Das Rätsel
wenn sich hinter ihm etwas bewegte. Ihm war klar, dass der Plan nicht unbedingt genial war, aber auf die Schnelle fand sich nichts Besseres.
Kam es hart auf hart, würde er den Wachmann so behandeln, wie es Agent Martin getan hätte: wie ein lästiges Hindernis auf dem Weg zu den Informationen, die er brauchte. Er warsich nicht ganz sicher, ob er es wirklich fertigbringen würde, den Mann zu erschießen, doch er war auf die Kooperation des Anwalts angewiesen, und die hatte wahrscheinlich ihren Preis.
Außer dass er rein theoretisch beschloss, notfalls von seiner Waffe Gebrauch zu machen, besaß er keinen konkreten Plan. Das bedrückte ihn und trug nicht wenig zu der Mischung aus Aufregung und Zorn bei, die sich in ihm zusammenbraute.
Es wurde immer dunkler; kaum einen Häuserblock entfernt jaulten bereits die ersten Polizeisirenen auf, da sah er, wie der Sicherheitsmann vor der Eingangsschleuse erschien und ein wachsames Auge in beide Richtungen der Straße warf. Kaum drehte sich der Mann wieder um, stieg Jeffrey aus dem Wagen und huschte in den Schatten am Rande des Bürgersteigs. Er hatte noch nicht lange im Schutz der parkenden Autos, eines Baums und der Dunkelheit gewartet, die Pistole schussbereit in der Rechten, als er den Anwalt, den Bodyguard und die Sekretärin aus dem Gebäude kommen sah. Es war ein frostiger Abend; alle drei hatten unter ihren Mänteln die Schultern eingezogen und liefen zügig gegen den Wind, der immer heftiger wurde und Papier über den Bürgersteig wirbelte. Jeffrey bedankte sich bei der Kälte; sie verleitete die drei dazu, möglichst schnell zu laufen und nicht auf das zu achten, was in ihrem Rücken geschah.
Mit dem Parkplatz lag er richtig. Das Trio schritt forsch durch die Dunkelheit, ohne zu merken, dass ihnen jemand auf dem gegenüberliegenden Bürgersteig folgte. Er mahnte sich zur Geduld; er musste immer ein Stück hinter ihnen bleiben, damit sie ihn nicht entdeckten, wenn sie einmal kurz zur Seite blickten. Dann wieder beschleunigte er seine Schritte, da er fürchtete, ihnen zu viel Vorsprung zu lassen. Für einen Moment dachte er daran, dass Agent Martin vermutlich ganzgenau gewusst hätte, welchen Abstand er halten musste, gerade genug, um nicht bemerkt zu werden, dabei aber ausreichend nah, damit er im entscheidenden Moment schnell aufschließen konnte.
Auch sein Vater hätte wahrscheinlich die richtige Technik gekannt.
Als der Anwalt und sein kleines Gefolge sich dem Parkplatz näherten, sah Jeffrey, wo ihre Fahrzeuge standen: die letzten drei Autos, hübsch ordentlich in Reih und Glied. Das erste war ein Geländewagen mit Allradantrieb, dicken Reifen und einem Überrollbügel aus Chrom, der im Scheinwerferlicht des Platzes blitzte. Daneben stand eine bescheidenere Limousine und auf dem hintersten Platz ein luxuriöser Importwagen aus Europa.
Jeffrey überquerte hinter ihnen die Straße, immer im Schatten der Laternen. Seine Waffe hatte er entsichert. Er hörte seine kurzen, keuchenden Atemzüge und sah die Kondenswolken vor seinem Mund. Er packte seine Waffe fester und spürte, wie sich alle seine Muskeln spannten. Die Mischung aus Angst und Erregung hätte er vielleicht prickelnd gefunden, hätte er sich nicht gänzlich auf die drei Menschen konzentrieren müssen, die einen halben Häuserblock vor ihm liefen. Er beschleunigte wieder seine Schritte und verkürzte den Abstand.
Die Stimme neben ihm kam unerwartet. »Hey, Mann, wozu die Eile?«
Jeffrey wirbelte so schnell herum, dass er fast gestolpert wäre. In ein und derselben Bewegung hob er die Pistole und zielte. »Wer sind Sie?«, platzte er heraus, als er eine Gestalt sah, die fast mit dem Schatten verschmolz.
Nach kurzem Zögern kam die Antwort: »Niemand, Mann, niemand.«
»Was wollen Sie?«
»Nichts, Mann.«
Ein Afroamerikaner in dunkler Hose und schwarzer Lederjacke, die ihm wie eine zweite Haut anlag, trat aus dem Versteck im Schatten der Laternen. Er hielt die Hände hoch. »Schon gut, schon gut«, sagte der Mann.
»Von wegen«, erwiderte Jeffrey und richtete die Waffe auf die Brust des Mannes. »Wo ist deine Knarre? Oder dein Messer? Was wolltest du benutzen?«
Der Mann machte einen Schritt zurück. »Keine Ahnung, wovon Sie reden, Mann.« Doch er grinste, als machte ihm die Lüge Spaß. Jeffrey sah dem Mann fest in die Augen, der weiter die Hände hochhielt, dabei jedoch rückwärts weiterging. »Heute Nacht haben Sie Glück gehabt, Boss«, erklärte der Mann in einem leicht singenden Tonfall,
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