Das Rätsel deiner Leidenschaft
Packen gewesen, als sie hinuntergegangen war und Justin in Max' Arbeitszimmer angetroffen hatte. Jetzt schien es sinnlos, weiterzumachen. Sie würden nicht von hier fortgehen, noch nicht.
Am liebsten hätte sie etwas gegen die Wand geworfen, aber das würde auch nichts ändern. Also ging sie zu den Sachen, die sie auf das Bett gelegt hatte, und räumte sie langsam wieder ein. Ihre Haarbürste, ihre Kämme und ein paar Schmuckstücke legte sie wieder auf die Frisierkommode.
Aus ihrem Retikül nahm sie etwas Geld heraus und die Ohrringe, die sie zu dem Ball getragen hatte. Aber irgendetwas fehlte. Sie betastete den Boden des Täschchens – die Kette mit der Phiole war nicht mehr darin.
Aufgeregt durchsuchte sie die Frisierkommode und nahm jeden einzelnen Gegenstand heraus, um sicherzugehen, dass die Kette nicht dazwischengerutscht war. Aber auch hier fand sie sie nicht. Schließlich durchsuchte sie den Rest des Zimmers.
Im Bett war auch nichts, also sah sie auf dem Boden nach, aber es war wie verhext. Das Elixier war verschwunden. Die Kette und die kleine Phiole, die Agnes ihr gegeben hatte. Aus der sie ein paar Tropfen auf Max' Wunde gegeben hatte, als er sich in dem Badehaus verletzt hatte.
Betroffen ließ sie sich auf den Bettrand sinken. Ihr Blick fiel auf die Ohrringe, die sie auf die Frisierkommode gelegt hatte. Sie erinnerte sich, dass Max ihr in der Nacht des Balls, nachdem sie sich geliebt hatten, das Retikül gereicht hatte. Da musste es passiert sein.
Hol ihn der Teufel! Er hatte ihr das Elixier gestohlen.
Er hatte sie nicht begehrt, erkannte Sabine nun. Er war die ganze Zeit nur hinter dem Elixier her gewesen und hatte sie zur Ablenkung verführt! Sie hatte gewusst, dass sie nicht mehr als ein Abenteuer, ein Techtelmechtel für ihn war, aber sie hatte nie bezweifelt, dass er sie begehrte. Wie hatte sie sich nur derart irren können?
Sie hatte ihm jede Gelegenheit gegeben, ihr zu sagen, dass ihm mehr an ihr lag als an seiner Suche nach Atlantis. Er war ärgerlich auf sie gewesen, weil sie ihm vorgemacht hatte, sie sei die Wächterin. Und für einen Moment hatte sie gedacht, ja, gehofft, dass sein Ärger tieferen Gefühlen für sie entsprang. Dass sie ihn mit ihrer Lüge verletzt hatte, weil er sich etwas aus ihr machte. Aber das war nur das gewesen, was sie hören wollte, und nicht die Wahrheit.
Gedachte Max auch noch den Rest zu stehlen und hatte Agnes' Amphore bisher nur nicht finden können? Würde er sie nehmen und dann einfach zusehen, wie ihre Tante starb? Er hatte immer Zweifel daran geäußert, dass die Sterblichkeit des Wächters auf geheimnisvolle Weise mit dem Elixier verbunden war. Er hatte gemeint, der Auserwählte habe die anderen Wächter getötet. Aber Sabine wusste es besser.
Was am meisten wehtat, war, dass sie ihn trotz allem liebte. Sie wollte immer noch, dass er zu ihr kam, sie in seine Arme nahm und ihr sagte, alles würde gut, dass der Auserwählte nicht gewinnen konnte und sie und ihre Tanten all das überleben würden. Sie wollte von ihm hören, dass er sie liebte und nie erlauben würde, dass ihr etwas zustieß. Und dass sie es irgendwie schaffen würden, ihrer Geschichte ein Ende wie im Märchen zu verleihen, wenn dies alles erst einmal vorüber war.
Aber all das war gelogen. Er konnte sie nicht mehr beschützen. Es wurde Zeit für sie, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen und den Auserwählten zu bekämpfen. Sie konnte nicht zulassen, dass Agnes ihr Leben riskierte, und deshalb war es ihre Aufgabe, diesen Wahnsinnigen unschädlich zu machen.
Wenn sie nur wüsste, wie sie ihn finden könnte.
Sie wischte sich gerade eine Träne ab, als ihre Tanten zu ihr hereinkamen. Sie versuchte zu lächeln, aber es misslang.
»Was ist, Sabine?«, fragte Calliope besorgt, die zu ihr kam und sie umarmte.
»Ich bin nur müde, das ist alles«, log Sabine.
»Wir haben den Inspektor fortgehen sehen, als wir herunterkamen«, sagte Lydia. »Was ist passiert?«
Sabine ließ die Schultern hängen. »Der Mann, den sie festgenommen haben, ist nicht der Auserwählte, und die Frau war es auch nicht. Er ist immer noch irgendwo da draußen.«
Ihre anderen beiden Tanten waren auch sogleich bei ihr, umarmten sie und versuchten sie zu trösten.
»Mir ist, als hätte ich jämmerlich versagt«, gestand Sabine leise. »Wir haben versucht, die Taube zu finden, und das ist uns gelungen. Wir haben sogar dieses verdammte Schwert. Aber wie soll ich den Auserwählten finden und ihn
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