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Das Rad der Zeit 6. Das Original: Herr des Chaos (German Edition)

Das Rad der Zeit 6. Das Original: Herr des Chaos (German Edition)

Titel: Das Rad der Zeit 6. Das Original: Herr des Chaos (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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Nicola fuhr zusammen. Nynaeve hätte einen Triumph empfunden, wäre sie selbst nicht genauso zusammengezuckt. Normalerweise unterschieden sich die Augen der kräftigen Grauen in nichts von denen anderer Aes Sedai, richteten sie sich jedoch so aufmerksam auf jemand, dann schien nichts anderes mehr auf der Welt zu existieren als eben diejenige, die so angeblickt wurde. Manche behaupteten sogar, Delana habe so viel Erfolg als Vermittlerin, weil beide Seiten ihr gewöhnlich nur deshalb zustimmten, damit sie aufhörte, sie auf diese Art anzustarren. Unter diesem Blick fühlte man sich schuldbewusst, obwohl man gar nichts angestellt hatte. Die Liste ihrer Sünden, die Nynaeve in diesem Augenblick durch den Kopf schoss, ließ ihren Knicks ganz unbewusst genauso unterwürfig wirken wie den Nicolas.
    »Ach«, sagte Janya und blinzelte, als seien sie aus dem Nichts erschienen, »da seid Ihr ja.«
    »Entschuldigt, dass ich so spät komme«, sagte Nynaeve schnell. Sollte Nicola doch hören, was sie wollte. Delana starrte sie jetzt an und nicht Nicola. »Ich habe gar nicht an die Zeit gedacht, und …«
    »Unwichtig.« Delanas Stimme klang tief für eine Frau, und ihr Dialekt schien wie ein kehliges Echo von Unos shienarischem Flair. Außerdem war die Stimme ungewöhnlich melodiös für eine so rundliche Frau, aber Delana wirkte auch sonst erstaunlich elegant. »Nicola, fort mit Euch. Bis zu Eurer nächsten Unterrichtsstunde werdet Ihr Botengänge für Faolain erledigen.« Nicola verschwendete keine Zeit, knickste noch einmal und eilte hinaus. Vielleicht hätte sie gern mit angehört, was die Aes Sedai Nynaeve wegen ihrer Verspätung sagen würden, aber niemand ging in Gegenwart von Aes Sedai ein Risiko ein.
    Es wäre Nynaeve egal gewesen, und hätte Nicola auch in diesem Augenblick Flügel ausgebreitet. Ihr war gerade eben bewusst geworden, dass sich auf dem Esstisch der Aes Sedai weder Tintenfass noch Sandschälchen, weder Feder noch Papier befanden. Nichts von dem, was sie zur Arbeit benötigen würde. Hätte sie diese Utensilien vielleicht selbst mitbringen sollen? Delana starrte sie immer noch an. Die Frau blickte doch sonst niemals so lange auf den gleichen Fleck! Sie blickte überhaupt nichts auf diese Art an, außer, sie hatte einen besonderen Grund dafür.
    »Hättet Ihr gern gekühlten Pfefferminztee?«, fragte Janya, und nun war Nynaeve damit an der Reihe, die Augen verblüfft aufzureißen. »Ich finde Tee wohltuend. Meiner Erfahrung nach fördert er die Gespräche.« Ohne auf eine Antwort zu warten, füllte die Braune Schwester, die so sehr wie ein Vogel wirkte, verschiedenartige Teetassen aus einer blau gestreiften Teekanne, die auf dem niedrigen Nebentischchen stand. Statt des einen Tischbeins hatte man einen Stein untergelegt. Die Aes Sedai hatten wohl mehr Platz, doch ihre Einrichtung war genauso ärmlich. »Delana und ich haben beschlossen, dass unsere Aufzeichnungen auch ein andermal noch niedergeschrieben werden können. Stattdessen werden wir uns unterhalten. Honig? Ich nehme auch lieber keinen. Diese Süße nimmt dem Tee allen Geschmack. Doch junge Frauen bestehen gewöhnlich auf ihrem Honig. Welch wunderbare Dinge habt Ihr doch vollbracht. Ihr und Elayne.« Ein lautes Räuspern ließ sie fragend Delana anblicken. Nach kurzem Zögern bemerkte Janya dann nur: »Ach. Ja.«
    Delana hatte einen der Stühle, die sonst am Tisch standen, mitten auf den kahlen Fußboden gestellt, einen Stuhl mit einer Sitzfläche aus Korbgeflecht. Einen einzigen. Von dem Augenblick an, als Janya eine ›Unterhaltung‹ erwähnt hatte, war Nynaeve klar gewesen, dass dies keineswegs alles sein würde. Delana deutete auf den Stuhl, und Nynaeve setzte sich ganz vor auf die Kante, wobei sie eine Tasse Tee auf einer angeschlagenen Untertasse von Janya entgegennahm und murmelte: »Danke schön, Aes Sedai.« Sie musste nicht lange warten.
    »Berichtet uns von Rand al’Thor«, sagte Janya. Sie schien mehr sagen zu wollen, doch Delana räusperte sich erneut, woraufhin Janya blinzelte und nur noch schweigend an ihrem Tee nippte. Sie standen jede an einer Seite von Nynaeves Stuhl. Delana sah sie an, seufzte dann und ließ mithilfe der Macht die dritte Tasse durch den Raum in ihre eigene Hand schweben. Daraufhin fixierte sie Nynaeve wieder mit einem Blick, der Löcher in ihren Kopf zu bohren schien, während Janya gedankenverloren wirkte und sie möglicherweise überhaupt nicht richtig sah.
    »Ich habe Euch bereits alles gesagt, was ich

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