Gespielin des Feuers: Roman (German Edition)
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S IE SEHEN SO AUS, ALS WÜRDEN SIE einen Daddy brauchen«, meinte der Typ Marke Bär, der weiter unten an der Theke stand, ganz in Leder gekleidet.
Gleichmütig starrte Trance ihn an und schüttelte den Kopf. Falsches Geschlecht, und dazu die falsche Vorliebe. Doch er wusste das Interesse seines Gegenübers zu schätzen. Wenn es um Sex ging, war er für alles offen. Trotzdem hatten ihn immer nur Frauen interessiert. Daran würde sich auch nichts ändern.
Nein, er brauchte keinen Daddy. Aber verdammt noch mal, wenn die richtige Frau auftauchen würde, hätte er nichts dagegen, den Daddy zu spielen – und sämtliche Rollen, die sonst noch dazugehörten.
Allzu große Hoffnungen machte er sich allerdings nicht auf die richtige Frau, weshalb ihn gewisse Aufmerksamkeiten umso weniger störten.
Andererseits war er nicht hier, weil er etwa eine Seelenfreundschaft suchte. Stattdessen musste er eine Mission für ACRO erledigen, die Agency for Covert Rare Operatives. Er sollte eine Geheimagentin namens Ulrika retten, die seit Kurzem nicht mehr der Organisation angehörte, sondern frei arbeitete. Derzeit war sie vor Itor Corp auf der Flucht, einem einflussreichen Geheimdienst, der wie ACRO Leute beschäftigte, die über außerordentliche Fähigkeiten verfügten. Ihr Name bedeutete »Kraft des Wolfes«. Ursprünglich hatte sie einem kleinen, europäischen Stamm von Therianthropen angehört. Diese seltenen Kreaturen hielten sich für Tiere in menschlicher Gestalt. Nach den Forschungsergebnissen der ACRO-Kryptozoologen (die sich mit Tieren außerhalb des gebräuchlichen Klassifikationssystems befassten) behaupteten die Therians, sie wären in der Lage das psychologische Verhalten und die Seele ihres jeweiligen Tiers anzunehmen, nachweislich jedoch nicht dessen Körper.
Allen Berichten zufolge hatte Ulrika in harmonischem Frieden mit ihrer animalischen Seele gelebt, bis sie in die Fänge der Itor-Agenten geraten war.
Ohne Ulrikas Zustimmung hatten sie ihre Fähigkeiten einer Mutation unterzogen. Jetzt war sie eine übermächtige Gestaltwandlerin, die Sex dazu nutzte, die wilde Bestie in ihrem Innern unter Kontrolle zu halten, und um dieser Hölle zu entrinnen – sofern es diese Chance tatsächlich gab –, brauchte sie ACROs Hilfe.
Deshalb war Trance undercover hier und gab sich als Sub aus, als Sklave, nicht als Dom. Ihm selber wäre die Rolle des Herrn auf jeden Fall lieber gewesen.
Zu den schlimmsten Clubs zählte der hier nicht, aber zu den exklusiveren ebenso wenig. Nein, Ulrika versteckte sich in einer Umgebung, wo sie keine Sorge haben musste, dass man sie entlarven könnte, und dieser inoffizielle Club in London stand ganz sicher nicht im Telefonbuch.
Schon den ganzen Abend hatte er sie beobachtet. Lässig saß er auf einem glatten Lederhocker, in einer Pose, die Verfügbarkeit signalisierte. Die meisten Doms mieden ihn, ganz wie beabsichtigt. Denn obwohl er sich bewusst zurücknahm, konnte man ihm seine wilde Ader auf den ersten Blick ansehen.
Genau das lockte Ulrika zu ihm. Nach allem, was er in Erfahrung gebracht hatte, mochte sie widerspenstige, rebellische Männer. Wahrscheinlich, weil die zahmeren der Urgewalt, die sie beim Sex entwickelte, nicht gewachsen waren.
Da tauchte sie so plötzlich an seiner Seite auf, dass er wie überrumpelt war. Er nippte lässig an seinem Whisky, als hätte er sie herangewinkt. Doch das kaufte sie ihm nicht ab. Sie stützte einen starken Arm auf seinen, und er ließ es zu, dass sie seine Hand mitsamt dem Glas auf die Theke drückte, wo er es ihr ganz überließ.
Also würde die ACRO-Agentin Kira, eine Tierflüsterin, recht behalten – dies war die Nacht der Nächte und Ulrika war eindeutig auf der Jagd nach Beute.
Energisch legte sie einen Finger unter sein Kinn und hob es hoch, als wollte sie ihn taxieren.
Nein, einfach würde es sicher nicht sein. Er zwang sich, unter ihrem prüfenden Blick reglos zu verharren. Als echte Domina musste sie merken, dass er kein unterwürfiger Sklave war – bei Weitem nicht. Aber vor seiner Abreise hatte er im ACRO-Büro einige Akten studiert, und so wusste er, wie Ulrike tickte. Ihr maßloser Sexualtrieb benebelte die meisten ihrer anderen Sinne. Vor allem jetzt, wo sie verängstigt und auf der Flucht war.
Wie auch immer, Trance würde sie zu ACRO bringen. Selbst wenn er dabei eine Rolle vorgaukeln musste, die allen seinen elementaren Überlebensinstinkten widersprach.
Die Wolfslady war wunderschön – langes rotblondes Haar,
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