Das Rascheln von Rosmarin (Historische Romane) (German Edition)
so dass ihr Kopf nach hinten schnappte und sie ihm ins Gesicht sah.
Victor sah ihr in die weit aufgerissenen Augen. „Ihr habt mich verärgert, Mylady. Ihr habt mich verärgert mit Eurer scharfen Zunge und Eurem ungebührlichen Betragen – als Ihr da über die Feder losgerast seid. Gebt Acht, dass Ihr mich zukünftig nicht mehr verärgert, Maris, und wir werden es gut miteinander haben.“
Mit diesen Worten drehte er sich um und stapfte durch den tiefen Schnee davon. Er sammelte die Zügel seines Reittiers wieder ein, schwang sich in den Sattel und – ohne einen Blick zurück – trieb er das Pferd zu einem lockeren Trab in Richtung Burg an.
Zitternd und wie betäubt hob Maris mit steifen Händen ihren Umhang vom Boden auf. Als sie sich den Umhang um die zitternden Schultern legte, versuchte sie die Tränen zurückzuhalten. Die Herrin von Langumont würde nicht weinen. Sie drehte sich um, um sich umzusehen, und erblickte da Hickory. Mit einem Pfeifen holte sie die Stute zu sich.
Wie eine schwere Last lag all das auf ihr, als sie in den Sattel stieg und ihre zitternden Hände nach den Zügeln griffen. Schon in zwei Tagen würde er ihr Verlobter sein. Als ihr angetrauter Ehemann besaß er sie dann restlos – besaß sie – und konnte tun, wie ihm beliebte. Er konnte sie schlagen, sie gegen ihren Willen nehmen und sogar töten, wenn er so wollte. Maris hatte vor knapp einem Jahr eine junge Frau getroffen und sich um sie gekümmert. Die Frau, Lady Joanna, war von ihrem Ehemann fast zu Tode geprügelt worden.
Mit einem traurigen, schaudernden Seufzen trieb sie Hickory zu einem langsamen Trab an. Tränen brannten ihr in den Augenwinkeln, als sie die Zügel so fest umklammert hielt, dass ihre Nägel sich spitz in ihre Handflächen eingruben.
Noch nie in ihrem Leben war Maris Opfer solch brutalen Zorns gewesen wie dem von Victor. Ihr Vater hatte nie Hand an sie oder Allegra gelegt – obwohl die Wut in seiner Stimme gelegentlich die Dachbalken über ihnen zum Einsturz zu bringen drohte. Ihr Herz fand langsam zu einem Rhythmus zurück, der nicht ganz so rasend war, und als Maris anfing allmählich über ihren Schrecken hinwegzukommen, wurde sie wütend.
Viel von dieser Wut richtete sich gegen sie selbst, denn auch wenn sie impulsiv und starrköpfig sein konnte, wusste Maris, dass sie genug Schwächen hatte, um einen Mann zornig werden zu lassen.
Teilweise war sie wütend auf sich selbst, weil sie sich entschlossen hatte einen Mann zur Weißglut zu treiben, bevor sie sein Wesen und seinen Charakter kannte ... aber größtenteils war sie enttäuscht von sich selber, weil sie seine Handlungen einfach so hingenommen hatte, ohne sich entschlossener gegen ihn zur Wehr zu setzen. Victors Zorn und die erniedrigende Art und Wiese, wie er ihn ausgelebt hatte, hatte eine lähmende Wirkung auf sie ausgeübt ... sie war nicht geistesgegenwärtig genug gewesen die Hand zu beißen, die sie am Kinn festgehalten hatte, oder ihr Knie in seine pochende Leistengegend zu heben.
Die Erinnerung an diese harte Länge, die sich in ihre Schenkel gepresst hatte, machte, dass ihr Bitterkeit im Hals hochstieg und sie fast erstickte. Sie schluckte es wieder runter. Wie könnte sie ihm nur gestatten, sie wieder zu berühren? Wie würde sie es je über sich ergehen lassen, wenn er seine ehelichen Rechte einforderte?
~*~
Michael d’Arcy unterdrückte ein Rülpsen und wischte sich mit der Hand über den Mund, während sein Blick durch die große Halle schweifte. Sie war leer und verlassen, bis auf ein paar Leibeigene, die alles für das abendliche Mahl vorbereiteten, und er nutzte diesen Moment, um sich der genüsslichen Gewissheit hinzugeben, dass all das hier bald ihm gehören würde ... ihm und seinem Sohn.
Am Morgen eben dieses Tages hatte Merle dem Ehevertrag zugestimmt und er würde die lang erwartete Ankündigung heute Abend bei Tisch bekannt geben. Sie würden in zwei Tagen nach einer Zeremonie den Vertrag unterzeichnen und alles wäre dann sein.
Während er einen weiteren Schluck Ale runterschluckte, bemühte Michael sich ein selbstgefälliges Lächeln davon abzuhalten, sich allzu offensichtlich auf seinem Gesicht abzuzeichnen, als er an all die Macht dachte, die Langumont ihm einbringen würde. Seine eigenen Ländereien waren bei Weitem nicht genug, um ihm einen Einfluss beim König zu sichern, aber mit Langumont, Edena und Damona hinter sich, würde selbst Heinrich auf ihn hören müssen.
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