Das Rätsel des Orakels - Die Zeitdetektive ; 8
ist aber bisher nicht zurückgekehrt. Und eigentlich müssten wir gleich mit den Orakelzeremonien beginnen. Die ersten Pilger warten schon an den Toren. Ich werde sofort einige Hopliten zur Quelle schicken, um Irini suchen zu lassen. Solange seid meine Gäste. Habt ihr Hunger?“
Die Freunde nickten. Korobios gab einem Sklaven einige Anweisungen. Dann führte der Priester die Kinder ins angrenzende Zimmer, wo sie auf Bänken Platz nehmen durften und ihnen wenig später ofenwarmes Brot, Früchte und Milch angeboten wurden.
Während sie aßen, erzählte Korobios ihnen einiges über die Orakelstätte. „Delphi ist die wichtigste Orakelstätte des Landes. Von überall her kommen die Pilger zu uns, um den Worten Apollons zu lauschen, der durch den Mund der Pythia spricht oder sie dazu bringt, eine weiße oder schwarze Bohne aus einer Schale zu nehmen und damit eine Frage zu beantworten. Schwarz bedeutet Nein, Weiß heißt Ja. Aber das ist euch sicher bekannt.“
Die Freunde taten so, als sei dies das Selbstverständlichste der Welt.
„Das Orakel hilft bei privaten, aber vor allem bei weitreichenden politischen Entscheidungen“, fuhr Korobios fort und seine Stimme bekam wieder einen harten Klang. „Delphi ist das Zentrum der Macht, hier wird der göttliche Wille vollstreckt.“
Beeindruckt schwiegen die Kinder.
Eine halbe Stunde später erschien ein Offizier und erstattete Meldung: „Es gibt tatsächlich Blutspuren an der Quelle“, bestätigte der Taxiarch . „Aber ob sie von Irini stammen, können wir unmöglich sagen. Von ihr fehlt jede Spur.“
Korobios schickte den Offizier weg. Für einen Moment senkte sich völlige Stille über den Raum mit den verspielten Mosaiken im Fußboden.
„Beim Apollon“, murmelte Korobios schließlich. „Wo ist Irini nur hin?“
„Ihr ist bestimmt etwas zugestoßen!“, rief Kim.
Der Priester sah sie scharf an. „Sei still!“, ermahnte er sie. „Wir wissen nicht, von wem das Blut stammt. Das ist ein heiliger Ort und nicht der Platz für Gerede und Fantasien. Ich werde euch erlauben, im Tempelbezirk zu wohnen, aber ich möchte nicht, dass ihr Gerüchte verbreitet.“
„Wir dürfen in der Tempelanlage bleiben?“, fragte Julian erfreut.
Korobios nickte. „So ist es, beim Zeus. Aber ihr haltet eure Zungen im Zaum. Denn Gerüchte über Irini gibt es wahrlich schon genug.“
Er erhob sich. „Und jetzt habe ich zu tun. Fragt bei den Sklaven nach, ob ihr euch nützlich machen könnt. Zu tun gibt es immer etwas! Sie sollen euch auch ein Zimmer im Gästehaus zuweisen. Es liegt gleich neben dem Prytaneion.“
Sobald Korobios den Raum verlassen hatte, flüsterte Julian: „Was für Gerüchte über Irini hat er wohl gemeint?“
Leon zuckte die Schultern. „Keine Ahnung, dürfte aber nicht so schwer sein, das rauszufinden!“
Der Fluch
Der Fluch
In den folgenden Stunden halfen die Kinder den Sklaven und fegten den Platz vor dem Apollontempel.
„Was für ein schöner Tempel.“ Julian staunte. Insgeheim hoffte er, den Tempel einmal betreten zu dürfen. Noch mehr hätte er dafür gegeben, einer Orakelzeremonie beizuwohnen. Aber daraus würde wohl so lange nichts werden, bis Irini wieder da war – oder eine andere Priesterin.
Am frühen Nachmittag übernahm ein weiterer Priester mit dem Namen Theodorus die Aufgabe, den Freunden ein Zimmerchen im Gästehaus zuzuweisen, das in Sichtweite des Apollontempels lag. Kim, Julian und Leon waren die einzigen Bewohner des einfachen Bauwerks.
Theodorus war ein rundlicher Mann mit buschigen Augenbrauen und Stirnglatze.
„Ich habe gehört, dass ihr eure Eltern verloren habt. Das tut mir sehr leid“, sagte er bedrückt, während er mit einem Schmuckstück spielte, das an einem Lederband um seinen Hals hing. Es zeigte Apollon, der auf einer Kithara spielte. „Die Zeiten sind wirklich grausam. Ich bete zu Zeus, dass es nicht auch noch einen Krieg zwischen den Makedonen und den Thebanern gibt. Unser Land braucht Frieden. Nun, bald wird Alexander hier sein. Und ich glaube, dass unser Orakel ihn beeinflussen wird – hoffentlich in friedlichem Sinne. Außerdem …“
Er wurde von einem Sklaven unterbrochen, der in den Raum stürzte. „Theodorus, komm bitte ins Prytaneion. Korobios will allen etwas mitteilen.“
Theodorus straffte die Schultern. „Na, da bin ich mal gespannt. Vielleicht hat man Irini gefunden.“
„Dürfen wir mitkommen?“, fragte Leon hoffnungsvoll.
Der Priester schüttelte den Kopf. Dann ging er mit
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