Das Rad der Zeit 12. Das Original: Sturm der Finsternis (German Edition)
Nynaeve und warf einen Blick auf die Truhe mit den scharfen Gegenständen. Sie musste schnell wieder wegsehen, bevor sie deswegen in Wut geriet. »Ein Mann mit deinem … Geschick? Und du konntest nicht eine einzige Information aus ihm herausholen?«
»Soll mich der Dunkle König holen, wenn ich lüge!« Der Kerkermeister errötete, als wäre das für ihn eine Sache des Stolzes. »Noch nie habe ich erlebt, dass sich ein Mann derart widersetzt! Eine hübsche halbe Portion wie der hätte eigentlich von selbst zusammenbrechen müssen. Aber das tat er nicht. Er sprach über alles, nur nicht über die Dinge, die wir wollten!« Jorgin beugte sich vor. »Ich weiß nicht, wie er es geschafft hat, Lady. Soll man mich zu Asche verbrennen, aber ich habe keine Ahnung. Es war, als hätte irgendeine … Macht Gewalt über seine Zunge. Es war, als könnte er nicht sprechen. Selbst wenn er es gewollt hätte!«
Die beiden Schläger murmelten etwas und sahen dabei irgendwie unbehaglich aus. Anscheinend hatten ihre Fragen einen Nerv getroffen.
»Also habt ihr ihm zu sehr zugesetzt«, vermutete sie. »Daran ist er gestorben.«
»Nein, Frau!«, knurrte der Kerkermeister. »Blut und verdammte Asche! Ich habe ihn nicht getötet! Manchmal sterben Leute einfach.«
Leider fing sie an, ihm zu glauben. Jorgin war ein widerwärtiger Mann, der es verdient hätte, ein Jahrzehnt unter Aufsicht einer Dorfheilerin hart zu schuften. Aber er log nicht.
So viel also zu ihren hochfliegenden Plänen. Seufzend stand sie auf und wurde sich dabei bewusst, wie müde sie doch war. Beim Licht! Aller Wahrscheinlichkeit nach würde dieses Unternehmen Rand eher explodieren lassen, als ihn dazu zu bringen, sich ihrem Rat anzuvertrauen. Sie musste ins Herrenhaus zurückkehren und etwas schlafen. Vielleicht würde ihr am Morgen ein besserer Weg einfallen, Rand zu zeigen, dass sie auf seiner Seite war.
Sie bedeutete den Soldaten, den Kerkermeister und seine Helfer wieder nach oben zu bringen. Danach webte sie Luft und schloss damit Milisair Chadmars Zellentür. Sie würde sich darum kümmern, dass man die Haftbedingungen der Frau verbesserte. Ob sie nun ein verabscheuungswürdiger Mensch war oder nicht, diese Behandlung hatte sie nicht verdient. Rand würde das verstehen müssen, wenn sie es ihm erklärte. Tatsächlich sah Milisair aus, als würde sie krank! Gedankenverloren ging sie zu dem Sehschlitz in der Zellentür, dann webte sie aus Geist eine Tiefenschau, um sich zu vergewissern, dass die Frau nicht krank war.
Nynaeve hatte noch nicht richtig mit der Tiefenschau begonnen, als sie auch schon erstarrte. Sie hatte damit gerechnet, dass Milisairs Körper durch Erschöpfung geschwächt war. Sie hatte damit gerechnet, Krankheiten zu finden, vielleicht Hunger.
Aber sie hatte nicht damit gerechnet, Gift zu finden.
Fluchend riss sie die Zellentür auf und eilte hinein. Ja, die Tiefenschau zeigte es ihr ganz genau. Tarchrottblätter. Nynaeve hatte sie selbst schon einmal einem Hund gegeben, den man einschläfern musste. Es war eine gewöhnliche Pflanze, die sehr bitter schmeckte. Wegen dieses unangenehmen Geschmacks nicht das beste aller Gifte, und man musste es zu sich nehmen.
Ja, das war ein schlechtes Gift – es sei denn, die Person, die man vergiftete, war bereits eine Gefangene und hatte keine Wahl, als das zu essen, was man ihr vorsetzte. Nynaeve fing an zu Heilen, verwebte alle Fünf Mächte und erstickte das Gift und stärkte den Körper. Es handelte sich um eine relativ einfache Heilung, da Tarchrottblätter nicht besonders stark waren. Man musste entweder eine Menge davon nehmen – so wie sie damals bei dem Hund –, oder man musste es mehrmals verabreichen, damit es Wirkung zeigte. Aber wenn man es langsam verabreichte, würde es so aussehen, als würde die Person auf ganz natürliche Weise sterben.
Sobald Milisair in Sicherheit war, stürmte Nynaeve aus der Zelle. »Halt«, brüllte sie den Männern nach. »Jorgin!«
Lurts drehte sich überrascht um. Er packte den Kerkermeister am Arm und riss ihn herum.
»Wer kümmert sich um das Essen der Gefangenen?«, verlangte Nynaeve zu wissen und ging auf ihn zu.
»Das Essen?« Jorgin sah sie verwirrt an. »Das ist Kerbs Aufgabe. Warum?«
»Kerb?«
»Der Junge«, sagte Jorgin. »Niemand Wichtiges. Ein Lehrling, den wir vor ein paar Monaten unter den Flüchtlingen fanden. Eigentlich hatten wir da Glück – unser letzter Lehrling ist weggelaufen, und er kannte sich im Handwerk
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