Das Rad der Zeit 7. Das Original: Die Krone der Schwerter (German Edition)
Dienstes an den Aes Sedai geschworen, keine Gewalt anzuwenden.
Sevanna war einst sicher gewesen, dass jene Geschichten Lüge waren, aber in letzter Zeit glaubte sie, dass die Weisen Frauen sie als wahr erachteten. Natürlich hatte keine von ihnen ihr das gesagt. Es war nicht wichtig. Sie selbst hatte niemals die beiden Reisen nach Rhuidean unternommen, die erforderlich waren, um eine Weise Frau zu werden, aber die anderen hatten sie dennoch, wenn auch zum Teil widerwillig, akzeptiert. Jetzt hatten sie keine andere Wahl, als sie weiterhin zu akzeptieren. Nutzlose Traditionen würden neu gestaltet werden.
»Aes Sedai«, sagte sie leise. Sie beugten sich mit gedämpft klingenden Armreifen und Halsketten zu ihr, um ihr Flüstern verstehen zu können. »Rand al’Thor, der Car’a’carn , ist in ihrer Gewalt. Wir müssen ihn befreien.« Einige runzelten die Stirn. Die meisten glaubten, sie wollte den Car’a’carn lebend gefangen nehmen, um den Tod Couladins, ihres zweiten Ehemannes, zu rächen. Sie verstanden das, aber deshalb waren sie nicht hergekommen. »Aes Sedai«, zischte sie verärgert. »Wir haben unser Versprechen gehalten, aber sie haben ihres gebrochen. Wir haben nichts verletzt, sie aber alles. Ihr wisst, wie Desaine ermordet wurde.« Natürlich wussten sie es. Die sie beobachtenden Blicke gewannen jäh an Schärfe. Eine Weise Frau zu töten, kam dem Töten einer schwangeren Frau, eines Kindes oder eines Schmieds gleich. Einige blickten sehr streng drein – Theravas, Rhiales und andere. »Wenn wir diese Frauen ungeschoren davonkommen lassen, dann sind wir weniger als Tiere, dann haben wir keine Ehre. Ich aber halte an meiner Ehre fest.«
Mit diesen Worten raffte sie würdevoll ihre Röcke und erklomm mit hocherhobenem Kopf und ohne zurückzuschauen die Anhöhe. Sie war sich sicher, dass die anderen ihr folgen würden. Therava und Norlea und Dailin würden dafür sorgen, und auch Rhiale und Tion und Meira und die anderen, die sie vor einigen Tagen begleitet hatten, um zuzusehen wie Rand al’Thor von den Aes Sedai geschlagen und wieder in seine Holzkiste gesteckt wurde. Ihre Mahnung hatte noch mehr den dreizehn als den anderen gegolten, und sie wagten es nicht, sie zu enttäuschen. Desaines Tod schweißte sie zusammen.
Weise Frauen mit gerafften Röcken konnten nicht mit den Algai’d’siswai in ihren Cadin’sors mithalten, wie sehr sie es auch versuchten. Sie liefen fünf Meilen über jene wogenden Hügel – kein langer Weg –, erreichten einen Hügelkamm und sahen, dass der Tanz der Speere bereits begonnen hatte. In gewisser Weise.
Tausende von verschleierten Algai’d’siswai in Grau- und Brauntönen drängten sich um einen Kreis von Feuchtländer-Wagen. Dieser Wagenkreis umschloss eine der kleinen Baumgruppen, die in dieser Gegend hin und wieder zu finden waren. Sevanna atmete verärgert ein. Die Aes Sedai hatten sogar Zeit gehabt, alle ihre Pferde heranzubringen. Die Speerträger umzingelten die Wagen, bedrängten sie, ließen Pfeile auf sie herabregnen, aber die vorne befindlichen Soldaten schienen gegen eine unsichtbare Mauer zu stoßen. Zunächst gelangten die am höchsten fliegenden Pfeile über diese Mauer, aber dann trafen auch sie irgendwo ungesehen auf und prallten zurück. Leises Murmeln erhob sich unter den Weisen Frauen. »Erkennt Ihr, was die Aes Sedai tun?«, fragte Sevanna, als könne sie die Gewebe der Einen Macht ebenfalls sehen. Sie schnaubte verächtlich. Die Aes Sedai mit ihren ruhmreichen Drei Eiden waren Narren. Wenn sie schließlich beschlössen, die Macht als Waffe zu benutzen, anstatt sie nur dazu zu verwenden, Barrieren aufzubauen, wäre es zu spät. Vorausgesetzt, die Weisen Frauen standen nicht zu lange da und schauten nur zu. Irgendwo in jenen Wagen befand sich Rand al’Thor, vielleicht noch immer geduckt in einer Kiste, darauf wartend, dass sie ihn befreite. Wenn die Aes Sedai ihn festzuhalten vermochten, dann konnte auch sie es, mithilfe der Weisen Frauen. Und mithilfe eines Versprechens. »Therava, führt Eure Hälfte jetzt westwärts. Haltet Euch zum Angriff bereit, wenn ich es tue. Für Desaine und das Toh , das die Aes Sedai uns schulden. Wir werden sie ihrem Toh begegnen lassen, wie niemand jemals zuvor seinem Toh begegnet ist.«
Es war töricht und anmaßend davon zu sprechen, dass jemand eine Verpflichtung erfüllen sollte, die er nicht anerkannt hatte, aber Sevanna hörte in dem zornigen Murmeln anderer Frauen weitere heftig geäußerte Versprechen,
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