Das Rad der Zeit 5. Das Original: Die Feuer des Himmels (German Edition)
Baugerüste ließen auf rege Geschäftigkeit schließen. Irgendjemand baute gleich außerhalb des Dorfes ein sehr großes Haus mit drei weitgeschwungenen Stockwerken, und auf dem Anger hatte man einen fünf Schritt hohen Steinsockel aufgestellt, in den rundherum Namen eingehauen waren. Eine Menge davon kannte sie. Die meisten stammten von den Zwei Flüssen. Auf jeder Seite dieses – Gedenksteins? – stand ein Flaggenmast. An einem hing eine Flagge mit einem roten Wolfskopf, am anderen eine mit einem roten Adler. Alles wirkte wohlhabend und glücklich, soweit sie das in Abwesenheit der Menschen beurteilen konnte, aber es ergab keinen Sinn. Was beim Licht hatten diese Flaggen zu bedeuten? Und wer würde denn hier ein solches Haus erbauen?
Sie huschten hinüber zur Weißen Burg und in Elaidas Arbeitszimmer. Nichts hatte sich dort geändert, abgesehen davon, dass jetzt nur noch ein halbes Dutzend Hocker im Halbkreis vor Elaidas Schreibtisch standen. Und das Triptychon mit Gemälden um Bonwhin war verschwunden. Das Bild von Rand war immer noch da. Ein Riss im Leinen, genau auf Rands Gesicht, als habe jemand etwas danach geworfen, war nur flüchtig ausgebessert worden.
Sie überflogen die Papiere in dem lackierten Kästchen mit den goldenen Falken und auch diejenigen auf dem Tisch der Bewahrerin im Vorzimmer. Dokumente und Briefe veränderten sich, während sie alles durchsahen, aber sie erfuhren doch einiges an Neuem. Elaida wusste, dass Rand die Drachenmauer in Richtung Cairhien überquert hatte, aber es gab keinen Hinweis darauf, welche Maßnahmen sie daraufhin treffen wollte. Ein zorniger Brief, in dem sie alle Aes Sedai aufforderte, unverzüglich zur Burg zurückzukehren, soweit sie keine anderslautenden Befehle von ihr hätten. Elaida schien überhaupt auf sehr vieles zornig zu sein, etwa darauf, dass so wenige Schwestern nach ihrem Amnestieangebot zurückgekehrt waren, dass die meisten ihrer Augen-und-Ohren in Tarabon nach wie vor schwiegen, dass Pedron Niall noch immer seine Weißmäntel nach Amadicia zurückrief, obwohl sie nicht wusste, aus welchem Grund, und dass Davram Bashere nach wie vor unauffindbar war, obwohl er doch ein ganzes Heer bei sich hatte. Jedes Schriftstück von ihrer Hand war oberhalb des Siegels von Wut erfüllt. Nichts davon schien von besonderem Nutzen oder Interesse, abgesehen vielleicht von der Nachricht in Bezug auf die Weißmäntel. Nicht, dass ihnen von dieser Seite her Gefahr drohte, solange sie sich auf der Wasserschlange befanden.
Als sie in ihre Körper auf dem Schiff zurückkehrten, schwieg Elayne, während sie sich von dem Stuhl erhob und die Scheibe in den Kasten zurücklegte. Ohne weiter nachzudenken, stand auch Nynaeve auf und half ihr aus dem Kleid. Birgitte ging nach oben, als sie zusammen ins Bett kletterten. Sie habe vor, gleich oben neben dem Kabinenaufgang zu schlafen, sagte sie.
Elayne benützte die Macht, um die Lampe zu löschen. Nachdem sie eine Weile im Dunklen gelegen hatten, sagte sie. »Der Palast erschien mir so … leer, Nynaeve. Es war ein solches Gefühl von Leere …«
Nynaeve hatte keine Ahnung, wie etwas in Tel’aran’rhiod anders wirken könne. »Es lag an dem Ter’angreal , den du benützt hast. Du hast beinahe durchscheinend auf mich gewirkt.«
»Also, ich habe davon nichts bemerkt.« Elaynes Antwort klang allerdings ein wenig schroff, und so legten sie sich endgültig zum Schlafen zurecht.
Nynaeve hatte sich noch sehr lebhaft an die Ellbogen der anderen Frau erinnert, aber sie konnten ihr die gute Laune nicht rauben, genauso wenig wie Elaynes gemurmelte Klage, sie habe wirklich kalte Füße. Sie hatte es vollbracht. Vielleicht war es etwas anderes, nur zu vergessen, dass man sich eigentlich fürchtete, anstatt sich wirklich zu fürchten, aber immerhin war sie in die Welt der Träume zurückgegangen. Vielleicht würde sie eines Tages wieder den Mut finden, ihre Angst zu überwinden.
Einmal begonnen, war es leichter, weiterzumachen, als aufzuhören. Jede Nacht nun betraten sie gemeinsam Tel’aran’rhiod und besuchten jedes Mal die Burg, um zu erfahren, was immer nur möglich war. Es gab nicht viel; höchstens den Befehl, eine Abgesandte nach Salidar zu schicken, um die Aes Sedai dort zur Rückkehr in die Burg aufzufordern. Allerdings war diese Einladung – soweit Nynaeve sie noch lesen konnte, bevor sie sich zu einem Bericht veränderte, wie man künftige Novizinnen auf die richtigen politischen Anschauungen überprüft hatte, was immer
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