Das Rad der Zeit 5. Das Original: Die Feuer des Himmels (German Edition)
würden. Die Aes Sedai konnten sich wohl sehr gut verteidigen, aber wenn Niall eine ganze Legion über den Fluss schicken würde, müssten doch viele dieser Frauen sterben. Falls er noch in der Lage war, einzuschätzen, wie lange ein Baumstumpf der Luft ausgesetzt gewesen war, war dieser Ort hier noch vor zwei Monaten im tiefen Wald begraben gewesen. Wo war Mara denn nun wieder hineingeraten? Er war sicher, sie hier vorzufinden. Die Männer in den Dörfern hatten sich sehr wohl an drei hübsche, junge Frauen erinnert, die gemeinsam weiterzogen, und ganz besonders, da eine von ihnen nach dem Weg zu einem seit dem Weißmantelkrieg verlassenen Ort gefragt hatte.
Der Behüter, ein großer Mann mit breitem Gesicht, dem Bart nach aus Illian stammend, pflanzte sich auf der Straße vor Brynes braunem Wallach auf und verbeugte sich. »Lord Bryne? Ich heißen Nuhel Dromand. Wenn Ihr mit mir kommen? Es warten welche auf Euch, die sprechen wollen Euch.«
Bryne stieg langsam ab, zog die Handschuhe aus und steckte sie hinten in den Schwertgurt, während er sich im Ort umsah. Der einfache bräunliche Mantel, den er nun trug, war viel besser für eine Reise dieser Art geeignet als der grauseidene, mit dem er losgeritten war. Er hatte ihn weggegeben. Aes Sedai, Behüter und andere beobachteten ihn schweigend, doch selbst jene, die bestimmt nur Diener waren, wirkten nicht überrascht. Und Dromand kannte seinen Namen. Sein Gesicht war ihnen nicht unbekannt, doch er vermutete noch mehr dahinter. Falls Mara eine – falls sie Agentinnen der Aes Sedai waren, änderte das nichts an dem Eid, den sie geleistet hatten. »Geht voran, Nuhel Gaidin.« Falls Nuhel über diese Anrede überrascht war, zeigte er das jedenfalls nicht.
Die Schenke, in die ihn Dromand führte – oder was von einer Schenke übriggeblieben war –, wirkte eher wie das Hauptquartier für einen Feldzug, so viel Geschäftigkeit herrschte hier. Zumindest, falls jemals ein Feldzug von Aes Sedai geleitet wurde. Er entdeckte Serenla, bevor sie ihn sah. Sie saß mit einem großen Mann zusammen in einer Ecke. Das war wahrscheinlich Dalyn. Als sie ihn sah, klappte ihre Kinnlade herunter, und sie presste die Augen zusammen, als glaube sie ihnen nicht. Dalyn schien mit offenen Augen zu schlafen. Er blickte ins Leere. Keine der Aes Sedai und der Behüter nahm von ihm Notiz, als Dromand ihn durch den Raum führte, aber Bryne hätte sein Herrenhaus und seine Ländereien verwettet, dass jeder von ihnen zehnmal so viel Einzelheiten entdeckt hatte als alle glotzenden Diener zusammengenommen. Er hätte umdrehen und wegreiten sollen, als ihm klargeworden war, wer sich in diesem Dorf aufhielt.
Er musterte seine Gegenüber sehr sorgfältig und merkte sich alles, während er sich bei der Vorstellung durch den Behüter vor den sechs am Tisch sitzenden Aes Sedai verbeugte, denn nur ein Narr benahm sich in Gegenwart von Aes Sedai unvorsichtig. Aber seine Gedanken galten den beiden jungen Frauen, die an der Wand neben dem frisch ausgefegten Kamin standen und einen bedrückten Eindruck machten. Das kleine Domanibiest mit dem biegsamen Körper lächelte ihn ausnahmsweise einmal eher zitternd als verführerisch an. Auch Mara wirkte verängstigt, beinahe zu Tode erschrocken, hätte er sogar gesagt, aber diese blauen Augen blickten trotzdem noch trotzig in die seinen. Das Mädchen hatte den Mut eines Löwen.
»Wir sind erfreut, Euch zu sehen, Lord Bryne«, sagte die Aes Sedai mit dem Flammenhaar. Nur ein wenig mollig und mit schrägstehenden Augen war sie hübsch genug, um jeden Mann genauer hinsehen zu lassen, und das trotz des Ringes der Großen Schlange an ihrem Finger. »Würdet Ihr uns bitte mitteilen, was Euch hierherführt?«
»Natürlich, Sheriam Sedai.« Nuhel stand gleich neben ihm, aber Bryne konnte sich nicht vorstellen, welche Art von Frauen weniger Schutz vor einem alten Soldaten benötigten als diese hier. Er war sicher, dass sie den Grund bereits kannten, und als er ihre Mienen beobachtete, während er die Geschichte erzählte, sah er das auch bestätigt. Aes Sedai ließen sich nichts anmerken, wenn sie das nicht wollten, aber zumindest eine von ihnen hätte eine Regung gezeigt, als er den Eid erwähnte, wenn sie nicht schon vorher Bescheid gewusst hätten.
»Eine schlimme Geschichte, die Ihr da erzählt, Lord Bryne.« Das war diese Anaiya. Alterslose Züge oder nicht, sie sah jedenfalls wie eine glückliche, wohlhabende Bauersfrau aus und nicht wie eine Aes Sedai. »Und doch
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