Das Rad der Zeit 6. Das Original: Herr des Chaos (German Edition)
»In Wirklichkeit habe ich das abbekommen, weil ich zu wenig wusste«, sagte er leichthin. Frauen gefiel es doch immer, wenn man seine alten Verwundungen herunterspielte. Das Licht mochte wissen, wie viele davon er noch empfangen würde. »Heute weiß ich zu viel, aber damals wusste ich zu wenig. Man könnte durchaus sagen, ich wurde meiner Kenntnisse wegen aufgehängt.«
Betse schüttelte den Kopf und schürzte die Lippen. »Das klingt, als solle es irgendwie geistreich sein, Mat. Kleine Lords machen die ganze Zeit über äußerst geistreiche Bemerkungen, aber Ihr behauptet doch, Ihr wärt kein Lord. Außerdem bin ich eine einfache Frau, und geistreiche Dinge sind mir einfach zu hoch. Für mich sind einfache Worte die besten. Da Ihr kein Lord seid, solltet Ihr Euch einfach ausdrücken, sonst könnte jemand vermuten, Ihr spielt gern den Lord. Keine Frau mag einen Mann, der angibt und so tut, als sei er jemand, der er nicht ist. Vielleicht würdet Ihr mir erklären, was Ihr mir eigentlich sagen wolltet?«
Immer noch das Lächeln zu wahren, kostete ihn einige Mühe. Dieses Wortgeplänkel mit ihr verlief ganz anders, als von ihm beabsichtigt. Er konnte nicht entscheiden, ob sie nun ein kompletter Schwachkopf sei oder es einfach fertigbrachte, dass er über die eigenen Ohren stolperte, um mit ihr mithalten zu können. Wie auch immer, war sie eben verdammt hübsch und roch nach Lavendelseife anstatt nach Schweiß, Daerid und Nalesean schienen mittlerweile am eigenen Gelächter zu ersticken. Talmanes summte ›Ein Frosch auf dem Eis‹ vor sich hin. Also schien er wohl mit den Füßen in der Luft durch die Gegend zu schliddern.
Mat stellte seinen Becher weg, erhob sich und beugte sich über Betses Hand. »Ich bin, wer ich bin, und nicht mehr, aber Euer Gesicht vertreibt mir die Worte aus dem Kopf.« Nun riss sie die Augen auf; blumige Komplimente gefielen eben jeder Frau. »Würdet Ihr mit mir tanzen?«
Er wartete gar nicht erst auf ihre Antwort, sondern führte sie in die Mitte des Saales, wo zwischen den Tischen der Länge nach ein freier Raum ausgespart worden war. Wenn er Glück hatte, würde das Tanzen ihre flinke Zunge vielleicht zum Verstummen bringen, und schließlich hatte er doch immer Glück! Außerdem hatte er noch nie von einer Frau gehört, die man durch ein Tänzchen nicht weich bekam. Tanze mit ihr, und sie wird dir viel vergeben; tanze gut mit ihr, und sie vergibt dir alles! Das war ein sehr altes Sprichwort. Sehr, sehr alt.
Betse hielt sich etwas zurück, biss sich auf die Lippen und sah sich nach Frau Daelvin um, doch die mollige kleine Wirtin lächelte nur und winkte Betse ermutigend zu. Dann bemühte sie sich erfolglos, einige unfolgsame Strähnen in ihren Dutt zurückzustecken, und schließlich begann sie, die anderen Serviererinnen herumzuscheuchen, als sei der ganze Schenkraum voller Gäste. Frau Daelvin würde jeden Mann zusammenstauchen, dessen Benehmen sie für unanständig hielt. Trotz des friedfertigen Eindrucks, den sie erweckte, trug sie in einer Rocktasche stets einen Totschläger mit sich herum und benützte ihn gelegentlich auch. Nalesean beäugte sie immer noch misstrauisch, wenn sie in seine Nähe kam. Doch wenn ein freigebiger Mann gern tanzen wollte, was konnte das schon schaden? Mat hielt Betses Hände, sodass ihre Arme nach beiden Seiten ausgestreckt waren. Der Platz zwischen den Tischen sollte gerade ausreichen. Die Musiker begannen, lauter zu spielen, allerdings nicht besser.
»Lasst Euch von mir führen«, sagte er zu ihr. »Die Schritte sind ganz einfach zu lernen.« Im Rhythmus der Musik begann er mit einer leichten Verbeugung, dann einen gleitenden Schritt nach rechts, den linken Fuß nachholen. Verbeugung und Schritt und Fuß nachgleiten lassen, immer mit ausgestreckten Armen.
Betse lernte schnell und war sehr leichtfüßig. Als sie die Musiker erreichten, hob er mit einer flüssigen Bewegung ihre Hände weit nach oben und wirbelte sie und sich selbst herum, dass sie Rücken an Rücken standen. Dann wieder Verbeugung, Ausfallschritt seitwärts, Fuß nachholen, herumwirbeln, ein ums andere Mal, bis sie wieder am Ausgangspunkt zurück waren. Sie passte sich seinem Tanz geschwind an und lächelte zu ihm auf, wann immer die Drehungen ihr das gestatteten. Sie war wirklich hübsch.
»Jetzt wird’s ein wenig komplizierter«, murmelte er und wandte sich so, dass sie Seite an Seite den Musikern gegenüberstanden, die Hände vor sich überkreuzt. Rechtes Knie hoch, ein leichter
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