Das Rad der Zeit 13. Das Original: Mitternachtstürme (German Edition)
aus. »Zu den Waffen! Trollocs sind in Caemlyn. Die Stadt ist im Krieg! Männer, zu den Waffen! Verflucht, wir müssen es in die Stadt schaffen und diese Drachen retten! Sollten sie in die Hände des Schattens fallen, sind wir alle tot!«
Olver senkte den Brief in seiner Hand. Trollocs in Caemlyn? Das würde genau wie die Shaido in Cairhien sein, nur schlimmer.
Er eilte zurück in Mats Zelt, stolperte über den Teppich und warf sich neben seiner Schlafpritsche auf die Knie. Hastig zerrte er an der Seitennaht der Matratze. Durch die Öffnung drang die Wollfüllung heraus. Er griff hinein, tastete umher und zog das große Messer hervor, das er dort verborgen hatte. Es steckte in einer Lederscheide. Er hatte es von Bergevin stibitzt, einem der Quartiermeister der Bande, als der gerade einmal nicht hingesehen hatte.
Nach Cairhien hatte sich Olver geschworen, nie wieder ein Feigling zu sein. Er packte das große Messer so fest mit beiden Händen, dass seine Knöchel weiß hervortraten, dann rannte er aus dem Zelt.
Es war Zeit, zu kämpfen.
Barriga schwankte, als er an einem umgestürzten Baumstamm vorbeikroch. Aus seiner Stirn tropfte Blut zu Boden, und die dunkel gesprenkelten Nesseln schienen es aufzusaugen, sich von seinem Leben zu nähren. Mit zitternder Hand griff er nach der Stirn. Der Verband war durchgeblutet.
Keine Zeit für eine Rast. Keine Zeit! Er zwang sich wieder auf die Füße und eilte durch die braunen Korianderbüsche. Dabei bemühte er sich, die schwarzen Flecken auf den Pflanzen zu übersehen. Die Fäule, er hatte die Große Fäule betreten. Aber was hätte er sonst tun können? Die Trollocs tobten nach Süden; die Türme waren gefallen. Kandor selbst war gefallen.
Barriga stolperte und stürzte. Stöhnend wälzte er sich auf den Rücken. Er befand sich in einer Mulde zwischen zwei Hügeln nördlich vom Heeth-Turm. Seine ehemals schöne Kleidung – Mantel und Weste waren aus kostbarem Samt – war zerrissen und blutbefleckt. Er stank nach Qualm, und wenn er die Augen schloss, sah er die Trollocs. Wie sie seine Karawane überfielen und seine Diener und Soldaten abschlachteten.
Sie alle waren tot. Thum, Yang … beide tot. Beim Licht, sie alle waren tot .
Barriga erschauderte. Wie hatte es nur dazu kommen können? Er war bloß ein Kaufmann. Ich hätte auf Rebek hören sollen, dachte er. Hinter ihm stieg Qualm vom Heeth-Turm auf. Das war das Ziel seiner Karawane gewesen. Wie hatte das nur geschehen können?
Er musste in Bewegung bleiben. Osten. Er würde nach Arafel gehen. Die anderen Grenzlande würden nicht gefallen sein, oder doch?
Er stieg einen Hügel hinauf, zog sich an den kurzen Schlingpflanzen empor. Sie fühlten sich wie Würmer an. Ihm wurde schwindelig. Die Wolken am Himmel waren ein Sturm. Vor ihm erschienen drei Gestalten in Schwarz und Braun, die sich mit derselben Anmut bewegten. Myrddraal!
Nein. Er blinzelte Tränen und Blut aus den Augen. Nein, das waren keine Myrddraal. Es waren Männer, die rote Schleier vor dem Gesicht trugen. Sie gingen geduckt, überprüften das Gelände, trugen Kurzspeere auf dem Rücken.
»Dem Licht sei Dank«, flüsterte er. »Aiel.« Er war in Andor gewesen, als Rand al’Thor gekommen war. Jeder wusste, dass die Aiel dem Wiedergeborenen Drachen folgten. Er hatte sie gezähmt.
Ich bin in Sicherheit!
Einer der Aiel trat an Barriga heran. Warum war der Schleier des Mannes rot? Das war ungewöhnlich. Die dunklen Augen des Aiel waren ganz glasig. Der Mann nahm den Schleier ab und enthüllte ein lächelndes Gesicht.
Seine Zähne waren spitz zugefeilt. Sein Lächeln wurde breiter, und er zog ein Messer aus dem Gürtel.
Barriga stotterte, starrte den schrecklichen Rachen und die unverhohlene Begeisterung in den Augen des Mannes an, als er zum Todesstoß ausholte. Das waren keine Aiel. Sie waren etwas anderes.
Etwas Schreckliches.
Rand al’Thor, der Wiedergeborene Drache, saß friedlich in seinem Traum. Er atmete die kühle Luft. Weiße Wolken trieben sanft an ihm vorbei und küssten seine Haut mit ihrer Feuchtigkeit.
Sein Thron für die Nacht war ein flacher Felsen auf einem Berghang; durch die Wolken schaute er auf ein schmales Tal hinab. Das war nicht der reale Ort. Es war nicht einmal die Welt der Träume, dieser Ort, an dem er gegen die Verlorenen gekämpft hatte, dieser Ort, der angeblich so gefährlich sein sollte.
Nein, es handelte sich um einen seiner eigenen ganz normalen Träume. Er kontrollierte sie jetzt. Sie waren ein Ort, an dem er
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