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Das Raetsel der Liebe

Das Raetsel der Liebe

Titel: Das Raetsel der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Rowan
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Einstellung zum Leben.
    Eine Einstellung, die er, Alexander, nie hatte ausprägen können.
    Und so sehr sie sich auch oft wegen Sebastians lässiger Haltung in Bezug auf den Familienskandal stritten, musste Alexander doch zugeben, dass er seinen Bruder ein wenig beneidete. Sebastian tat einfach, was er wollte. Was andere dachten, interessierte ihn nicht im Geringsten.
    Er
war ja auch nicht derjenige, den man gezwungen hatte, all seine Pläne aufzugeben.
Er
war nicht derjenige, der nach London hatte zurückkehren müssen, um den Trümmerhaufen wegzuräumen, den der Weggang ihrer Mutter und die nachfolgende Scheidung hinterlassen hatten.
Er
war nicht derjenige, der die Demütigung einer geplatzten Verlobung mit einer Debütantin hatte ertragen müssen.
    Alexander war es, er allein.
    Er rieb sich den Nacken, um die beständige Anspannung zu lockern, die die Last der Verantwortung dort erzeugte. Nachdem er sich fertig angekleidet hatte, ging er hinüber zu dem Tisch, auf dem er Lydias Notizbuch abgelegt hatte, und nahm es zur Hand.
    Sie war nicht die nette, doch wenig inspirierende Tochter eines Landadligen. Ihren Aufzeichnungen nach zu urteilen, wusste sie weit mehr über Primzahlen und Differenzialgleichungen als über Mode und Etikette.
    Vielleicht war dies der Grund, weshalb Alexander sie bisher noch nie getroffen hatte. Ihr Vater, Sir Henry Kellaway, war zwar ein bekannter Gelehrter gewesen und hatte sich eines guten Rufes als Kenner der chinesischen Geschichte und Literatur erfreut, gleichzeitig aber auch äußerst zurückgezogen gelebt.
    Vielleicht Lydias wegen?
    Bei diesem Gedanken runzelte Alexander die Stirn. Er befahl dem Kutscher anzuspannen und gab ihm die Adresse in der East Street, die auf der Innenseite des Einbands vermerkt war.
    Unterwegs blätterte er in dem Notizbuch. Es schien kein Prinzip zu geben, nachdem die hastig hingeworfenen Notizen geordnet waren – nur Seiten über Seiten mit mathematischen Gleichungen und geometrischen Zeichnungen.
    Dies folgt, wenn r die größte der Lösungen von a + ar = b + βr, a + ar = c + gr, et cetera. Sei (k-a):(a-k), nennen wir es r, der größte in der Menge-
    Alexander lachte kurz auf. Seltsam hatte er sie genannt? Miss Kellaway war mehr als
seltsam
, wenn ihr Gehirn in der Lage war, solch gewundene Gedankengänge nicht nur zu verstehen, sondern sogar selbst zu produzieren.
    Einige Worte auf der nächsten Seite erregten seine Aufmerksamkeit.
    Variablen als Maßeinheiten der Liebe.
    Das Wort
Liebe
war dick unterstrichen. Dann folgte eine Reihe von Berechnungen und Notizen, die für Alexander kaum Sinn ergaben. Das einzige, was ihm bekannt vorkam, waren einige Differenzialgleichungen sowie Verweise auf die
Ilias
,
Romeo & Julia
und Petrarca.
    Er klappte das Notizbuch zu. Was sollte er damit anfangen? Er hätte gerne eine Idee gehabt, aber es fiel ihm beim besten Willen nichts ein.
    Kurze Zeit später stieg Alexander gegenüber einem bescheidenen Stadthaus aus Backstein aus der Kutsche. Vor einem schmiedeeisernen Zaun lief, die Hosen von einem um die Hüfte gebundenen Strick zusammengehalten, ein Zeitungsjunge emsig auf und ab. Vorne an der Ecke hatte eine Obsthändlerin ihren Stand aufgebaut. Gerade scheuchte sie einen Hund davon, der um Futter bettelte.
    Die Tür des Stadthauses öffnete sich, und heraus trat, mindestens ein halbes Dutzend Bücher auf dem Arm, eine Frau. Nein, nicht
eine
Frau. Lydia Kellaway. Sie war ganz in Schwarz gekleidet. Ihr Oberkörper ragte starr wie ein Ast aus der gebauschten Stoffwolke ihrer Röcke empor.
    Doch trotz dieser Kleidung war deutlich zu erkennen, dass ihr Körper sowohl schlank war wie auch recht beachtliche Rundungen aufwies, was Alexander in der Überzeugung bestärkte, dass eine unbekleidete Lydia Kellaway üppig, weich und so verführerisch sein musste wie die Sünde selbst.
    Er überquerte die Straße, wobei er mit jedem Schritt das heftige Pochen seines Herzens spürte.
    Ein braunhaariges Mädchen, vielleicht zehn oder elf Jahre alt und so addrett wie eine Ziernadel an einem frisch gestärkten Schürzchen, erschien neben Lydia und hielt ihr die Tür auf.
    »Jane, könntest du bitte –« Lydia verstummte abrupt, als ihr Blick auf Alexander fiel, der genau auf sie zuschritt. Sie straffte sich und begann, verlegen an ihren Büchern herumzufummeln.
    »Miss Kellaway.«
    »Lord Northwood.«
    Grundgütiger! Allein der Klang ihrer Stimme brachte sein Blut in Wallung. Gefühlvoll, unterlegt mit einer kaum wahrnehmbaren

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