Das Rad der Zeit 6. Das Original: Herr des Chaos (German Edition)
seinem Blick. Zwei neigten sogar die Stirn vor ihm, bevor sie alle vier in den Strom der Menge eintauchten. Aber es beobachteten sie noch zu viele Menschen, und zu viele versuchten den Anschein zu erwecken, nicht zuzuhören. Sie zog in ihrer Kleidung bereits Blicke auf sich, ohne ein Wort zu äußern, noch dazu in Begleitung eines Mannes mit rotgoldenem Haar, der sehr groß war und wie ein Behüter aussah – diese Verknüpfung konnte nur Aufmerksamkeit erregen.
»Ich muss unter vier Augen mit Euch sprechen«, sagte sie. Wenn sich irgendeine Frau mit Gawyn verbunden hat, werde ich … Seltsamerweise hegte sie diesen Gedanken ohne jeglichen Zorn.
Er führte sie wortlos zu einem nahe gelegenen Gasthaus, dem Großen Mann , wo eine der rundlichen Gastwirtin zugeschobene Goldkrone eine fast ehrfurchtsvolle Verbeugung bewirkte und ihnen sofort ein abgeschiedenes Speisezimmer zugewiesen wurde, das dunkel getäfelt war und schwere Tische und Stühle sowie Trockenblumen in einer blauen Vase auf dem Kamin aufwies. Gawyn schloss die Tür, und sie wurden plötzlich verlegen, als sie einander allein gegenüberstanden. Licht, er sah prachtvoll aus, bestimmt genauso prachtvoll wie Galad, und wie sich sein Haar um die Ohren wellte …
Gawyn räusperte sich. »Die Hitze scheint jeden Tag schlimmer zu werden.« Er zog ein Taschentuch hervor, wischte sich damit über die Stirn und bot es dann ihr an. Als er jäh erkannte, dass es nun bereits benutzt war, räusperte er sich erneut. »Ich glaube, ich habe noch eines.«
Während er seine Taschen durchsuchte, zog sie ihr eigenes Taschentuch hervor. »Gawyn, wie könnt Ihr Elaida dienen nach dem, was sie getan hat?«
»Die Jünglinge dienen der Burg«, erwiderte er steif, aber er wandte unbehaglich den Kopf. »Wir tun dies so lange … Siuan Sanche …« Sein Blick wurde kurzzeitig eiskalt. Nur einen Moment. »Egwene, meine Mutter pflegte stets zu sagen: ›Auch eine Königin muss dem Gesetz gehorchen, das sie erlässt, sonst gibt es kein Recht.‹« Er schüttelte verärgert den Kopf. »Ich sollte nicht überrascht sein, Euch hier vorzufinden. Ich hätte wissen müssen, dass Ihr dort sein würdet, wo sich al’Thor aufhält.«
»Warum hasst Ihr ihn?« Es war Hass in seiner Stimme zu hören, oder sie hatte noch niemals Hass gehört. »Gawyn, er ist wirklich der Wiedergeborene Drache. Ihr müsst doch erfahren haben, was in Tear geschehen ist …«
»Es kümmert mich nicht, ob er der fleischgewordene Schöpfer ist«, grollte er. »Al’Thor hat meine Mutter getötet.«
Egwene fielen fast die Augen aus dem Kopf. »Gawyn, nein! Nein, das hat er nicht getan!«
»Könnt Ihr darauf schwören? Wart Ihr dort, als sie starb? Jedermann sagt es. Der Wiedergeborene Drache hat Caemlyn eingenommen und Morgase getötet. Wahrscheinlich hat er auch Elayne getötet. Ich kann nichts über sie in Erfahrung bringen.« Aller Zorn wich aus ihm. Er sackte zusammen, wo er stand, sein Kopf sank nach vorn, seine Fäuste waren geballt und die Augen geschlossen. »Ich kann nichts herausfinden«, flüsterte er.
»Elayne ist unbeschadet«, sagte Egwene, überrascht, dass sie plötzlich unmittelbar vor ihm stand. Sie hob die Hände und überraschte sich erneut, indem sie ihre Finger in seinem Haar verschränkte und seinen Kopf anhob. Es fühlte sich genauso an, wie sie es in Erinnerung hatte. Sie riss die Hände zurück, als hätte sie sich verbrannt. Sie merkte, wie ihr Gesicht feuerrot wurde, aber … Auch Gawyns Wangen hatten sich gerötet. Natürlich. Er erinnerte sich auch, wenn auch nur an seinen eigenen Traum. Das hätte sie erst recht zum Erröten bringen sollen, bewirkte aber seltsamerweise das Gegenteil. Gawyns Erröten beruhigte ihre Nerven und hätte sie beinahe sogar lächeln lassen. »Elayne ist in Sicherheit, Gawyn. Darauf kann ich schwören.«
»Wo ist sie?« Seine Stimme klang gequält. »Wo war sie? Ihr Platz ist jetzt in Caemlyn. Nun, nicht in Caemlyn – nicht solange al’Thor dort sein könnte –, aber in Andor. Wo ist sie, Egwene?«
»Ich … kann es Euch nicht sagen. Ich kann es nicht, Gawyn.«
Er betrachtete sie mit ausdruckslosem Gesicht und seufzte dann. »Jedes Mal, wenn ich Euch begegne, seid Ihr einer Aes Sedai ähnlicher.« Sein Lachen klang gezwungen. »Wisst Ihr, dass ich immer glaubte, Euer Behüter zu werden? Wie töricht war dieser Gedanke.«
»Ihr werdet mein Behüter sein.« Sie hatte nicht erwartet, das zu sagen, bis es heraus war, aber dann erkannte sie es als die
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