Das Rad der Zeit 13. Das Original: Mitternachtstürme (German Edition)
fragte Thom. Er schien wieder an Kraft gewonnen zu haben, also überreichte Mat ihm Moiraine und nahm seinen Speer entgegen. Hier gab es nur zwei Durchgänge, der hinter ihnen und der direkt gegenüber. Aber Mat drehte sich trotzdem mit geschlossenem Auge auf der Stelle. Das Glück zeigte auf den Weg auf der gegenüberliegenden Seite.
Sie nahmen ihn. Die Fenster im Korridor schauten auf den Dschungel hinaus, und nun waren sie mitten darin. Gelegentlich konnte Mat die drei Türme sehen. Der Ort, an dem sie eben noch gewesen waren, der Ort, an dem Noal blutete.
»Hier hast du deine Antworten bekommen, richtig?«, fragte Thom.
Mat nickte.
»Glaubst du, ich könnte auch welche bekommen? Drei Fragen. Alle Antworten …«
»Du willst sie nicht«, sagte Mat und richtete den Hut. »Glaube es mir, wirklich nicht. Es sind keine Antworten. Es sind Drohungen. Versprechen. Wir …«
Thom blieb ruckartig stehen. Moiraine regte sich in seinen Armen. Sie stöhnte leise, hatte die Augen aber noch geschlossen. Aber nicht das ließ Mat erstarren.
Voraus wartete ein weiterer kreisrunder gelber Raum. Genau in der Mitte stand ein Türrahmen aus rotem Stein. Oder zumindest, was davon noch übrig war.
Mat fluchte und stürmte darauf zu. Der Boden war übersät mit roten Steintrümmern. Stöhnend ließ Mat den Speer fallen und hob ein paar der Brocken auf. Ein Schlag von ungeheurer Wucht hatte den Türrahmen zerschmettert.
Kurz hinter dem Eingang sank Thom auf die Knie, die sich bewegende Moiraine im Arm. Er sah erschöpft aus. Keiner von ihnen hatte noch ein Bündel; Mat hatte seines Noal gegeben, und Thom hatte seines zurückgelassen. Und dieser Raum war eine Sackgasse ohne weiteren Ausgang.
»Dieser Ort soll verflucht sein!«, brüllte Mat, riss sich den Hut vom Kopf und starrte in die endlose Dunkelheit über ihnen hinauf. »Man sollte Euch alle verbrennen, Schlangen und Füchse! Der Dunkle König soll Euch alle holen! Ihr habt mein Auge, Ihr habt Noal. Das reicht als Preis für Euch! Das ist ein zu hoher Preis! Genügt das Leben von Jain dem verdammten Fernstreicher nicht, um Euch zu beschwichtigen, Ihr Ungeheuer!«
Seine Worte verhallten ohne Erwiderung. Der alte Gaukler kniff die Augen zusammen und hielt Moiraine. Er sah besiegt aus, völlig am Boden zerstört. Seine Hände waren rot und mit Blasen übersät, weil er sie aus dem Nebel gezogen hatte, seine Mantelärmel waren angesengt.
Mat sah sich verzweifelt um. Er versuchte es damit, sich mit geschlossenem Auge zu drehen und den Arm auszustrecken. Als er das Auge wieder öffnete, zeigte er auf die Mitte des Raumes. Den zerbrochenen Türrahmen.
»Es war ein guter Versuch, mein Junge«, sagte Thom. »Wir haben uns gut geschlagen. Besser als erwartet.«
»Ich gebe nicht auf«, beharrte Mat und versuchte, dem niederschmetternden Gefühl in seinem Inneren zu trotzen. »Wir … wir gehen denselben Weg zurück, finden den Rückweg zu dem Ort zwischen Aelfinn und Eelfinn. Der Vertrag besagt, dass sie das Portal geöffnet lassen müssen. Wir nehmen es und kommen hier raus. Ich will verdammt sein, wenn ich hier sterbe. Du schuldest mir noch immer ein paar Becher.«
Thom öffnete die Augen und lächelte, stand aber nicht auf. Er schüttelte den Kopf, dass sein tief herabhängender Schnurrbart wackelte, und betrachtete Moiraine.
Zitternd schlug sie die Augen auf. »Thom«, flüsterte sie und lächelte. »Ich dachte mir doch, dass ich deine Stimme gehört habe.«
Beim Licht, ihre Stimme führte Mat zurück. In andere Zeiten. Vor Ewigkeiten.
Sie schaute ihn an. »Und Mat. Der liebe Matrim. Ich wusste, dass du kommst, um mich zu holen. Ihr beide. Ich wünschte, ihr hättet es nicht getan, aber ich wusste, dass ihr es tut …«
»Ruh dich aus, Moiraine«, sagte Thom leise. »Wir sind in zwei Lautenschlägen hier raus.«
Mat schaute auf sie herunter, wie sie hilflos dort lag. »Soll man mich doch zu Asche verbrennen, ich werde es nicht so enden lassen!«
»Sie kommen, mein Junge«, sagte Thom. »Ich höre sie.«
Mat wandte den Kopf und blickte zum Türdurchgang. Er konnte sehen, was Thom gehört hatte. Die Aelfinn schlichen durch den Korridor, schlangenhaft und tödlich. Sie lächelten, und vorn in diesem Lächeln schimmerten reißzahnähnliche Eckzähne. Wären diese Reißzähne nicht gewesen, hätten sie Menschen sein können. Und natürlich diese Augen. Diese unnatürlichen geschlitzten Augen. Sie bewegten sich anmutig. Schrecklich, begierig.
»Nein«, flüsterte Mat.
Weitere Kostenlose Bücher