Das Rascheln von Rosmarin (Historische Romane) (German Edition)
ersten erleichterten Atemzug seit ihrer Entführung vor zwei Tagen. Sie musste Zeit schinden und alle hinhalten, während sie zugleich gute Miene zu Bon de Savrille und seinem Spiel machte.
Agnes half ihr aus der Wanne und auf einen Schemel, der direkt vor dem Feuer stand. Eingewickelt in eine Decke aus Wolle starrte Maris in die Flammen, während die Magd einen Holzkamm durch ihr hoffnungslos verheddertes Haar zog.
„Euer Haar ist wunderschön, Herrin“, sprach Agnes da und unterbrach die Stille.
Auch wenn Maris nicht der Sinn nach Unterhaltung stand, antwortete sie, „vielen Dank, Agnes.“
„Mein Herr wünscht heute Abend mit Euch zu speisen“, erklärte ihr Agnes. „Is’ es Euer Wunsch, dass ich ihm sag’, Euch is’ noch nicht wohl genug?“
Maris schwieg einen Moment lang und dachte nach. Wie gerne würde sie sich weiterhin hier in diesem Zimmer verstecken, fernab der zudringlichen, gierigen Augen ihres Entführers ... aber der Keim eines Plans war bereits in ihrem Kopf angelegt und sie brauchte mehr Informationen, wenn sie wissen wollte, ob er auch gelingen könnte.
„Nein, Agnes“, entgegnete sie kurz darauf. „Ich werde mit Lord Bon, wie er es wünscht, speisen. Es erscheint mir nicht allzu klug, seinen Zorn zu erregen, ist es nicht so?“ In der Hoffnung mehr über ihren Entführer zu erfahren, und immer noch unsicher, ob Agnes eher ein Hindernis oder eine Hilfe für sie sein würde, drehte sie den Kopf so weit wie möglich nach hinten, um die Magd anzuschauen.
„Oh ja, Herrin, der Herr ist recht jähzornig von Natur aus“, stimmte ihr Agnes zu. „Und keiner weiß nich’, wann’s wieder zuschlägt.“ Sie vermochte ein Schaudern nicht zu unterdrücken. „Aber, Herrin, er scheint Euch über die Maßen zugeneigt zu sein ... und mir sind auch Geschichten zu Ohren gekommen, wenn er einen oder zwei über den Durst getrunken hat, dass er dann zu Eurer Lobpreisung Liebesballaden singt.“
„Wirklich?“ Maris konnte ihren schockierten Gesichtsausdruck nicht ganz verbergen.
„Herrin“, setzte Agnes zögernd an. Sie holte einmal tief Luft und setzte dann erneut an, „Herrin, Ihr habt nich’ aus freien Stücken hierher gefunden, nehm’ ich an.“
Maris stieß kurz ein wenig heiteres Lachen aus, das in etwa wie ein Bellen klang. „Nein, Agnes, natürlich tat ich das nicht. Wenn es nach meinem Willen ginge, würde ich keinem Mann die Hand zur Ehe reichen. Aber ich habe einen Verlobten, ausgewählt für mich von meinem Vater, dem man mich entrissen hat ... auch wenn er als Gemahl nicht viel besser zu werden verspricht als Lord Bon.“
„Herrin, ich würd’–ich würd’ alles tun, was ich kann, um Euch beizusteh’n ... un’...“ Agnes schluckte zitternd, ihre Augen voller Angst, als sie diese wieder aufschlug und auf Maris richtete. „Ich würd’ um einen Gefallen bitten, Herrin. Ich weiß, ‘s ziemt sich nicht, dass ich Euch frag’, Herrin“, die Worte purzelten jetzt aus ihr heraus, als wäre sie nicht in der Lage ihnen Einhalt zu gebieten, „aber ich würd’ darum bitten, hier fortgeh’n zu dürf’n, im Tausch für–dass ich–dass ich Euch helfe.“
Maris ließ ihren kühlen Blick auf der verängstigten Magd vor ihr ruhen. Ein kleines Prickeln von Misstrauen wanderte ihr da hinten am Rücken hoch. „Wie kann ich Euch helfen fortzugehen, wo ich doch selbst hier eine Gefangene bin?“, fragte sie.
„Herrin, Ihr seid Tochter von einem mächtig’n Lord, ‘s gilt als sicher, dass er oder Euer Verlobter kommen werden, Euch holen“, flüsterte Agnes, wobei sie sich aber schon zusammenkrümmte, als würde sie mit Schlägen rechnen. „Un’ ich würd’ mit Euch geh’n, wenn sie kommen.“
„Man schlägt Euch hier?“, fragte Maris sanft.
Obwohl noch nie ein Diener mit der Bitte um Beistand an sie herangetreten war, kam es durchaus häufig vor. Die Leibeigenen, die zum Land gehörten, gehörten auch dem Herren desselben, und selbst wenn ihr mit der Hilfe ihres Vaters die Flucht gelang, so war der Diebstahl eines Leibeigenen eine ganz andere Sache. „Ich kann Euch Eurem Herren nicht wegnehmen.“
„Herrin.“ Agnes schluckte schwer und fuhr dann fort, „ich bin keine Leibeig’ne, son’ern freie Tochter eines Kaufmanns aus York, bis man mich von ihm raubte. Ich wünsch’ nur frei von Lord Bon zu sein.“ Unwillkürlich fasste sie an ihre lila Narbe. „Das hier is’ nur einer der Denkzettel, den ich seinem
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