Das Reich der Dunkelelfen - Weltennebel
hätte schlafen sollen, bat er Mia, noch etwas von Leána zu erzählen. Sie tat ihm den Gefallen, und so waren sie beide unausgeruht, als Atorian ruckartig erwachte und meinte, sie sollten jetzt aufbrechen.
Noch immer konnte Darian nicht fassen, was Mia ihm erzählt hatte. Er sagte seinem Bruder und dem Zauberer nichts, denn zunächst musste er das alles selbst verarbeiten. Allerdings verspürte er nun mehr denn je den Wunsch, diesen Berg lebend zu verlassen.
Angeführt von Mia schlichen die vier Gefährten weiterhin durch schmale Gänge, wateten durch unterirdische Bäche und kletterten über heruntergebrochene Felsen. Da die Schritte in ihren Ohren ohnehin schon viel zu laut hallten, schwiegen sie die meiste Zeit und unterhielten sich während der kurzen Pausen nur im Flüsterton. Obwohl hier und da Fackeln in einem der Gänge aufleuchteten oder wie aus weiter Ferne Stimmen ertönten, schienen sie ihre Verfolger nun schon seit einiger Zeit abgeschüttelt zu haben.
Trotzdem war die Reise in der ständigen Dunkelheit für die drei Männer eine Qual. Nur Mia schien gut damit zurechtzukommen, auch wenn sie niemals im Unterreich der Elfen gelebt hatte.
Irgendwann meinte Atorian gereizt, sie könnten doch nun Nordhalan endlich magisches Licht erzeugen lassen.
Darian spürte, dass Mia, die sich häufig mit seinem Bruder in die Haare bekam, sogleich widersprechen wollte, aber er tastete in der Finsternis nach ihr und hielt ihre Hand fest.
»Es sind schon so lange keine Wachen mehr aufgetaucht. Ich denke, wir können es wagen.«
Mia klang gereizt, als sie antwortete. »Was denkst du, Nordhalan?«
»Ich würde es begrüßen, wieder sehen zu können, wohin ich trete.«
»Dann ist es entschieden!«, rief Atorian zufrieden.
»Aber gebt mir nicht die Schuld, Eure Majestät«, sagte Mia zynisch, »falls etwas schiefgeht.«
»Niemals, Mylady!« Im aufflammenden Schein von Nordhalans magischem Licht verbeugte er sich spöttisch vor ihr.
Gereizt verdrehte Darian die Augen, doch auch er war so froh, endlich wieder etwas zu sehen, dass er den Streit der beiden auf sich beruhen ließ. Obwohl Nordhalans Licht sanft war und die Dunkelheit fast schon vorsichtig zurückdrängte, blinzelte er einige Male, dann ging er zu Mia und zog ihr die Kapuze vom Kopf. »Endlich kann ich dich wieder ansehen.«
Sie lachte hell auf, während Atorian knurrend zu dem Zauberer meinte: »Ich möchte nur wissen, was er an ihr findet. Gut, sie ist hübsch, auf eine ungewöhnliche Art, aber …«
Nordhalan unterbrach ihn schmunzelnd. »Aramia ist mutig und klug. Eigentlich genau die Art von Frau, der auch du nicht abgeneigt bist, Atorian.«
Dieser runzelte nur ärgerlich die Stirn und ging allen voran weiter in den finsteren Gang hinein. Als er über einen der kleinen, pelzigen Tiefengnome stolperte, fluchte er laut, während das Wesen empört zischte.
Mia grinste. »Komm, bevor er sich die Füße bricht und wir ihn am Ende noch durch die Gänge tragen müssen.«
Kopfschüttelnd folgte Darian ihr, und sie setzten ihre beschwerliche Reise fort.
Mias Proviant reichte kaum aus, um alle satt zu machen. Niemand wusste, wie lange sie noch brauchen würden, um die Oberfläche zu erreichen, denn die Bergkette von Rodgill erstreckte sich über viele Meilen, und war im Laufe der Jahrhunderte von einem Netz aus Gängen durchzogen worden, um Kohle abzubauen. Mia meinte, Elementarwesen könnten die Zeit nicht messen und wären daher keine große Hilfe. Und so wagten sie kaum etwas zu essen und wurden immer hungriger.
Am vierten Tag ihrer Flucht gerieten Mia und Atorian erneut heftig aneinander, und bevor der Streit eskalierte, zog Darian seinen älteren Bruder zur Seite.
»Sag mal, willst du, dass die Wachen uns doch noch hören? Was ist denn jetzt schon wieder los?«
Wütend schüttelte Atorian seinen Bruder ab. »Keiner von uns weiß, wo sie uns hinführt. Ich habe langsam das Gefühl, wir finden hier niemals heraus.«
Darian seufzte. Die lange Reise unter den Bergen hindurch zehrte auch an seinen Nerven. »Mia wird uns schon an die Oberfläche bringen.«
Schnaubend wandte sich Atorian ab und lehnte den Kopf gegen die Wand.
»Was hast du für ein Problem mit ihr?«, wollte Darian wissen und stellte sich herausfordernd vor Atorian. »Ohne sie hätten wir wahrscheinlich noch hundert Jahre in diesem Gefängnis gesessen.«
»Tut mir leid, Darian, aber nach all den Sommern und Wintern neige ich zur Vorsicht. Außerdem musst du verstehen, dass früher
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