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Das rätselhafte Iksilon

Das rätselhafte Iksilon

Titel: Das rätselhafte Iksilon Kostenlos Bücher Online Lesen
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Lautlos setzte ich mich auf einen freien Platz in der ersten Reihe. Nicht weit weg von mir auf der Bühne standen die Schüler um die Lehrerin herum. Ich hörte die Lehrerin sagen: »Kinder, was sollen wir heute machen? Ohne unsere Romea und Julian können wir nicht proben.«
    »Valentina kommt sicher«, sagte eine Schülerin. »Sie musste nur ihrer Oma helfen.«
    »Und was ist mit unserem Julian?«
    »Er ist krank. Er war heute nicht in der Schule«, sagte eine andere Stimme.
    »Wenn das so ist«, meinte die Lehrerin, »dann ist es wohl das Beste, die heutige Probe ausfallen zu lassen.«
    »Warum? Ich bin doch schon da! Entschuldigung für die Verspätung.« Ein neues Mädchen betrat die Bühne. Es war schön, aber am allerschönsten waren ihre großen blauen Augen. »Ich bin bereit. Wann beginnen wir?«, zwitscherte sie mit ihrer glockenhellen Stimme.
    »Sofort«, rief die Lehrerin. »Dann proben wir eben ohne Mil-mil. Valentina, wir machen heute die Szene, in der du alleine spielst.«
    »Aber, aber ...«, zwitscherte sie weiter. »Ich bin nicht sicher, ob ich das kann.«
    »Natürlich kannst du das. Wir fangen mit der Balkonszene an. Du hast Julians Brief gelesen, in dem er dir schreibt, dass er krank ist. Du drückst den Brief an dein Herz, seufzt zweimal schwer und dann sprichst du deinen Text. Alles klar?«
    Valentina drückte einen Umschlag an ihr Her2, seufzte dreimal und gerade als sie beginnen wollte den Text ihrer Rolle zu sprechen, meldete sich wieder die Lehrerin: »Nein, nicht dreimal seufzen, nur zweimal.«
    »Ach, Entschuldigung«, antwortete Valentina. Sie seufzte zweimal. Aber wieder konnte sie nichts sagen, denn die Lehrerin unterbrach sie auch diesmal: »Valentina, warte. Du hast vergessen, den Brief an dein Herz zu drücken.« Valentina wiederholte alles noch einmal, aber die Lehrerin war immer noch nicht zufrieden. Nach einigen weiteren Versuchen konnte Valentina endlich mit ihrem Text beginnen:
     
    »Deinen Brief habe ich gelesen,
    Im siebten Himmel bin ich dabei gewesen.
    Du schreibst, dass du traurig bist,
    Weil alles leider so ist, wie es ist.
    Die Ärzte sagen, dass keiner dir helfen kann,
    Also dann! Wenn das wahr ist, nun,
    Dann werde ich mit meiner Liebe alles tun.
    Vom Adler werde ich mir den Mut besorgen,
    Von der Schwalbe mir die Flügel borgen.
    Ich werde zu dir fliegen und dabei hoffen,
    So schnell zu sein wie der Liebespfeil,
    Mit dem du mein Herz hast getroffen.
    Und mit meinem Liebespfeil,
    Das verspreche ich dir,
    Mache ich dein Herz wieder heil.«
     
    Ihre Worte waren so schön, dass ich wusste, ich würde sie nie mehr vergessen können. Ich habe nie zuvor gehört, dass jemand so schön über die Liebe sprach. Ich wollte Valentina noch besser sehen. Also stand ich auf und ging, unsichtbar wie ich war, ganz nah zum Balkon, auf dem sie stand, und hörte ihr gebannt weiter zu.
    »Was machst du jetzt, mein teurer Freund?«
    Als sie das sagte, passte ich nicht auf, rutschte aus und stürzte unter einen Busch auf der Bühne. Dabei fiel mir die Mütze vom Kopf und ich war für kurze Zeit sichtbar. Ich setzte die Mütze schnell wieder auf, sagte den Zauberspruch und war wieder so unsichtbar wie vorher. Ich hoffte, dass mich keiner gesehen hätte. Aber Valentina hatte mich doch gesehen und schrie: »Ich sehe dich, Julian! Was suchst du dort? Warum bist du so spät gekommen?«
    Ich wäre verloren gewesen, aber die Lehrerin rettete mich: »Halt! Valentina, du hast deinen Text vergessen. Du solltest nicht sagen: ›Ich sehe dich, Julian.‹«
    »Aber ich habe ihn wirklich gesehen. Er lag unter dem Busch.«
    »Aber nein, meine Liebe. Du bist so in deine Rolle vertieft, dass du dir das nur eingebildet hast.«
    »Ich habe Mil-mil aber tatsächlich gesehen! Er trug einen fürchterlichen alten Mantel, so einen, wie wir ihn schon so lange gesucht haben.«
    »Nein, meine Gute. Niemand war hier.« Was die Lehrerin sonst noch sagte, konnte ich nicht mehr hören, denn ich lief so schnell wie möglich zurück zu Mil-mil. Unterwegs machte ich mich wieder sichtbar. Als ich in das Zimmer von Mil-mil trat, lag er im Bett und im ganzen Zimmer waren Bücher verstreut. Verzweifelt starrte er auf die alte gelbe Papierrolle, auf die nichts draufgeschrieben war.

Die alte gelbe Papierrolle
     
    »Die Probe war sehr gut«, begann ich. »Valentina ist nicht nur schön, sie ist auch eine gute Schauspielerin.« Mein Missgeschick erzählte ich ihm nicht.
    »Das habe ich dir ja gleich gesagt!«, meinte Mil-mil.

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