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Das Rad der Zeit 12. Das Original: Sturm der Finsternis (German Edition)

Das Rad der Zeit 12. Das Original: Sturm der Finsternis (German Edition)

Titel: Das Rad der Zeit 12. Das Original: Sturm der Finsternis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan , Brandon Sanderson
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verstanden hätte. Sie hätten es für eine lächerliche Aufgabe gehalten, dort auf dem Boden zu sitzen und mit dem Rücken an der Holzwand des Herrenhauses zu lehnen. Die Hand hin und her zu bewegen, den einen Eimer zu leeren und den anderen zu füllen. Und zwar einen Tropfen nach dem anderen. Für sie hätte das kaum eine Bestrafung dargestellt.
    Aber das lag nur daran, dass Feuchtländer oft faul waren. Sie würden lieber Wasser in Eimer tröpfeln, statt Steine zu schleppen. Steine zu schleppen erforderte Aktivität – und Aktivität war gut für Körper und Seele. Wasser zu bewegen war bedeutungslos. Sinnlos. Es erlaubte ihr weder, die Beine zu strecken, noch ihre Muskeln zu bewegen. Und sie tat es, während der Rest des Lagers die Zelte für den Marsch verpackte. Das machte die Bestrafung zehnmal so beschämend! Sie verdiente Toh für jeden Augenblick, den sie nicht mithalf, und es gab nicht das Geringste, was sie daran ändern konnte.
    Außer Wasser zu bewegen. Tropfen um Tropfen um Tropfen.
    Es machte sie wütend. Dann schämte sie sich wegen der Wut. Weise Frauen ließen sich niemals auf diese Weise von ihren Gefühlen beherrschen. Sie musste geduldig bleiben und den Grund für ihre Bestrafung herausfinden.
    Allein schon der Versuch, sich dem Problem zu nähern, hätte sie am liebsten schreien lassen. Wie oft konnte sie dieselbe Lösung in Gedanken durchgehen? Vielleicht war sie ja einfach zu beschränkt, um es zu verstehen. Vielleicht verdiente sie es auch nicht, eine Weise Frau zu sein.
    Sie steckte die Hand in den Eimer, dann bewegte sie den nächsten Tropfen Wasser. Ihr gefiel nicht, was diese Strafen mit ihr machten. Sie war eine Kriegerin, auch wenn sie keinen Speer mehr trug. Sie fürchtete weder Strafen noch Schmerz. Aber in ihr wuchs die Furcht, dass sie ihren Mut verlieren und völlig nutzlos sein würde.
    Sie wollte eine Weise Frau werden, wollte es sogar unbedingt. Diese Erkenntnis hatte sie überrascht, denn sie hätte niemals gedacht, jemals etwas mit der Leidenschaft anzustreben, mit der sie vor langer Zeit die Speere gewollt hatte. Aber während der vergangenen Monate hatte sie die Weisen Frauen studiert, und ihr Respekt für sie war gewachsen; sie hatte sich selbst als eine Gleichgestellte akzeptiert, die dabei helfen würde, die Aiel durch diese gefährlichste aller Zeiten zu führen.
    Die Letzte Schlacht würde eine Prüfung sein, wie sie ihr Volk noch nie zuvor erlebt hatte. Amys und die anderen versuchten mit aller Macht, die Aiel zu beschützen, und sie saß da und bewegte Wassertropfen!
    »Geht es dir gut?«, fragte eine Stimme.
    Aviendha zuckte zusammen, schaute auf und griff so abrupt nach dem Messer, dass sie beinahe die Eimer umstieß. Ein kurzes Stück entfernt stand eine Frau mit kurzem dunklen Haar im Schatten des Hauses. Min Farshaw hatte die Arme verschränkt und trug einen kobaltblauen Mantel mit silbernen Stickereien. Und ein Halstuch.
    Aviendha entspannte sich, ließ das Messer los. Jetzt konnten sich schon Feuchtländer an sie anschleichen? »Mir geht es gut«, sagte sie und kämpfte dagegen an, nicht zu erröten.
    Ihr Ton und ihr Verhalten hätte ein deutlicher Hinweis sein müssen, dass sie nicht durch eine Unterhaltung beschämt werden wollte, aber Min schien das nicht zu bemerken. Die Frau drehte sich um und betrachtete das Lager. »Hast du … hast du nichts zu tun?«
    Dieses Mal vermochte Aviendha ein Erröten nicht zu unterdrücken. »Ich mache das, was man mir aufträgt.«
    Min nickte, und Aviendha zwang sich, ihre Atmung zu kontrollieren. Sie konnte es sich nicht leisten, auf diese Frau wütend zu werden. Ihre Erstschwester hatte sie gebeten, nett zu Min zu sein. Sie entschied sich, sich nicht beleidigt zu fühlen. Min hatte ja keine Ahnung, was sie da sagte.
    »Ich dachte, ich könnte vielleicht mit dir reden«, sagte Min und betrachtete noch immer das Lager. »Ich weiß nicht, an wen ich mich sonst wenden könnte. Ich vertraue den Aes Sedai nicht, und er auch nicht. Ich bin mir nicht sicher, ob er jetzt überhaupt noch jemandem vertraut. Vielleicht nicht einmal mehr mir.«
    Aviendha wandte den Kopf und sah, dass Min Rand al’Thor beobachtete, der durchs Lager ging. Er trug einen schwarzen Mantel, sein rotes Haar leuchtete im Nachmittagslicht. Er schien die Saldaeaner, die ihm dienten, hoch zu überragen.
    Aviendha hatte von den Geschehnissen in der vergangenen Nacht gehört, als er von Semirhage angegriffen worden war. Von einer der Schattenbeseelten selbst;

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