, dass sie während ihres Gesprächs von der blauen Seide zum Cadin’sor zum Wollrock und Algode -Bluse und wieder zurück wechselte, ohne dass es ihr auffiel. Ihr Gesicht blieb so reglos wie bei einer Schwester. Sie hatte sicherlich nichts zu befürchten, falls die zu Besuch kommenden Aes Sedai die Kusinen entdeckten oder die gefangenen Sul’dam und Damane , oder den Vertrag mit dem Meervolk, aber vermutlich sorgte sie sich, welche Auswirkungen das für Elayne haben mochte.
Das Meervolk ließ nicht nur den Cadin’sor erscheinen, sondern auch einen runden Schild aus Leder, der zusammen mit drei kurzen Aiel-Speeren neben dem Stuhl auftauchte. Egwene erwog kurz, sie zu fragen, ob es Probleme mit den Windsucherinnen gab – das heißt, Probleme, die über das übliche Maß hinausgingen –, aber sie tat es nicht. Wenn Aviendha es nicht erwähnte, dann war das eine Angelegenheit, die sie und Elayne selbst regeln wollten. Sicherlich hätte sie etwas gesagt, wenn es etwas gewesen wäre, das Egwene hätte wissen sollen. Oder?
Seufzend stellte Egwene die Tasse auf dem Tisch ab, wo sie sofort verschwand, und rieb sich mit den Fingern die Augen. Misstrauen war ein Teil von ihr geworden, das war nicht zu bestreiten. Und ohne dieses Misstrauen würde sie wohl kaum lange überleben. Aber sie wollte nicht immer so handeln, wie es das Misstrauen ihr befahl, nicht bei einer Freundin.
»Du bist müde«, sagte Aviendha, wieder in der weißen Bluse und dunklem Rock und Schultertuch, eine besorgte Weise Frau mit scharfen grünen Augen. »Hast du nicht gut geschlafen?«
»Ich schlafe gut«, log Egwene und brachte ein Lächeln zustande. Aviendha und Elayne hatten ihre eigenen Sorgen, sie mussten nicht auch noch über ihre Kopfschmerzen Bescheid wissen. »Mir fällt nichts mehr ein«, sagte sie und erhob sich. »Dir etwa? Dann sind wir fertig«, fuhr sie fort, als die andere Frau den Kopf schüttelte. »Richte Elayne aus, sie soll auf sich aufpassen. Du passt auf sie auf. Und auf ihre Babys.«
»Das werde ich«, erwiderte Aviendha, jetzt in blauer Seide. »Aber du musst auch auf dich achtgeben. Ich glaube, du gönnst dir zu wenig Ruhe. Schlafe gut und wache auf«, sagte sie sanft, ein Gutenachtwunsch der Aiel, dann war sie verschwunden.
Egwene sah die Stelle, an der ihre Freundin verschwunden war, stirnrunzelnd an. Sie gönnte sich nicht zu wenig Ruhe. Sie arbeitet nur so hart, wie es nötig war. Sie schlüpfte zurück in ihren Körper und entdeckte, dass er fest am Schlafen war.
Das bedeutete nicht, dass sie schlief, jedenfalls nicht genau. Ihr Körper schlief, atmete langsam und tief, aber sie ließ sich nur tief genug hineinsinken, damit die Träume kommen konnten. Sie hätte auch bis zum Aufwachen warten und sich die Träume dann in Erinnerung rufen können, um sie in das kleine, mit Leder eingebundene Buch zu schreiben, das sie auf dem Grund einer ihrer Kleidertruhen aufbewahrte, unter den dünnen Leinenunterhemden, die man vor der Mitte des Frühlings nicht herausholen würde. Aber die Träume zu beobachten, wie sie kamen, sparte Zeit. Sie glaubte, dass ihr das bei ihrem Enträtseln helfen würde. Jedenfalls bei jenen Träumen, die mehr als die gewöhnlichen nächtlichen Phantasien waren.
Davon gab es eine Menge, oft stellten sie Gawyn in den
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