Das Rad der Zeit 5. Das Original: Die Feuer des Himmels (German Edition)
verglich. Männer in grober Kleidung – keine Aiel – luden schwitzend Dinge auf Wagen, die eine kleine, schlanke Frau in reinster blauer Seide ausgewählt hatte. Hoch aufgerichtet glitt sie von einem Punkt zum nächsten, als mache ihr die Hitze keineswegs so viel aus wie all den anderen. Trotzdem, selbst sie trug ein feuchtes, weißes Tuch um die Schläfen und beherrschte sich lediglich, um die Auswirkungen der Hitze nicht so deutlich zu zeigen. Rand hätte von hier oben aus wetten können, dass sie nicht einmal schwitze.
Der Vorarbeiter war ein dunkler, massiger Mann namens Hadnan Kadere, angeblich ein fahrender Händler, der ganz in beige Seide gekleidet war. Heute allerdings war seine Kleidung schweißdurchnässt. Er wischte sich ständig mit einem großen Taschentuch übers Gesicht und schrie den Männern – seinen Wagenfahrern und Leibwächtern – Flüche zu, doch er sprang genauso schnell und packte mit zu wie die anderen, wenn die schlanke Frau auf etwas deutete, ob groß oder klein. Aes Sedai mussten nicht groß sein, um anderen ihren Willen aufzuzwingen, aber Rand glaubte, Moiraine würde das auch fertigbringen, wenn sie niemals in der Weißen Burg gewesen wäre.
Zwei der Männer versuchten gerade, einen Gegenstand aufzuladen, der wie ein seltsam verdrehter Türrahmen aus Sandstein wirkte. Die Ecken stimmten irgendwie nicht überein, und das Auge weigerte sich, den scheinbar geraden senkrechten Linien zu folgen. Das Ganze blieb immer aufrecht. Sie konnten es drehen, wie sie wollten, doch kippen ließ es sich nicht, damit sie es leichter beim Aufladen gehabt hätten. Dann rutschte einer der beiden Männer aus und stürzte bis zur Hüfte in die Türöffnung hinein. Rand verkrampfte sich. Einen Augenblick lang schien der Oberkörper des Mannes nicht mehr zu existieren, und seine Beine zuckten in wilder Panik. Bis Lan, ein hochgewachsener Mann, in unauffällige Grünschattierungen gekleidet, heranschritt und ihn am Gürtel wieder heraushievte. Lan war Moiraines Behüter, auf eine Art, deren Wirkungsweise Rand nicht ganz verstand, an die Aes Sedai gebunden. Er war ein harter Mann, der sich wie ein Aiel bewegte, wie ein jagender Wolf. Das Schwert an seiner Hüfte schien nicht nur ein Teil von ihm zu sein, es war ein Teil seiner selbst. Er ließ den Arbeiter mit dem Hinterteil zuerst auf die Pflastersteine fallen und dort sitzen. Die angsterfüllten Schreie des Burschen drangen dünn und klagend bis zu Rand hinauf, und sein Kamerad war wohl auf dem Sprung, einfach wegzulaufen. Mehrere von Kaderes Männern, die nahe genug gewesen waren, um alles zu beobachten, blickten sich gegenseitig an und wogen wohl ihre Chancen ab.
Moiraine stand jedoch derart schnell zwischen ihnen, als habe sie die Macht dazu benützt, sich unter sie zu begeben, und bewegte sich elegant von einem zum anderen. Von ihren Gesten konnte Rand beinahe ablesen, welche kühlen, beherrschenden Anweisungen sie den Männern gab, so erfüllt von dem sicheren Bewusstsein, sie würden ihnen nachkommen, dass überhaupt kein Zweifel daran aufkommen konnte. So knüppelte sie jeden Widerspruch nieder, zerstampfte alle Einwände und jagte jeden Einzelnen zurück an seine Arbeit. Das Paar mit dem Türrahmen zerrte und schob bald wieder wie vorher, wenn sie auch gelegentlich Moiraine Seitenblicke zuwarfen, in Momenten, wo sie glaubten, sie sehe nicht her. Auf ihre Art war sie sogar noch härter als Lan.
Soweit Rand wusste, waren all diese Artefakte entweder Angreale oder Sa’angreale oder Ter’angreale , die vor der Zerstörung der Welt angefertigt worden waren, um die Eine Macht zu verstärken oder auf verschiedene Arten zu benützen. Sicher hatte man sie mithilfe der Macht angefertigt, aber selbst die Aes Sedai wussten heute nicht mehr, wie man solche Dinge herstellt. Bei dem verdrehten Türrahmen wusste er ja über den Gebrauch Bescheid – eine Tür in eine andere Welt –, aber was die anderen betraf, hatte er keine Ahnung. Keiner wusste das. Deshalb arbeitete Moiraine so hart, um so viele davon wie möglich zur Weißen Burg zu schaffen, damit man sie dort untersuchen konnte. Es war durchaus möglich, dass sich selbst in der Burg nicht so viele Angreale befanden, wie hier auf dem Platz verstreut lagen, obwohl doch dort angeblich die größte Sammlung der Welt aufbewahrt wurde. Und auch bei denen wussten die Aes Sedai nur von einigen wenigen, wie sie zu gebrauchen seien.
Was sich bereits in den Wagen befand oder auf dem Pflaster verstreut
Weitere Kostenlose Bücher