Das Rätsel
besonders gut kannte, aber offenbar freundlich, ein Mensch, der eigentlich keine Feinde haben konnte – als ob der Mann, der sie ausgesucht hatte, einen speziellen Hass auf sie gehegt hätte. Der Hass, dem sie zum Opfer gefallen war, war viel grundlegenderer Art.
Als Nächstes suchte Jeffrey nach einem Bericht über den Autounfall. Der Professor hatte den Eindruck, dass die
Trenton Times
eine Art Zwitterstellung einnahm: einerseits gerade groß genug, um sich ernsthaft mit dem Weltgeschehen zu befassen, und auch ganz gewiss wichtig genug, um ein kritisches Auge auf die bundesstaatlichen Geschäfte zu werfen, die einenHäuserblock entfernt im Capitol ausgeheckt wurden, andererseits aber nicht bedeutsam genug, um einen Autounfall zu übergehen, bei dem ein Mitbürger der Stadt gestorben war, besonders, da ein spektakuläres Feuer hinzukam.
Er durchsuchte die Seiten der Zeitung gründlich, ohne ein Wort zu entdecken. Schließlich fand er in der Ausgabe drei Tage nach Silvester in der Rubrik Nachrufe einen einzigen, kleinen Eintrag:
Jeffrey Mitchell, 37, ehemaliger Geschichtsprofessor an der St. Thomas More Academy in Lawrenceville, verstarb unerwartet am ersten Januar. Mr. Mitchell saß nach Auskunft der Polizei am Steuer eines Autos, das in Havre de Grace, Maryland, mit einem anderen Fahrzeug kollidierte. Die Beisetzung findet im engsten Familienkreis im Bestattungsinstitut O’Malley Brothers, Aberdeen, Maryland, statt.
Er las den Nachruf mehrmals. Er hatte nicht die geringste Ahnung, was sein Vater in der Silvesternacht in einer kleinen Stadt im ländlichen Maryland zu suchen hatte.
Havre de Grace
.
Sicherer Hafen
. Das machte ihn stutzig. Er versuchte, sich in einen überlasteten Redaktionschef hineinzuversetzen, dessen halber Mitarbeiterstab die Feiertage daheim im Kreis der Familie verbringen wollte. Normalerweise würde man erwarten, dass der Redakteur beim Anblick dieses Nachrufs eine Story witterte. Aber wäre er auch bereit, jemanden hundert Meilen nach Süden zu schicken, um einer vagen Möglichkeit nachzugehen? Vielleicht nicht. Vielleicht würde das einfach durchs Raster rutschen.
Jeffrey überflog die nachfolgenden Ausgaben auf der Suche nach weiteren Berichten, fand jedoch keine. Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und ließ den Apparat vor sich hin surren.Er war entmutigt und fürchtete, nach Maryland fahren zu müssen, um dort ein Bestattungsinstitut zu suchen, das es schon lange nicht mehr gab, oder auch einen Polizeibericht, der wahrscheinlich ebenfalls unwiederbringlich verschwunden war.
Sicherer Hafen
. Er bezweifelte, dass die Stadt über eine eigene Zeitung verfügte, von der er sich Informationen erhoffen konnte. Aberdeen war größer und hatte wohl ein eigenes Blatt, doch er hatte keine Ahnung, wie viel Hilfe er sich von dort erhoffen durfte. Er leckte sich über die trockenen Lippen und dachte an den Mann, der ein paar Häuserblocks entfernt in seiner vornehmen Kanzlei saß und seine Fragen beantworten konnte.
Er wollte gerade das Mikrofilmgerät ausschalten, als sein Blick die Seite streifte, die er auf dem Monitor hatte. Unten rechts befand sich im Regionalteil ein kurzer Artikel, der ihm ins Auge sprang. Die Überschrift lautete: LOTTO-JACKPOT VON ANWALT EINGEFORDERT.
Er stellte die Schärfe ein und las die unschätzbaren wenigen Absätze:
Die anonyme Gewinnerin des drittgrößten Jackpots, den die bundesstaatliche Lotterie je zu vergeben hatte, hat sich gemeldet und den in Trenton ansässigen Anwalt H. Kenneth Smith zur Lottozentrale entsendet, um ihre 32,4 Millionen Dollar einzufordern.
Smith präsentierte der Gesellschaft einen unterschriebenen und notariell beglaubigten Schein; dies war der erste Gewinn seit sechs Wochen, in denen sich der Jackpot angesammelt hatte. Mr. Smith erklärte den Reportern, die Gewinnerin wolle unbedingt anonym bleiben. Die Vertreter der Lotteriegesellschaft unterliegen in Bezug auf die Gewinner der gesetzlichenSchweigepflicht, von der sie nur der Betreffende selbst entbinden kann.
Der Preis, den die glückliche Gewinnerin einstreicht, ist ein jährlicher Scheck in Höhe von 1,3 Millionen Dollar über zwanzig Jahre hinweg, nach allen steuerlichen Abzügen. Anwalt Smith lehnte es ab, sich zur Person der Gewinnerin zu äußern, über die er nur bemerkte, sie sei noch jung und schätze ihre Privatsphäre; sie befürchte, von skrupellosen Heiratsschwindlern und anderen Betrügern belagert zu werden.
Die Vertreter der Lotteriegesellschaft schätzten
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