Das Rad der Zeit 5. Das Original: Die Feuer des Himmels (German Edition)
gleichzeitig auch noch andere Stränge zu weben, aber Elayne wusste nicht, warum dies so war. Ohnehin schien sie mehr daran interessiert, wie man die beiden hergestellt hatte, und sie war alles andere als froh darüber, dass sie ihre Geheimnisse nicht so leicht preisgaben wie der A’dam . Nicht zu wissen, warum etwas so war, ließ ihr noch immer keine Ruhe.
Einmal probierte Nynaeve auch einen der beiden aus, zufällig in jener Nacht, in der sie Egwene treffen sollten, gleich nachdem sie Boannda wieder verlassen hatten. Sie wäre nicht zornig genug gewesen, hätte es da nicht etwas gegeben, was sie immer wieder in höchstem Maße verärgerte: Männer.
Es hatte mit Neres angefangen. Der stampfte auf dem Deck herum, als die Sonne sank, und knurrte etwas in sich hinein, dass man seine Fracht gestohlen habe. Natürlich ignorierte sie ihn. Dann sagte Thom, der sein Bett am Fuß des hinteren Masts bereitete, leise: »Er hat nicht unrecht.«
Es war offensichtlich, dass er sie in dem verblassenden Leuchten der untergehenden Sonne nicht gesehen hatte, genau wie Juilin, der neben ihm kauerte. »Er ist wohl Schmuggler, aber für diese Waren hatte er bezahlt. Nynaeve hatte kein Recht, sie einfach mit Beschlag zu belegen.«
»Die verdammten Rechte einer Frau sind, was sie verdammt noch mal will.« Uno lachte. »Das sagen jedenfalls die Frauen in Shienar.«
In dem Augenblick entdeckten sie Nynaeve und verstummten, wie immer zu spät. Uno rieb sich die Wange; die ohne Narbe. Er hatte an diesem Tag seine Bandage abgenommen, und ihm war nun klar, was geschehen sein musste. Ihr war, als blicke er verlegen drein. Das war bei den schnell wandernden Schatten schwer zu sagen, aber die beiden anderen zeigten überhaupt keinen Ausdruck.
Natürlich tat sie ihnen nichts, sondern stolzierte nur mit festem Griff an ihrem Zopf davon. Sie schaffte es sogar, genauso indigniert die Leiter hinabzuklettern. Elayne hatte bereits die Eisenscheibe in der Hand. Der dunkle Holzkasten stand offen auf dem Tisch. So nahm Nynaeve einfach die gelblich-braune Anstecknadel mit der schlafenden Frau darin. Sie fühlte sich glatt und weich an, gar nicht wie etwas, das sogar Metall ritzen konnte. Bei dem Zorn, der in ihr loderte, war Saidar wie ein warmes Glühen, das hinter ihr gerade außerhalb ihres Gesichtsfeldes glomm. »Vielleicht kann ich etwas darüber herausfinden, warum dich dieses Ding höchstens ein paar Kleinigkeiten weben lässt, aber nichts Gescheites.«
Und so fand sie sich im Herz des Steins wieder und webte einen Strang aus Geist in die Fibel, die hier in Tel’aran’rhiod in ihrer Gürteltasche verstaut war. Wie sie das sehr häufig in der Welt der Träume tat, trug Elayne ein Abendkleid, wie es auch an den Hof ihrer Mutter gepasst hätte: grüne Seide, um den Ausschnitt herum mit Gold bestickt, und dazu ein Kollier und aus Goldgliedern zusammengefügte und mit Mondsteinen verzierte Armreifen. Doch diesmal entdeckte Nynaeve zu ihrer Verblüffung, dass auch sie etwas ganz Ähnliches trug, wenn auch ihr Haar zum Zopf geflochten und von seiner natürlichen Farbe war, anstatt lose die Schultern zu umspielen. Ihr Kleid war hellblau und mit Silber bestickt, nicht ganz so tief ausgeschnitten wie Lucas Kleider, aber doch tiefer, als dass sie hätte glauben mögen, dass dies ihre Wahl war. Wenn schon. Ihr gefiel das Schimmern des großen Edelsteins, der an einer silbernen Kette zwischen ihren Brüsten hing. Egwene würde es schwerfallen, jemanden einzuschüchtern, der so angezogen war. Allerdings war das bestimmt nicht der Grund gewesen, weshalb sie sich so gekleidet hatte, nicht einmal unbewusst.
Nun wurde ihr auch sofort klar, was Elayne damit gemeint hatte, sie habe nichts bemerkt. In ihren eigenen Augen erschien sie selbst nicht anders als die andere, die den verdrehten Steinring irgendwie in ihre Halskette verflochten trug, doch Elayne sagte, diesmal wirke sie … nebelhaft. Genauso nebelhaft spürte sie auch Saidar , bis auf den Strang aus Geist den sie gewoben hatte, als sie noch wach war. Alles andere aber war durchscheinend, und selbst die niemals klar sichtbare Wärme der Wahren Quelle erschien ihr gedämpft. Ihr Zorn war gerade noch heftig genug, um nach der Macht greifen zu können. Der Ärger über die Männer verflog wohl langsam angesichts dieses Rätsels, aber das Rätsel selbst war wiederum Ärgernis genug. Dabei spielte es gar keine Rolle, dass sie sich dagegen wappnete, Egwene wieder zu begegnen. Es gab überhaupt keinen Grund,
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