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Hopp! Hopp! Es geht weiter. Vom Glück und Unglück eines Reiseleiters im Wilden Westen

Hopp! Hopp! Es geht weiter. Vom Glück und Unglück eines Reiseleiters im Wilden Westen

Titel: Hopp! Hopp! Es geht weiter. Vom Glück und Unglück eines Reiseleiters im Wilden Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Tappe
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Alptraum oder Traumjob?
     
    Ich
stehe unter der Dusche im Bad meines Hotelzimmers in der 18. Etage und lasse
den lauwarmen Wasserstrahl auf mich niederprasseln, als sich plötzlich der
Boden unter mir bewegt. Ich gerate ins Wanken. Außer der Armatur gibt es nichts
woran ich mich festhalten kann. Aus der Ferne höre ich Menschen wild
durcheinander rufen. Das Fenster neben der Duschwanne knarrt. Durch die halb
geöffnete Tür beobachte ich, wie sich das Bett von rechts nach links bewegt.
Ich verliere den Boden unter den Füßen und rutsche haltlos in die Duschwanne.
Ein Erdbeben. Aus dem Nebenzimmer hallt ein greller Schrei, gefolgt von einem
dumpfen Schlag - dann Stille. Der Riss in der Badezimmerdecke über mir wird
breiter. Das ganze Gebäude schwankt, als sei es betrunken.
    „Hilfe!“, rufe
jetzt auch ich. „Hiiiilfeeee!“
    Mein Flehen
geht in der Geräuschkulisse des Bebens unter.
    Es klingelt.
Schlaftrunken greife ich nach dem Hörer.
    „Ja, bitte?“
    „Ist bei Ihnen
alles ok?“, fragt die Stimme am anderen Ende der Leitung. „Die Dame im
Nachbarzimmer hat einen Hilferuf gehört.“
    „Ich..., ja.
Keine Sorge. Es ist alles bestens. Vielen Dank.“
    Ich sehe auf
die Uhr. Mist! Verschlafen! Ausgerechnet heute, an meinem ersten Arbeitstag.
Noch immer benommen von meinem Traum schlage ich die Bettdecke zurück und
greife nach meinen Socken. Zum Duschen bleibt keine Zeit. Ist vielleicht auch
besser so. Träumt man von Erdbeben, deutet das auf einen schwierigen
Veränderungsprozess im Leben hin, sagt meine gute Freundin und Lebensberaterin
Susan. Ich hoffe, sie weiß, wovon sie redet. Immerhin befinde ich mich in Los
Angeles. Da bebt die Erde häufig - und zwar nicht nur im Traum.
     
    Es ist
fünfzehn Minuten vor acht am Donnerstagmorgen. Die Sonne ist kaum aufgegangen,
als ein großer leerer Reisebus auf den Parkplatz des Marriott Hotel in Los
Angeles einfährt. Dies soll meine erste Rundreise sein und ich bin ein nervöses
Wrack. Nach meiner viel zu kurzen und dazu noch alptraumreichen Nacht habe ich
nun größte Bedenken, meiner Psyche mehr aufgeladen zu haben, als sie verdauen
kann. Das Riesenfahrzeug kommt zum Stehen. Zweiundvierzig Menschen greifen
simultan nach ihren Koffern und schleppen diese ächzend in Richtung Bus.
    „Aber dafür
gibt es doch Kofferträger!“, rufe ich meinen Gästen nach.
    Doch die
schauen sich nicht einmal um. Stattdessen drängeln sie sich vor der
geschlossenen Bustür wie eine Horde Kühe vor dem Futtertrog. Der Busfahrer
winkt von innen mit der Hand. Ob der mich meint? Ich bin schon jetzt
überfordert und würde am liebsten Reißaus nehmen. Die Bustür klappt nach außen.
Das Gedränge der Leute wird noch dichter.
    „Jetzt beginnt
die große Schlacht um die ersten Reihen“, bemerkt hinter mir der Kofferträger
des Hotels.
    Dank meiner
undeutlichen Anweisungen an die Gäste hat der heute ausnahmsweise einmal nichts
zu tun. Staunend und aus sicherer Entfernung beobachte ich die gestressten
Urlauber im Bus, wie sie hektisch versuchen, übergroße Handgepäckstücke in viel
zu kleine Ablagefächer zu zwängen.
    „Was haben die
nur alles dabei?“, frage ich mich laut, „und warum stellen sie die Sachen nicht
in den Gepäckraum?"
    Die erste
Reisende kämpft sich gegen den Strom wieder aus dem Bus heraus. Gar nicht
einfach bei so vielen Gegnern. Und die Tatsache, dass amerikanische Reisebusse
nur einen Ein- und Ausstieg haben, macht die Unternehmung nicht gerade
leichter. Irgendwann, unter heftigem Protest der anderen Passagiere, schafft
sie es dennoch und befreit sich schnaufend aus dem großen Gefährt. Schon von
Weitem sehe ich die Schweißperlen auf ihrer Stirn in der Morgensonne glitzern.
Ich nähere mich der Dame, nehme aber eine defensive Körperhaltung an, als sie
unerwartet auf mich zustürmt. Ich befürchte, sie könnte jeden Augenblick
einen Herzinfarkt erleiden, so sehr regt sie sich auf.
    „Ich muss
unbedingt in der ersten Reihe sitzen!“, ruft sie mir entgegen. „Ich hab’s mit
der Bandscheibe. Mein Arzt hat mir ein Attest geschrieben.“ Sie zerrt einen
großen Zettel aus der Jackentasche und hält ihn mir so dicht vor die Nase, dass
ich hineinbeißen könnte. Im selben Augenblick löst sich ein weiterer Gast aus
dem Gedränge. Ohne auch nur eine Sekunde zu zögern, schiebt er das meckernde Weib
beiseite.
    “Sie!“, sagt
er erschreckend laut und schaut dabei an mir vorbei.
    Ich sehe mich
um.
    „Nein, Sie!“,
ruft er noch lauter und tippt mir auf die

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