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Das Rad der Zeit 10. Das Original: Zwielichtige Pfade (German Edition)

Das Rad der Zeit 10. Das Original: Zwielichtige Pfade (German Edition)

Titel: Das Rad der Zeit 10. Das Original: Zwielichtige Pfade (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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keinen der Wächter, von denen Donjel gesprochen hatte. Die Meinung des Mannes, was man aus einer Meile Entfernung sehen konnte, unterschied sich von denen der meisten. Natürlich würden sie ihn erwarten. Und ihn beobachten, um sicherzugehen, dass ihm kein Heer folgte, Weißes Band oder nicht. Eine beträchtliche Zahl von ihnen würde vermutlich gute Gründe haben, Rodel Ituralde mit Pfeilen zu spicken. Ein Lord mochte das Weiße Band im Namen seiner Männer schwören, aber würden sich auch alle daran gebunden fühlen? Manchmal gab es Risiken, die man einfach eingehen musste.
    In der Mitte des Nachmittags ragte Osanas sogenanntes Jagdschloss unvermittelt zwischen den Bäumen hervor, eine Masse aus blassen Türmen und schlanken Spitzkuppeldächern, die auch in Bandar Eban nicht fehl am Platz gewesen wären. Sie hatte es schon immer auf Männer oder Macht abgesehen, ihre Trophäen waren trotz ihrer Jugend zahlreich und bemerkenswert, und die »Jagden«, die hier stattgefunden hatten, hätten selbst in der Hauptstadt viele Brauen gehoben. Das Jagdschloss bot einen traurigen Anblick. Zerbrochene Fenster klafften wie Münder mit spitzen Zähnen. Nirgendwo war ein Lichtschimmer oder eine Bewegung zu sehen. Der Schnee, der den Boden um das Schloss bedeckte, war allerdings deutlich sichtbar von Pferden zertrampelt worden. Die verzierten Messingtore des Haupthofes standen weit offen, und Ituralde ritt ohne zu zögern mit seinen Männern hinein. Wo der Schnee zu Matsch zertreten war, klapperten die Pferdehufe auf den Pflastersteinen.
    Es erschienen keine Diener, um ihn zu begrüßen, auch wenn er das nicht erwartet hatte. Osana war frühzeitig in dem Chaos verschwunden, das Arad Doman schüttelte wie ein Hund eine Ratte am Genick, und ihre Diener hatten sich schnell anderen ihrer Familie angeschlossen und jeden Platz eingenommen, den sie finden konnten. Heutzutage verhungerten die Herrenlosen oder wurden zu Banditen. Oder Drachenverschworenen. Er stieg vor der breiten Marmortreppe am Ende des Hofes ab und übergab Pfeils Zügel einem seiner Männer, während Jaalam den Übrigen den Befehl gab, sich mit ihren Pferden dort unterzustellen, wo es ging. Mit argwöhnischen Blicken auf die marmornen Balkone und die breiten Fenster, die den Hof säumten, bewegten sie sich, als würden sie damit rechnen, jeden Augenblick zwischen den Schulterblättern von Armbrustbolzen getroffen zu werden. Eines der Stalltore stand einen Spaltbreit geöffnet, aber trotz der Kälte teilten sie sich zwischen den Ecken des Hofes auf und drängten sich zwischen die Pferde, wo sie in alle Richtungen Wache halten konnten. Wenn es zum Schlimmsten kam, würde vielleicht einigen von ihnen die Flucht glücken.
    Ituralde zog die Panzerhandschuhe aus und steckte sie in den Gürtel, während er mit Jaalam die Treppe emporklomm. Unter seinen Stiefeln knirschte breit getretener Schnee, der erneut gefroren war. Er vermied es, irgendwo anders hinzusehen als geradeaus. Er musste völlig selbstbewusst erscheinen, als bestünde nicht die geringste Möglichkeit, dass sich die Ereignisse anders als erwartet entwickelten. Zuversicht war ein Schlüssel zum Sieg. Wenn die andere Seite glaubte, dass man zuversichtlich war, war das manchmal genauso gut, als wäre man tatsächlich zuversichtlich. Oben auf dem Treppenabsatz zog Jaalam eine der hohen, mit Schnitzereien versehenen Türen an ihrem vergoldeten Ring auf. Bevor Ituralde eintrat, tastete er mit einem Finger nach seinem Schönheitsfleck, um sich zu vergewissern, dass er an Ort und Stelle war – seine Wangen waren zu kalt, um den dort klebenden schwarzen Samtstern fühlen zu können. So selbstbewusst, als würde er an einem Ball teilnehmen.
    In der höhlenartigen Eingangshalle war es so kalt wie draußen. Ihr Atem wurde zu feinem Nebel. Unbeleuchtet schien der Raum bereits in Zwielicht gehüllt zu sein. Den Boden zierte ein farbiges Mosaik aus Jägern und Tieren; an manchen Stellen waren die Fliesen zersprungen, als wären schwere Lasten darübergeschleift oder möglicherweise auch darauf fallen gelassen worden. Abgesehen von einem umgekippten Sockel, auf dem vielleicht eine große Vase oder eine kleine Statue gestanden hatte, war die Halle leer. Was die Diener bei ihrer Flucht nicht mitgenommen hatten, war schon vor langer Zeit von Banditen geplündert worden. Ein Mann erwartete sie, er hatte weißes Haar und sah noch schmaler aus als bei ihrer letzten Begegnung. Sein Brustpanzer wies Dellen auf, sein Ohrring bestand

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