Das Rad der Zeit 13. Das Original: Mitternachtstürme (German Edition)
beherrschen. Beim Licht! Es hatte eine Zeit gegeben, da hatte er nicht auf jede Kleinigkeit so reagiert. Er war wirklich ein Narr geworden. »Fragt sie, ob sie mich sehen will«, sagte er höflich. »Bitte!«
»Ich habe meine Befehle«, erwiderte Birgitte. »Davon abgesehen könnte sie gar nicht mit Euch sprechen. Sie schläft.«
»Ich bin mir sicher, sie würde gern geweckt.«
»Es ist nicht diese Art Schlaf.« Birgitte seufzte. »Es hat mit Aes Sedai-Angelegenheiten zu tun. Geht zu Bett. Morgen früh wird Eure Schwester vermutlich eine Nachricht von Egwene für Euch haben.«
Gawyn runzelte die Stirn. Wie sollte …
Die Träume, begriff er. Das hatte die Aes Sedai gemeint, dass Egwene sie darin ausbildet, in ihren Träumen zu wandeln. »Also schläft Egwene auch?«
Birgitte musterte ihn. »Verdammte Asche, vermutlich habe ich schon zu viel gesagt. Geht in Eure Gemächer.«
Gawyn ging, aber er begab sich nicht in seine Gemächer. Er wird auf einen Augenblick der Schwäche warten, dachte er und erinnerte sich an die Worte der Sul’dam . Und wenn er zuschlägt, wird er eine solche Verwüstung hinterlassen, wie man sie bei einem einzelnen Mann für unmöglich halten würde …
Ein Augenblick der Schwäche.
Gawyn rannte los, jagte durch die Palastkorridore zu dem Reisezimmer, das Elayne eingerichtet hatte. Gesegneterweise hatte dort eine Kusine Dienst – sie wartete für den Fall, dass eine eilige Botschaft geschickt werden musste. Gawyn erkannte die dunkelhaarige Frau nicht, aber sie schien ihn zu kennen.
Gähnend öffnete sie ein Wegetor für ihn. Er rannte hindurch und weiter auf das Reisegelände der Weißen Burg. Das Tor erlosch sofort hinter ihm. Gawyn zuckte zusammen und fuhr mit einem Fluch herum. Um ein Haar hätte es sich geschlossen, noch während er mittendrin stand. Warum hatte die Kusine es so abrupt verschwinden lassen, auf diese gefährliche Weise? Den Bruchteil einer Sekunde früher, und es hätte ihm den Fuß abgeschnitten oder Schlimmeres.
Er hatte keine Zeit. Er drehte sich um und lief wieder los.
Egwene, Leane und die Weisen Frauen erschienen in einem Zimmer in den Katakomben des Turms, wo eine Gruppe aufgeregter Frauen wartete. Das war ein Wachtposten, den Egwene als Rückzugspunkt eingerichtet hatte.
»Berichtet!«, verlangte Egwene.
»Shevan und Carlinya sind tot, Mutter«, sagte Saerin grimmig. Die kurz angebundene Braune keuchte.
Egwene fluchte. »Was ist passiert?«
»Wir waren mitten bei Eurer List, führten eine Diskussion über einen falschen Plan, Arad Doman den Frieden zu bringen, genau wie Ihr befohlen habt. Und dann …«
»Feuer«, sagte Morvrin zitternd. »Es schoss durch die Wände. Frauen lenkten die Macht, einige davon mit gewaltigen Kräften. Ich sah Alviarin. Andere auch.«
»Nynaeve ist noch immer dort oben«, fügte Brendas hinzu.
»Stures Weib«, sagte Egwene und sah die drei Weisen Frauen an. Sie nickten. »Schickt Brendas heraus«, befahl Egwene und zeigte auf die Weiße. »Wenn Ihr aufwacht, weckt Ihr die anderen, damit sie außer Gefahr sind. Lasst nur Nynaeve, Siuan, Leane und mich hier.«
»Ja, Mutter«, sagte Brendas.
Amys tat etwas, das ihre Umrisse verblassen ließ.
»Der Rest von Euch begibt sich an einen sicheren Ort«, sagte Egwene. »Abseits der Stadt.«
»Ja, Mutter«, sagte Saerin. Aber sie verblieb an Ort und Stelle.
»Was ist?«, fragte Egwene.
»Ich …« Saerin runzelte die Stirn. »Ich kann nicht gehen. Etwas ist seltsam.«
»Unsinn«, fauchte Bair. »Es …«
»Bair«, sagte Amys. »Ich kann nicht weg. Hier stimmt etwas nicht.«
»Der Himmel ist violett«, verkündete Yukiri, die aus einem kleinen Fenster schaute. »Beim Licht! Das sieht aus wie eine Kuppel, die die Burg und die Stadt bedeckt. Wann ist das denn passiert?«
»Hier ist etwas völlig durcheinander«, sagte Bair. »Wir sollten aufwachen.«
Plötzlich verschwand Amys, was Egwene zusammenzucken ließ. Einen Augenblick später war sie wieder zurück. »Ich konnte an den Ort zurück, an dem wir eben noch waren, aber ich kann die Stadt nicht verlassen. Das gefällt mir nicht, Egwene al’Vere.«
Egwene versuchte sich nach Cairhien zu transportieren. Es funktionierte nicht. Besorgt, aber resolut schaute sie aus dem Fenster. Ja, der Himmel war violett.
»Wacht auf, wenn Ihr müsst«, sagte sie zu den Weisen Frauen. »Ich kämpfe. Eine der Schattenbeseelten ist hier.«
Die Weisen Frauen schwiegen. »Wir begleiten Euch«, sagte Melaine schließlich.
»Gut. Ihr
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