Das Rad der Zeit 8. Das Original: Der Weg der Klingen (German Edition)
besorgte Blicke, und Modarra und Norlea runzelten die Stirn.
Auf Knien zusammengesunken und wimmernd in dem vergeblichen Versuch, ihre brennende Haut mit den Händen zu besänftigen, fragte Galina sich, was diese Drohungen bedeuteten. Der Gedanke bahnte sich seinen Weg nur mühsam durch Verbitterung und Selbstmitleid. Alles, was sie gegen diese Frauen verwenden könnte, wäre willkommen. Wenn sie es zu benutzen wagte. Ein bitterer Gedanke.
Sie erkannte jäh, dass sich der Himmel verfinsterte. Wolken zogen von Norden heran, grau und schwarz gestreift, und verdunkelten die Sonne. Doch aus den Wolken fielen in der Luft umherwirbelnde Schneeschauer. Sie erreichten den Boden nicht, kamen kaum bis zu den Baumspitzen, aber Galina riss den Mund auf. Schnee! Hatte der Große Herr seinen Griff um die Welt aus einem unbestimmten Grund gelockert?
Die Weisen Frauen starrten ebenfalls mit offenem Mund in den Himmel, als hätten sie noch niemals Wolken, geschweige denn Schnee gesehen.
»Was ist das, Galina Casban?«, verlangte Therava zu wissen. »Sprecht, wenn Ihr es wisst!« Sie wandte den Blick nicht vom Himmel ab, bis Galina ihr erklärte, es sei Schnee, und als sie sich abwandte, tat sie es lachend. »Ich habe bereits vermutet, dass die Männer, die Laman Baummörder niederstreckten, mit ihren Erzählungen über Schnee gelogen hätten. Dies könnte nicht einmal eine Maus behindern!«
Galina versagte es sich, sie über wahre Schneefälle aufzuklären, erschreckt, dass sie beinahe um Gunst gebuhlt hatte. Erschreckt auch über das geringe Vergnügen daran, ihr Wissen zurückgehalten zu haben. Ich bin die Höchste der Roten Ajah!, mahnte sie sich selbst. Und ich bekleide einen hohen Rang der Schwarzen Ajah! Es klang wie Lügen. Es war nicht richtig!
»Da wir hier fertig sind«, sagte Sevanna, »werde ich die Gai’chain zurückbringen und dafür sorgen, dass sie weiße Kleidung bekommt. Ihr könnt hierbleiben und den Schnee anstarren, wenn Ihr wollt.« Ihre Stimme klang so butterweich, dass niemand geglaubt hätte, sie könnte nur Augenblicke früher schrill geklungen haben. Sie schlang sich ihr Schultertuch über die Ellbogen und richtete einige ihrer Halsketten. Nichts auf der Welt kümmerte sie mehr.
»Wir werden uns um die Gai’chain kümmern«, erwiderte Therava ebenso weich. »Da Ihr als Clanhäuptling sprecht, habt Ihr noch einen langen Tag und den größten Teil der Nacht vor Euch, wenn wir morgen aufbrechen wollen.« Sevannas Augen blitzten noch einmal kurz auf, aber Therava schnippte nur mit den Fingern und vollführte eine scharfe Geste zu Galina, bevor sie sich zum Gehen wandte. »Kommt mit mir«, sagte sie. »Und hört auf zu schmollen.«
Galina erhob sich mühsam mit gesenktem Kopf und folgte eilig Therava und den anderen Frauen, welche die Macht lenken konnten. Schmollen? Sie hatte vielleicht die Stirn gerunzelt, aber niemals geschmollt! Ihre Gedanken rasten wie Ratten im Käfig, ohne eine Hoffnung auf Flucht zu entdecken. Es musste Hoffnung geben! Es musste eine geben! Ein Gedanke, der in all dem Tumult an die Oberfläche gelangte, ließ sie fast wieder in Tränen ausbrechen. Waren die Gewänder der Gai’chain weicher als das kratzige schwarze Tuch, das sie bisher hatte tragen müssen? Es musste einen Ausweg geben! Ein schneller Blick zurück zum Wald zeigte ihr, dass Sevanna noch immer unbewegt dastand und ihnen nachsah. Über ihnen wirbelten die Wolken umher, aber der herabfallende Schnee schmolz wie Galinas Hoffnungen dahin.
KAPITEL 12
Neue Bündnisse
G raendal wünschte, unter den Gegenständen, die sie nach Sammaels Tod aus Illian fortgeschafft hatte, befände sich ein einfacher Umwandler. Dieses Zeitalter war erschreckend gewöhnlich, barbarisch und unangenehm. Dennoch gefiel ihr auch einiges. In einem großen Bambuskäfig am entgegengesetzten Ende des Raums trällerten hundert buntgefiederte Vögel, in ihrem vielfarbigen Umherhuschen fast so schön wie ihre beiden Lieblinge in ihren durchscheinenden Gewändern, die zu beiden Seiten der Tür warteten, die Blicke auf sie gerichtet und bestrebt, ihrem Vergnügen zu dienen. Auch wenn Öllampen nicht dasselbe Licht wie Glühbirnen verströmten, sorgten sie doch mithilfe der großen Spiegel an den Wänden für einen gewissen ungezügelten Glanz an der vergoldeten, wie Fischschuppen gearbeiteten Decke. Es wäre schon erfreulich gewesen, die Worte nur aussprechen zu müssen, aber sie tatsächlich mit eigener Hand zu Papier zu bringen, verschaffte ihr
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