Das Rad der Zeit 12. Das Original: Sturm der Finsternis (German Edition)
spürten auch sie den kommenden Sturm.
Diese Gegend lag in der Nähe von Handelsstraßen und in Reichweite von Tear, und sie war einigermaßen sicher vor Banditen. Sie lag auch gerade weit genug im Norden, um nicht in die Streitigkeiten zwischen Illian und Tear hineingezogen zu werden. Das hätte ein Ort sein sollen, an dem Bauern kein gutes Holz zu Kampfstäben hätten verarbeiten oder Fremde mit Blicken beobachten müssen, die jederzeit mit einem Angriff rechneten.
Diese Vorsicht würde ihnen nutzen, wenn die Trollocs sie erreichten – immer natürlich unter der Voraussetzung, dass sie die Seanchaner bis dahin nicht unterworfen hatten und sie zum Militärdienst zwangen. Nynaeve zog wieder an ihrem Zopf.
Ihre Gedanken wandten sich wieder Lan zu. Sie musste etwas unternehmen! Aber Rand nahm einfach keine Vernunft an. Damit blieb nur noch Cadsuanes geheimnisvoller Plan. Wie albern von der Frau, ihn nicht erklären zu wollen. Nynaeve hatte den ersten Schritt gemacht und ein Bündnis angeboten, und wie hatte sie reagiert? Natürlich mit dreister Arroganz. Als wäre Nynaeve ein Kind gewesen, das sich im Wald verirrt hatte – so hatte sie sie in ihre kleine Gruppe aus Aes Sedai aufgenommen. Wie konnte sie es wagen!
Wie sollte ihre Aufgabe – Perrins Aufenthaltsort zu entdecken – Lan nur helfen? Die ganze vergangene Woche hatte sie versucht, aus Cadsuane weitere Informationen herauszubekommen und war gescheitert. »Erledigt diese Aufgabe gut, Kind«, hatte Cadsuane gesagt, »vielleicht übertragen wir Euch dann in Zukunft eine größere Verantwortung. Ihr habt Euch immer wieder als ausgesprochen eigensinnig erwiesen, und so etwas können wir nicht gebrauchen.«
Nynaeve seufzte. Herausfinden, wo Perrin steckte. Wie sollte sie das schaffen? Die Leute von den Zwei Flüssen waren wenig hilfreich gewesen. Viele ihrer Männer reisten mit Perrin, aber man hatte schon lange nichts mehr von ihnen gehört. Sie waren irgendwo im Süden, vermutlich Altara oder Ghealdan. Aber das war ein großes Gebiet für eine Suche.
Sie hätte wissen müssen, dass in den Zwei Flüssen keine einfache Antwort zu finden sein würde. Offensichtlich hatte Cadsuane bereits selbst versucht, Perrin zu erreichen, und war dabei gescheitert. Darum hatte sie die Aufgabe an Nynaeve weitergereicht. Hatte Rand Perrin auf irgendeine geheime Mission geschickt?
»Rand?«, sagte sie.
Er murmelte etwas vor sich hin.
Sie fröstelte. »Rand«, wiederholte sie in einem etwas schärferen Tonfall.
Er hörte auf zu murmeln, dann sah er sie an. Sie glaubte in seinen Augen die dort verborgene Wut sehen zu können, die Wut tief in seinem Inneren, aufblitzender Zorn über ihre Unterbrechung. »Ja?«
»Weißt du … weißt du, wo Perrin ist?«
»Er hat Aufgaben, die er erledigt«, sagte Rand und wandte sich wieder ab. »Warum willst du das wissen?«
Es war besser, Cadsuane nicht zu erwähnen. »Ich mache mir noch immer Sorgen um ihn. Und um Mat.«
»Ah«, sagte Rand. »Du bist es wirklich nicht gewöhnt zu lügen, oder, Nynaeve?«
Sie fühlte, wie sie verlegen errötete. Wann hatte er gelernt, Menschen so gut zu durchschauen? »Ich mache mir um ihn Sorgen, Rand al’Thor!«, beharrte sie. »Er ist von friedlicher, bescheidener Natur – und hat sich stets viel zu sehr von seinen Freunden herumschubsen lassen.«
So! Sollte er da mal drüber nachdenken.
»Bescheiden«, sagte Rand nachdenklich. »Ja, ich schätze, das ist er immer noch. Aber friedlich? Perrin ist nicht länger … friedlich.«
Also hatte er in letzter Zeit Kontakt mit Perrin gehabt. Beim Licht! Wie hatte Cadsuane das nur wissen können, und wieso hatte sie selbst davon nichts mitbekommen? »Rand, wenn du Perrin etwas für dich erledigen lässt, warum hast du das dann geheim gehalten? Ich verdiene doch wohl …«
»Ich habe mich nicht mit ihm getroffen, Nynaeve«, sagte Rand. »Beruhige dich. Das sind einfach Dinge, die ich weiß. Wir sind miteinander verbunden, Perrin, ich und Mat.«
»Wie? Was hast du …«
»Das ist alles, was ich dazu zu sagen habe«, unterbrach er sie mit leisen Worten.
Wieder biss Nynaeve die Zähne zusammen. Die anderen Aes Sedai sprachen immer davon, ihre Gefühle unter Kontrolle zu haben, aber offensichtlich mussten sie sich auch nicht mit Rand al’Thor abgeben. Nynaeve konnte auch ruhig sein, solange man nicht von ihr erwartete, den stursten Narren von Mann zu leiten, der je ein Paar Stiefel angezogen hatte.
Eine Weile ritten sie schweigend. Der
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