Das Rad der Zeit 9. Das Original: In den Klauen des Winters (German Edition)
Schmerz, den es ihn kostete, an diesem einen Gedanken festzuhalten, war alles wie betäubt. Sie musste am Leben sein! Aus irgendeinem Grund nahmen kleine Details große Ausmaße an. Auf dem aufwendig gearbeiteten Sattel war nicht ein großes Bündel festgeschnallt, sondern mehrere kleine, die wie zusammengesuchte Lumpen aussahen. Die Töchter trugen primitive Schneeschuhe, die sie aus Schlingpflanzen und biegsamen Kiefernästen gemacht hatten, an denen noch die Nadeln hingen. Das musste der Grund dafür sein, warum es so aussah, als würden sie sich merkwürdig bewegen. Vermutlich hatte Jondyn ihnen gezeigt, wie man sie herstellte. Er versuchte sich zu konzentrieren. Sein Herz pochte so stark, als wollte es aus seinem Brustkorb springen.
Sulin nahm Speere und den Rundschild in eine Hand und nahm eines der kleinen Kleiderbündel vom Sattel, bevor sie vor ihn hintrat. Die rosafarbene Narbe auf ihrer lederhäutigen Wange verzog sich, als sie lächelte. »Gute Neuigkeiten, Perrin Aybara«, sagte sie leise und reichte ihm den dunkelblauen Stoff. »Eure Frau lebt.« Alharra wechselte einen Blick mit Seonids anderem Behüter Teryl Wynter, der die Stirn runzelte. Rovair Kirklin, Masuris Mann, starrte mit steinerner Miene geradeaus. Es war so offensichtlich wie Wynters gekräuselter Schnurrbart, dass sie keineswegs davon überzeugt waren, dass es sich um gute Neuigkeiten handelte. »Die anderen sind weitergegangen, um zu sehen, was sie noch herausfinden können«, fuhr sie fort. »Obwohl wir bereits genug merkwürdige Dinge entdeckt haben.«
Perrin faltete das Bündel in seinen Händen auseinander. Es handelte sich um Failes Gewand, das an der Vorderseite und entlang der Ärmel aufgeschlitzt worden war. Er nahm einen tiefen Atemzug und sog Failes Duft in sich ein, den schwachen Hauch ihrer nach Blumen duftenden Seife, eine Spur ihres süßen Parfüms, aber vor allem den Duft, der sie als Ganzes ausmachte. Und kein Anzeichen von Blut. Die restlichen Töchter versammelten sich um ihn, in der Hauptsache ältere Frauen mit harten Gesichtern – wenn auch nicht so hart wie Sulins. Die Behüter stiegen ab; ihnen war nicht anzumerken, dass sie die ganze Nacht im Sattel gesessen hatten, aber sie blieben hinter den Töchtern stehen.
»Alle Männer wurden getötet«, sagte die drahtige Frau, »aber den gefundenen Kleidern nach zu urteilen hat man Alliandre Kigarin, Maighdin Dorlain, Lacile Aldorwin, Arrela Shiego und zwei andere zu Gai’shain gemacht.« Die anderen beiden mussten Bain und Chiad sein; man hätte sie beschämt, wenn man in einem Atemzug ihre Namen genannt und erwähnt hätte, dass sie nun Gefangene waren. Er hatte etwas über die Aiel gelernt. »Das verstößt gegen die Sitten, aber es beschützt sie.« Wynter runzelte zweifelnd die Stirn, dann versuchte er es zu verbergen, indem er seine Kapuze zurechtzupfte.
Die sauberen Schnitte hatten Ähnlichkeit mit denen, die man machte, wenn man ein Tier häutete. Plötzlich traf Perrin die Erkenntnis wie ein Blitz. Jemand hatte Faile die Kleider vom Leib geschnitten! Seine Stimme zitterte. »Sie haben nur die Frauen mitgenommen?«
Eine pausbäckige junge Tochter namens Briain schüttelte den Kopf. »Ich glaube, man wollte drei Männer auch zu Gai’shain machen, aber sie kämpften zu erbittert und wurden mit Speeren oder Messern getötet. Der Rest starb durch Pfeile.«
»Das ist so nicht richtig, Perrin Aybara«, beeilte sich Elienda zu sagen, sie klang schockiert. Sie war eine große Frau mit breiten Schultern, die es schaffte, beinahe mütterlich auszusehen, aber er hatte zugesehen, wie sie einen Mann mit der Faust niederschlug. »Einen Gai’shain zu verletzen ist so, als würde man ein Kind verletzen oder einen Schmied. Es war falsch, Feuchtländer gefangen zu nehmen, aber ich kann nicht glauben, dass sie die Traditionen so weit brechen werden. Ich bin sicher, man wird sie nicht einmal bestrafen, wenn sie unterwürfig genug sind, bis man sie zurückholt. Es gibt andere, die ihnen zeigen werden, wie man das macht.« Andere; damit waren wieder Bain und Chiad gemeint.
»In welche Richtung sind sie gezogen?«, fragte Perrin. Konnte Faile unterwürfig sein? Er konnte es sich nicht vorstellen. Aber sollte sie es ruhig versuchen, bis er sie gefunden hatte.
»Ziemlich genau nach Süden«, erwiderte Sulin. »Nachdem der Schnee ihre Spuren verbarg, entdeckte Jondyn Barran andere Spuren, denen die anderen folgen. Ich glaube ihm. Er sieht so viel wie Elyas Machera. Es gibt viel
Weitere Kostenlose Bücher