Das Rad der Zeit 5. Das Original: Die Feuer des Himmels (German Edition)
das bedeuten mochte –, war also diese Einladung schon mehr eine Aufforderung, diese Aes Sedai sollten sich augenblicklich Elaida unterwerfen und dankbar sein, dass man ihnen das überhaupt gestattete. Trotzdem war das immerhin die Bestätigung, dass sie kein Phantom jagten. Das Schwierige an all den anderen fragmentarischen Papieren war, dass sie einfach nicht genug wussten, um sich den Rest zusammenreimen zu können. Wer war eigentlich dieser Davram Bashere, und warum wollte ihn Elaida unbedingt finden? Warum hatte Elaida das strikte Verbot ausgegeben, den Namen Mazrim Taims, des falschen Drachen, zu erwähnen? Es wurden sogar strenge Strafen dafür angedroht. Warum hatten Königin Tenobia von Saldaea und König Easar von Shienar ihr Briefe geschrieben, in denen sie sich höflich, aber energisch dagegen verwahrten, dass sich die Weiße Burg in ihre Angelegenheiten einmische? Das alles brachte Elayne dazu, wieder einen von Linis Sprüchen zu murmeln: »›Um zwei zu kennen, musst du erst einmal einen kennen.‹« Nynaeve konnte ihr nur zustimmen.
Von den Ausflügen in Elaidas Arbeitszimmer abgesehen, arbeiteten sie vor allem daran, sich selbst und ihre Umgebung in der Welt der Träume besser beherrschen zu lernen. Nynaeve wollte sich nicht noch einmal so erwischen lassen wie von Egwene und den Weisen Frauen. Sie bemühte sich, nicht an Moghedien zu denken. Viel besser, sich auf die Weisen Frauen zu konzentrieren.
Sie waren nicht in der Lage, herauszufinden, was Egwene in Samara unternommen hatte, um in ihren Träumen zu erscheinen. Sie zu rufen führte zu nichts, außer dem zunehmenden Gefühl, beobachtet zu werden, und Egwene tauchte auch nicht wieder auf diese Weise auf. Es war auch unglaublich frustrierend, wenn man versuchte, jemanden in Tel’aran’rhiod festzuhalten, selbst dann, als Elayne auf die Lösung gestoßen war, nämlich den anderen einfach als Teil des Traums zu betrachten. Elayne schaffte das schließlich auch, wozu ihr Nynaeve süßsäuerlich gratulierte, aber Nynaeve brauchte noch tagelang dazu. Elayne hätte genauso gut wirklich aus diesem feinen Dunst bestehen können, wie Nynaeve sie sah; so konnte sie sich lächelnd verflüchtigen, wann immer sie wollte. Als Nynaeve es endlich schaffte, Elayne dort festzuhalten, strengte sie das an, als müsse sie einen Felsklotz aufheben.
Phantastische Blumen oder andere Formen zu erschaffen, indem man sie sich einfach vorstellte, machte viel mehr Spaß. Die dazu notwendige Anstrengung schien davon abhängig zu sein, wie groß das Ding war und ob es wirklich hätte existieren können. Bäume, die nur so von eigenartig geformten Blüten in Rot und Gold und Purpur strotzten, waren schwerer zu erschaffen als beispielsweise ein Standspiegel, in dem man betrachten konnte, was man mit der eigenen Kleidung angefangen oder was die andere daran verändert hatte. Ein schimmernder Kristallpalast, der sich plötzlich aus dem Boden erhob, war noch schwieriger, und wenn er sich auch fest anfühlte, so veränderte er sich trotzdem jedes Mal, wenn das Bild schwankte, das man von ihm im Kopf hatte, und er verschwand, wenn sich die Vorstellung im Geist verflüchtigte. Sie einigten sich bedrückt darauf, die Finger von Tieren zu lassen, nachdem ein seltsames Wesen, beinahe wie ein Pferd mit einem Horn auf der Nase, sie beide einen Hügel hinauftrieb, bevor sie es verschwinden lassen konnten. Das hätte beinahe einen neuen Krach zwischen ihnen ausgelöst, da jede behauptete, die andere habe das Wesen erschaffen; doch dann hatte sich Elayne so weit erholt, dass sie zu kichern anfing, weil sie sich vorstellte, wie dumm sie beide vermutlich ausgesehen hatten, wie sie da mit gerafften Röcken den Hang hinaufgerannt waren und dem Ding hinter ihnen zugeschrien hatten, es solle endlich verschwinden. Nicht einmal Elaynes sture Weigerung, zuzugeben, dass sie die Schuldige gewesen war, vermochte Nynaeves Gekicher zu beenden.
Elayne wechselte zwischen der Eisenscheibe und der offensichtlich aus Bernstein bestehenden Fibel mit dem Bildnis der schlafenden Frau darin, aber eigentlich benützte sie die beiden Ter’angreale nur ungern. So hart sie auch mit ihnen arbeitete, fühlte sie sich doch nie so ganz in Tel’aran’rhiod wie mit dem Ring. Und man musste mit beiden wirklich arbeiten , denn es war nicht möglich, den Strang aus dem Element Geist abzubinden; man wäre vielmehr augenblicklich wieder aus der Welt der Träume hinausgeworfen worden. Es schien fast unmöglich,
Weitere Kostenlose Bücher