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Das Raetsel der Liebe

Das Raetsel der Liebe

Titel: Das Raetsel der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Rowan
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sie wohl wusste, dass sie das immer tat, wenn sie nervös war?
    Sir George ließ sich des Langen und Breiten aus – Feinde, der Abbruch von diplomatischen Beziehungen, die Flotte im Schwarzen Meer, das Osmanische Reich, die antirussischen Ressentiments der Franzosen, feindselige Akte …
    Alexander fuhr stattdessen fort, Lydia zu betrachten, und plötzlich stieg ein Gefühl in ihm auf, das er nicht in Worte fassen konnte. Es spülte seinen Ärger weg, seine Verzweiflung, sein Kontrollbedürfnis. Stattdessen verspürte er freudige Erwartung. Hoffnung. Auf Freiheit.
    Er konnte sich nicht mehr erinnern, wann er zum letzten Mal so empfunden hatte. Natürlich wollte er nicht, dass seiner Familie jemals wieder Leid zugefügt wurde, doch die Pflicht, sie zu beschützen, konnte nicht länger allein seine sein.
    Er sah zu seinem Vater. Rushton, das Gesicht starr und unbewegt wie eine Maske, hielt den Blick unverwandt auf Sir George gerichtet. Alexander kam der seltsame Gedanke, dass er sich niemals gefragt hatte, ob sein Vater wohl jemals in seinem Leben wirklich glücklich gewesen war.
    Er legte eine Hand auf Rusthons Arm. Sein Vater sah ihn an.
    »Vergib mir«, murmelte Alexander. Dann stand er auf und wandte sich an den Rat. »Ich bitte um Verzeihung, Gentlemen.«
    Alle Augen richteten sich auf ihn. Unterdrücktes Gemurmel erklang. Rushton zog Alexander am Ärmel und wollte ihn bewegen, sich wieder hinzusetzen. Doch er machte sich los und trat entschlossen vor.
    »Ich möchte etwas sagen.«
    Hadley blickte zu den anderen Männern im Präsidium, die zustimmend nickten.
    »Fahren Sie fort, Lord Northwood.«
    »Zunächst einmal möchte ich mich für die Ereignisse in jener fraglichen Nacht entschuldigen. Menschen wurden verletzt, Eigentum zerstört. Ein Mann kam ums Leben. Es besteht keinerlei Zweifel, dass ich an den Geschehnissen direkt beteiligt war, und ich bedaure zutiefst, dass dies alles ein negatives Licht auf die Royal Society of Arts geworfen hat.
    Als ihr Vizepräsident habe ich zwei Jahre lang hart gearbeitet, um diese Ausstellung anlässlich des hundertjährigen Bestehens unserer ruhmreichen Vereinigung zu verwirklichen. Niemand wünscht sich mehr als ich, dass sie zu einem internationalen Erfolg wird. Dennoch sehe ich mich im Lichte der jüngsten Ereignisse gezwungen, meine Ämter als Direktor der Ausstellung und Vizepräsident der Gesellschaft mit sofortiger Wirkung niederzulegen.«
    Laute des Bedauerns und Erstaunens, Rufe aus dem Publikum. Hadley schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. »Ruhe im Saal!«
    Alexander brachte es nicht fertig, Lydia anzusehen. Sein Denken und seine Seele waren erfüllt von den Bildern einer weitläufigen Stadt, durch die sich ein Netz von Kanälen hinzog, vorbei an schneebedeckten Plätzen und vereisten Hauswänden, zwischen geschäftigen Straßen, in denen Gärten üppig blühten, und Palästen, die aussahen wie riesige Hochzeitstorten.
    »Ich bin gerne bereit, für eine gewisse Zeit mit demjenigen zusammenzuarbeiten, den die Royal Society zu meinem Nachfolger bestimmen wird«, fuhr er fort. »Wie bereits mehrfach betont, besitze ich eine Handelsgesellschaft mit Sitz in Sankt Petersburg. Dort, so denke ich, werde ich derzeit am dringendsten gebraucht. Daher möchte ich Sie alle darüber in Kenntnis setzen, dass ich London noch vor dem Ende des Sommers verlassen werde.«
    Nein.
    Lydia fuhr sich mit der Hand an die Kehle, um ein entsetztes Aufkeuchen zu unterdrücken. Alexander sprach weiter. Seine tiefe Stimme rollte über das Publikum hinweg wie Meeresbrandung. Er war nahe genug, um ihn mit wenigen Schritten erreichen und umarmen zu können. Um sie herum flüsterten und murmelten die anderen Mathematiker mitfühlende Worte, doch sie hörte nichts außer dem lauten Rauschen der Verzeiflung in ihren Ohren.
    Alexander –
ihr Alexander
– wollte fort? Dieser mutige, starke, stolze Mann, der es ohne zu wanken mit der ganzen Welt aufnehmen konnte … er wollte sich jetzt einfach so davonmachen? London verlassen?
Sie
verlassen?
    Von Zorn und Seelenqualen geschüttelt, starrte sie ihn an. Das unter dem Licht der Deckenlampen schimmernde Haar, der starke Hals, die unnachgiebige Linie seines Profils. Eine verzweifelte Liebe überschwemmte sie, die ihr den Atem nahm.
    Sie zwang sich, den Blick auf Alexanders Vater und Bruder zu lenken. Sebastian hatte ein Grinsen im Gesicht, während Lord Rushton einigermaßen perplex wirkte. Die Männer auf dem Präsidium steckten die Köpfe zusammen

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