Das Rätsel deiner Leidenschaft
gewesen, sicher und behütet bei ihrem Geliebten Maxwell Barrett. Hätte er doch nur besser aufgepasst, als Max und der Inspektor zu ihm ins Büro gekommen waren, um Fragen zu stellen. Er hatte gewusst, dass der Marquess in irgendeiner Form in die Angelegenheit verwickelt war, er hatte dummerweise nur die falsche Frau erwischt.
Aber der Zeitpunkt war perfekt. Er musste noch einen weiteren General beseitigen, dann konnte er Miss Tobias einen Besuch abstatten. Und er würde dafür sorgen, dass Max dann nicht anwesend wäre.
Zunächst allerdings war es an der Zeit, den armen General Radcliffe in den Ruhestand zu schicken. Spencer hatte stundenlang auf den Moment für diesen letzten Mord gewartet. Der Offizier war schon vor Stunden daheim zurückerwartet worden, war aber erst jetzt, um fünf Uhr morgens, nach Hause gekommen. Spencer kannte diesen Mann nicht, war ihm noch nie zuvor begegnet, aber er wusste, dass er jünger war als die meisten anderen Offiziere seines Ranges und ausgesprochen starrsinnig.
An dem schwankenden Gang des Mannes konnte Spencer erkennen, dass er betrunken war. Vielleicht würde das die Sache leichter machen als gedacht, eine unverhoffte Wiedergutmachung dafür, dass er so lange hier im Dunkeln herumgesessen hatte. Jetzt stand Spencer auf und zog sich in eine dunkle Ecke zurück, als der betrunkene Offizier auf sein Arbeitszimmer zukam.
Diese Männer waren ja so vorhersehbar. Er würde hereinkommen, sich noch einen Drink einschenken und dann wahrscheinlich irgendwann auf dem Sofa einschlafen. Und Stunden später würde seine Frau ihn finden und annehmen, er sei den ganzen Abend hier gewesen und habe an einer höchst geheimen militärischen Angelegenheit gearbeitet. Was für Narren sie doch alle waren.
Anders als nach all den vorherigen »durcharbeiteten« Nächten würde seine Frau ihn diesmal tot vorfinden, wenn sie morgen früh erschien.
Der Offizier betrat das Zimmer, und sowie er die Lampe auf seinem Schreibtisch angeschaltet hatte, ging er zu einem Beistelltisch und schenkte sich einen großzügig bemessenen Whisky ein. Er trank einen Schluck, und als er sich dann umdrehte, stand er Spencer gegenüber.
»Wer zum Teufel sind Sie?«, fragte er mit fester Stimme, der man den Alkohol nicht anmerkte.
»Wer ich bin, spielt keine Rolle. Nur wer ich sein werde.«
Der Mann blinzelte ihn an. »Was wollen Sie, Sie gottverdammter Irrer?«
Spencer ließ sich die Bezeichnung einen Moment lang durch den Kopf gehen, dann holte er aus und versetzte dem Mann einen Faustschlag ins Gesicht. Blut spritzte aus Radcliffes Nase, und er taumelte zurück. Da es Spencers letzter Mord sein würde, würde er sich vielleicht ausnahmsweise einmal erlauben, sich die Hände zu beschmutzen.
Aber der Offizier erholte sich schneller, als Spencer erwartet hatte. Seine glasigen Augen wurden klarer, und innerhalb von Sekunden schien es so, als wäre er plötzlich wieder völlig nüchtern. »Mistkerl«, fauchte er und stieß seine Faust in Spencers Magen, um ihm gleich darauf einen Schlag in den Nacken zu versetzen, als Spencer sich vor Schmerzen krümmte.
So viel zu der Illusion, dass dies ein leichter Mord sein würde. Selbst betrunken war dieser Mann ein guter Kämpfer. Kein Wunder, dass er so schnell in einen so hohen Rang befördert worden war. Spencer nutzte seine kämpferischen Fähigkeiten, um den Mann schnell in die Knie zu zwingen. Aber sein Vorteil hielt nicht lange an. Denn Spencer wurde von den Beinen gerissen und fand sich schwer nach Atem ringend auf dem Rücken wieder.
Der Offizier setzte sich auf ihn und begann, ihm mit den Fäusten ins Gesicht zu schlagen. Spencers Nase brach mit einem scheußlichen Knacken, während ihn ein grauenhafter Schmerz durchzuckte und Blut wie eine Fontäne aus seiner Nase spritzte. Nein , schrie es in seinem Kopf. Er hatte nicht so hart gearbeitet, um jetzt durch bloße brutale Kraft bezwungen zu werden. Sein Körper heulte protestierend auf, und irgendwie fand Spencer die Kraft, die Hände zu heben und den Mann am Hals zu packen. Dann drückte er so fest zu, dass der Offizier aufhörte, ihn mit Schlägen zu traktieren. Das stärkte Spencers Position genug, um seinen Gegner auf den Rücken zu werfen, wo er ihm beide Hände um die Kehle legte.
»Es ist mein Schicksal«, beschied er den Offizier. »Weder Sie noch sonst jemand wird mich aufhalten.« Dann beugte er sich vor und begann den Mann zu würgen. Spencer sah unzählige Emotionen in den Augen seines Opfers aufblitzen:
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