Offensive Minotaurus
1.
Er war jung und intelligent. Die Ausbildung hatte er mit der Note »sehr gut« abgeschlossen. Seine Kollegen schätzten ihn als Mitarbeiter und Freund.
Auch ich hegte große Sympathien für den blonden Thermodynamiker. Deshalb stand ich vor einem Rätsel, als ich merkte, daß er den Versuch machte, die modernste Raumstation der Menschheit in einen Trümmerhaufen zu verwandeln.
Dr. Helt Taffit hatte sich entschlossen, seine Mikrobombe zwischen den Dämpfungselementen des neuen MHD-Generators einzubauen. Vor wenigen Augenblicken hatte Taffit den Druckhelm seines Raumanzuges in die Halterungen einrasten lassen.
Ich hatte keine Schutzkleidung angelegt, obwohl es verboten war, die schwerelose Zone im Nabensektor der Station ohne Raumanzug aufzusuchen. Mir war keine Zeit geblieben, die Vorschriften zu beachten. Helt Taffit hatte zu schnell gehandelt.
Ich trat hinter der Schleusenpumpe hervor und stemmte Füße und Rücken gegen die Wandungen, um ein Abtreiben zu verhindern. Meine Dienstwaffe war durchgeladen und entsichert.
Im Maschinenraum war es still. Der nächste Probelauf des Magnetohydrodynamischen-Generators zur direkten Umwandlung thermischer Energie in Arbeitsstrom sollte um achtzehn Uhr Stationszeit erfolgen.
Ich hörte das Klacken der Magnete, die den Sprengkörper mit dem Metall der Sockelkonstruktion verbanden. Einige Sekunden später wußte ich, in welcher Form die Bombe zur Explosion gebracht werden sollte.
Taffit öffnete die Abdeckung eines Regelschalters und zog einen Batterie-Lötkolben aus der Werkzeugtasche. Es war ein Gerät, wie es von unseren Bordtechnikern verwendet wurde.
Ich wartete nicht länger.
»Wenn man einschaltet, Taffit, detoniert die Bombe, nicht wahr?«
Erschreckt drehte er sich um. Wie erstarrt blickte er mich an.
»Nun kommen Sie schon näher«, sagte ich. »Nehmen Sie die Hände hoch und machen Sie keine Dummheiten.«
Langsam richtete er sich auf. Seine Augen waren glanzlos. Ich achtete auf die Impulsströme, die von seinem Gehirn ausgingen, konnte jedoch keine klaren Gedankengänge ermitteln.
Sein Bewußtseinsinhalt schien plötzlich gelöscht zu sein. Taffit hatte das Denken vergessen, obwohl das nach den Aussagen unserer Parapsychologen unmöglich sein sollte.
Einen Abschirmblock hatte er nicht vorgelegt, da ich verworrene Muster wahrnehmen konnte. Trotzdem war ich unangenehm überrascht. Wieso dachte der junge Mann an nichts? Weshalb zeigte sich in seinen Individuallinien kein Impuls der Panik? Es wäre die natürlichste Reaktion eines auf frischer Tat ertappten Attentäters.
Noch vor wenigen Augenblicken hatte ich sein Gedankengut einwandfrei lesen können. Ich umspannte die Waffe und achtete auf seine Bewegungen.
»Dr. Helt Taffit, ich verhafte Sie im Namen der Menschheit. Zwingen sie mich bitte nicht zu folgenschweren Maßnahmen. Nehmen Sie die Hände hoch.«
Er rührte sich nicht. Geistesabwesend starrte er mich an. Der Zünddraht hing locker in seiner Hand.
»Wer sind Sie?« fragte er schließlich.
Seine Stimme klang monoton. So hatte ich den lebenslustigen Thermodynamiker noch nie sprechen hören.
»Oberst HC-9, Spezialagent der Geheimen-Wissenschaftlichen-Abwehr. Ich bin auf Sie angesetzt, Doktor.«
Er nickte.
»Ich verstehe, Sir. Geheime-Wissenschaftliche-Abwehr, sagten Sie? Wieso oder wodurch haben Sie mich entdeckt?«
Das Stechen in meinem Nacken warnte mich. Mein aktiviertes Separatgehirn sprach an.
»Meine Sache, Doktor. Kommen Sie.«
»Wodurch habe ich mich verraten?«
Ich schaltete mein Armband-Funksprechgerät ein, um die
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