Das Rad der Zeit 5. Das Original: Die Feuer des Himmels (German Edition)
Er fragte sich, wer sie wohl seien oder gewesen waren. Äußerliche Schönheit reichte Graendal bei ihren Dienern nicht aus; sie mussten auch Macht besitzen und hochstehende Persönlichkeiten gewesen sein. Einen früheren Lord als Lakai und eine Lady, die ihr das Bad richtete, so etwas gefiel Graendal. Sich damit zu amüsieren war ja auch schön und gut, doch sie verschwendete zu viel gutes Material. Wenn man sie richtig manipulierte, konnte dieses Paar von großem Nutzen sein, aber Graendal verlangte solche Hingabe von ihnen, dass sie nun wenig mehr als bloße Dekoration waren. Der Frau fehlte echtes Fingerspitzengefühl.
»Sollte ich mehr erwarten, Lanfear?«, grollte er. »Habt Ihr Demandred davon überzeugt, dass er doch nicht der Alleinerbe des Großen Herrn ist?«
»Ich bezweifle, dass er derart arrogant ist«, antwortete Lanfear verbindlich. »Er sieht ja, was das Ishamael eingebracht hat. Und das ist auch das Wesentliche. Graendal hat das vor einiger Zeit treffend ausgedrückt. Einst waren wir dreizehn Unsterbliche. Nun sind vier tot und einer hat uns verraten. Wir vier sind alle, die heute zusammentreffen, und das muss eben reichen.«
»Seid Ihr sicher, dass Asmodean zum Überläufer geworden ist?«, wollte Sammael wissen. »Er hatte doch sonst nicht den Mut, ein Risiko einzugehen. Woher hat er nun die Entschlossenheit, sich einer zum Scheitern verurteilten Sache anzuschließen?«
Lanfears kurzes Lächeln wirkte ausgesprochen amüsiert. »Er hatte den Mut, einen Hinterhalt zu legen, der ihn im Falle eines Erfolgs über uns alle gestellt hätte. Und als er vor der Wahl stand, entweder zu sterben, oder sich einer zum Scheitern verurteilten Sache anzuschließen, war nicht mehr viel Mut notwendig, um sich für letztere zu entscheiden.«
»Und er hat es sich wohl auch kaum lange überlegen müssen, wette ich.« Die Narbe ließ Sammaels höhnische Grimasse noch beißender erscheinen. »Wenn Ihr nahe genug wart, um das alles zu wissen, warum habt Ihr ihn dann am Leben gelassen? Ihr hättet ihn töten können, bevor er überhaupt wusste, dass Ihr in der Nähe wart.«
»Ich töte nicht so schnell wie Ihr. Es ist zu endgültig, ausweglos, und für gewöhnlich gibt es andere und profitablere Lösungen. Außerdem, um es in Eurer Sprache auszudrücken, wollte ich keinen Frontalangriff auf überlegene Kräfte beginnen.«
»Ist er wirklich so stark?«, fragte Rahvin leise. »Dieser Rand al’Thor. Hätte er Euch in offener Auseinandersetzung überwältigen können?« Nicht, dass er oder Sammael das nicht gekonnt hätten, obwohl bei einem Versuch ihrerseits Graendal vermutlich mit Lanfear eine Verknüpfung eingegangen wäre. Was das betraf, waren beide Frauen höchstwahrscheinlich bis zum Bersten mit der Macht angefüllt und bereit, beim geringsten Verdacht sofort gegen einen der Männer loszuschlagen. Oder auch gegeneinander. Aber dieser Bauernbursche. Ein unausgebildeter Schafhirte! Unausgebildet, außer, falls Asmodean sich nun darum bemühte.
»Er ist der wiedergeborene Lews Therin Telamon«, sagte Lanfear genauso leise, »und Lews Therin war ebenso stark.« Sammael rieb sich geistesabwesend die Narbe in seinem Gesicht. Die hatte er Lews Therin zu verdanken. Das war mehr als dreitausend Jahre her, vor der Zerstörung der Welt, bevor der Große Herr in den Kerker gesperrt wurde, vor so schrecklich langer Zeit, doch Sammael vergaß so etwas nie.
»Na so etwas«, stellte Graendal fest, »da wären wir doch tatsächlich bei dem Thema angelangt, das wir hier besprechen wollten.«
Rahvin zuckte leicht verärgert zusammen. Die beiden Diener waren immer noch erstarrt – oder vielleicht auch wieder. Sammael knurrte etwas in sich hinein.
»Wenn dieser Rand al’Thor wirklich der wiedergeborene Lews Therin Telamon ist«, fuhr Graendal fort, wobei sie sich auf den Rücken des hinter ihr auf allen vieren knienden Mannes setzte, als sei er eine Sitzbank, »dann bin ich überrascht, dass Ihr nicht versucht habt, ihn in Euer Bett zu locken, Lanfear. Oder ist das vielleicht gar nicht so einfach? Ich erinnere mich dunkel daran, dass Lews Therin Euch an der Nase herumgeführt hat, und nicht Ihr ihn. Hat Eure kleinen Wutanfälle abgewürgt und Euch dafür durch die Gegend gescheucht, wenn man so will.« Sie stellte ihr Weinglas auf das Tablett, das ihre blicklos am Boden kniende Dienerin immer noch steif in der Hand hielt. »Ihr wart so besessen von ihm, dass Ihr Euch am Boden ausgestreckt hättet, wenn er nur das Wort
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