Das Rad der Zeit 9. Das Original: In den Klauen des Winters (German Edition)
weiter.«
Toveine wartete nicht ab, um ihren Retterinnen zu danken. Sie rannte weiter und dachte fieberhaft nach. Die Frauen wussten Bescheid. Wenn es eine wusste, dann wussten sie es auch alle. Aber sie würden keine Nachricht übermitteln, keine Flucht unterstützen, wenn ihnen klar war, wobei sie halfen. So viel dazu.
Kurz vor Logains Haus – es war eines von mehreren am Ende einer schmalen Seitenstraße – wurde sie langsamer und ließ hastig die Röcke fallen. Acht oder neun Männer in schwarzen Mänteln warteten davor, junge Burschen und alte Männer und alles, was es dazwischen gab, aber von Logain war nichts zu sehen. Sie konnte ihn noch immer fühlen, er war entschlossen, konzentrierte sich aber. Vielleicht las er. Den Rest des Weges ging sie mit würdevollen Schritten. Gelassen und in jedem Zoll eine Aes Sedai, ganz egal, wie die Umstände waren. Es gelang ihr beinahe, ihre verzweifelte Flucht vor den Hunden zu vergessen.
Das Haus überraschte sie jedes Mal, wenn sie es sah. Die anderen Häuser in dieser Straße waren genauso groß, bis auf zwei, die ein Stück höher waren. Ein ganz gewöhnliches Holzhaus mit zwei Stockwerken, obwohl die rote Tür, die Fensterläden und die Fensterrahmen seltsam aussahen. Einfache Gardinen verbargen das Innere, aber das Fensterglas war so minderwertig, dass Toveine bezweifelte, dass sie auch bei zurückgezogenen Gardinen etwas vom Inneren hätte erkennen können. Ein Haus, das zu einem mäßig erfolgreichen Kaufmann gepasst hätte, kaum die Unterkunft eines der berüchtigtsten Männer, die es gab.
Einen kurzen Augenblick lang fragte sie sich, was Gabrelle wohl aufhielt. Die andere an Logain gebundene Schwester hatte dieselben Befehle wie sie und bis jetzt war sie immer als Erste hier gewesen. Gabrelle war eifrig, sie studierte den Asha’man, als wollte sie ein Buch über ihn schreiben. Vielleicht tat sie es ja; die Braunen würden über alles schreiben. Toveine verdrängte die andere Schwester aus ihren Gedanken. Obwohl … wenn Gabrelle zu spät kam, würde sie herausfinden müssen, wie der Frau das gelungen war. Aber jetzt hatte sie erst einmal selbst Dinge zu studieren.
Die vor der roten Tür wartenden Männer betrachteten sie, sagten aber kein Wort, nicht mal untereinander. Und doch gab es hier keine Feindseligkeit. Sie warteten einfach. Keiner trug einen Umhang, obwohl ihr Atem vor ihren Gesichtern Muster in die Luft zeichnete. Sie alle gehörten zu den Geweihten, jeder trug das angesteckte silberne Schwert am Kragen.
An jedem Morgen, an dem sie sich zur Stelle gemeldet hatte, war es das Gleiche gewesen, obwohl es nicht immer dieselben Männer gewesen waren. Ein paar von ihnen kannte sie, zumindest dem Namen nach, und manchmal hatte sie etwas über sie aufgeschnappt. Evin Vinchova, der hübsche Junge, der dabei gewesen war, als Logain sie gefangen genommen hatte, lehnte an der Hausecke und spielte mit einem Stück Schnur. Donalo Sandomere – falls das sein richtiger Name war – mit seinem faltigen Bauerngesicht und dem sauber gestutzten öligen Bart versuchte sich in der trägen Haltung eines Adligen – so wie er sie sich vorstellte. Der Taraboner Androl Genhald war ein stämmiger Bursche, dessen buschige Augenbrauen nachdenklich zusammengezogen und dessen Hände hinter dem Rücken verschränkt waren; er trug einen goldenen Siegelring, aber in ihren Augen ähnelte er eher einem Novizen, der sich den Schnurrbart abrasiert und den Schleier abgelegt hatte. Mezar Kurin, ein Domani mit ergrauten Schläfen, fummelte an dem Granatstein an seinem linken Ohrläppchen herum; es war durchaus möglich, dass er ein Adliger von geringem Stand war. Toveine erstellte im Kopf eine hübsche Sammlung von Namen und Gesichtern. Früher oder später würde man sie jagen, und jede noch so geringe Information, die bei ihrer Identifizierung half, würde von Nutzen sein.
Die rote Tür öffnete sich, und die Männer nahmen Haltung an, aber es war nicht Logain, der heraustrat.
Toveine blinzelte überrascht, dann begegnete sie dem Blick aus Gabrelles rauchgrünen Augen entschieden und machte keinerlei Anstalten, ihren Ekel zu verbergen. Der verfluchte Bund mit Logain hatte eindeutig vermittelt, was er in der vergangenen Nacht getan hatte – sie hatte schon befürchtet, er würde überhaupt nicht mehr einschlafen! –, aber nicht einmal in ihrer finstersten Vorstellungskraft hätte sie an Gabrelle gedacht! Einige der Männer schienen genauso überrascht wie sie zu sein. Ein paar
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