Das Rad der Zeit 9. Das Original: In den Klauen des Winters (German Edition)
hätte, würde ich sie umbringen und mein Heil in der Flucht suchen, aber sie umzubringen ändert nichts. Zumindest nicht genug«, korrigierte er sich und sah stirnrunzelnd in die Flammen. »Ich kann noch einen Tag in der Hoffnung hier verbringen, sie morgen zu finden. Oder auch noch Wochen. Monate. Aber die Welt wartet nicht auf mich. Ich dachte, ich hätte sie mittlerweile erledigt, aber die Geschehnisse eilen bereits dem weit voraus, womit ich gerechnet habe. Und das gilt nur für die Geschehnisse, von denen ich weiß. Licht, was mag alles geschehen, von dem ich nichts weiß, nur weil ich keinen Kaufmann darüber beim Wein habe klagen hören?«
»Du kannst niemals alles wissen«, sagte Lan ruhig. »Und ein Teil von dem, was du erfährst, ist immer falsch. Vielleicht sogar der wichtigste Teil. Ein Teil der Weisheit liegt darin, dies zu wissen. Ein Teil des Mutes besteht darin, trotzdem weiterzumachen.«
Rand schob die Stiefel näher ans Feuer. »Hat Nynaeve dir gesagt, dass sie und die anderen sich mit Cadsuane treffen? Sie machen gerade einen Ausritt.« Oder befanden sich auf dem Rückweg. Er konnte fühlen, dass sich Min näherte. Sie würde nicht mehr lange fort sein. Noch immer versetzte sie etwas in große Aufregung, ein Gefühl, das ständig auf und ab schwankte, so als versuchte sie es zu unterdrücken.
Lan lächelte, was ohne Nynaeves Anwesenheit nur selten vorkam. Das Lächeln erreichte allerdings nicht seine Augen. »Sie hat mir verboten, es dir zu sagen, aber da du es bereits weißt … Sie und Min haben Alivia auf ihre Seite gezogen. Falls es ihnen gelingt, Cadsuanes Interesse zu wecken, wollen sie sie möglicherweise dir näherbringen. Sie haben herausgefunden, wo sie wohnt, und sie gebeten, sie zu unterrichten.« Das Lächeln verblasste und ließ ein Gesicht zurück, das aus Stein hätte gemeißelt sein können. »Meine Frau hat für dich ein Opfer gebracht, Schafhirte«, sagte er leise. »Ich hoffe, du wirst das nicht vergessen. Sie will nicht viel darüber sagen, aber ich glaube, Cadsuane behandelt sie, als wäre sie noch immer eine Aufgenommene oder gar eine Novizin. Du weißt, wie schwer das für Nynaeve zu ertragen wäre.«
»Cadsuane behandelt alle und jeden, als wären sie Novizen«, murmelte Rand. Hochmut? Licht, wie sollte er nur mit dieser Frau umgehen? Und doch musste er einen Weg finden. Sie saßen schweigend da und starrten ins Feuer, bis ihre nach vorn geschobenen Stiefelsohlen zu qualmen anfingen.
Der Bund warnte ihn, und er wandte den Kopf in genau dem Augenblick, als Nynaeve in der Tür zum Stallhof erschien, gefolgt von Min und Alivia; sie schüttelten den Regen von ihren Umhängen, richteten die Reitröcke und bedachten die feuchten Stellen mit einer Grimasse, als hätten sie erwartet, bei diesem Wetter ausreiten zu können, ohne nass zu werden. Wie gewöhnlich trug Nynaeve ihr juwelenbesetztes Ter’angreal , Gürtel und Halskette, Armreife und Ringe und das seltsame Angreal , das sich aus Armreifen und Ring zusammensetzte.
Min machte sich noch immer zurecht, als sie zu Rand hinüberschaute und lächelte; natürlich war sie kein bisschen überrascht, ihn dort zu sehen. Wärme floss wie eine Liebkosung durch den Bund, obwohl sie noch immer versuchte, ihre Aufregung zu unterdrücken. Die anderen beiden Frauen brauchten länger, um Lan und ihn zu bemerken, aber als sie es taten, übergaben sie die Umhänge einem der Diener, damit dieser sie nach oben in ihre Zimmer brachte, dann setzten sie sich zu den beiden Männern am Kamin und streckten ihre Hände der Wärme entgegen.
»Und, hat der Ausritt im Regen mit Cadsuane Spaß gemacht?«, fragte Rand und hob den Becher, um einen Schluck von dem süßen Wein zu nehmen. Min riss den Kopf zu ihm herum, und kurz blitzte Schuld in dem Bund auf, aber ihr Gesicht verkündete lupenreine Empörung. Um ein Haar hätte er sich verschluckt. Wieso war es sein Fehler, wenn sie sich hinter seinem Rücken mit Cadsuane traf? »Hör auf, Lan so böse anzustarren, Nynaeve«, sagte er, als er wieder sprechen konnte. »Verin hat es mir gesagt.« Nynaeve richtete den Blick nun auf ihn und er schüttelte den Kopf. Frauen behaupteten oft, dass es – was auch immer »es« war – ausnahmslos die Schuld eines Mannes war, aber manchmal schienen Frauen tatsächlich daran zu glauben! »Ich entschuldige mich für das, was auch immer du meinetwegen von ihr erdulden musstest«, fuhr er fort, »aber das wird nicht länger nötig sein. Ich habe sie gebeten, meine
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